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Autoren warnen vor Kulturaustausch mit China

2. Mai 2011

Wie weit darf der Kulturaustausch mit China angesichts des harten Vorgehens des Regimes gegen Andersdenkende gehen? Das P.E.N.-Zentrum warnt vor einer weiteren kulturellen Kooperation mit China.

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Eine Aktivistin von Amnesty International hält in Berlin ein Schild mit der Aufschrift "Where is Ai Weiwei ???". (Foto: dpa)
Proteste gegen die Inhaftierung von Chinas Künstler Ai WeiweiBild: picture alliance / dpa

Die Bundesregierung finanziert eine Ausstellung über die Epoche der europäischen Aufklärung in Peking – und gleichzeitig geht die chinesische Regierung mit eiserner Härte gegen Andersdenkende vor. Für die Autoren des P.E.N.-Zentrums Deutschland und des Unabhängigen Chinesischen P.E.N.-Zentrums darf kulturelle Kooperation zwischen Deutschland und China so nicht aussehen. In den vergangenen Jahren sei im deutsch-chinesischen Kulturaustausch zu viel schief gelaufen, begründet die Präsidentin des Unabhängigen Chinesischen P.E.N. Zentrums, Tienchi Martin-Liao den Brief an Angela Merkel, in dem die beiden Schriftstellervereinigungen vor einem weiteren Kulturaustausch mit China warnen. "Die chinesischen Behörden verfahren bei einem solchen Austausch nicht nach dem allgemein gültigen Verständnis von der Freiheit der Kultur, der Freiheit der Kunst, Freiheit des Wortes, sondern nach ihren eigenen Maßstäben."

Kritik an Westerwelle

Portrait der Autorin Tienchi Martin-Liao, Vorsitzende des P.E.N.-Zentrums, Taipei (Foto: Elke Wetzig)
Kritisiert Außenminister Westerwelle - die chinesische Autorin Tienchi Martin-LiaoBild: Elke Wetzig/CC-BY-SA

Beispiele dafür gibt es einige: Auf der Frankfurter Buchmesse vor anderthalb Jahren kam es zum Streit zwischen den chinesischen Gästen und Gastgeber Deutschland. Die chinesische Delegation hatte mit der Abreise gedroht, nachdem die deutsche Seite kritische Schriftsteller zur Messe eingeladen hatte. Im vergangenen Jahr hatten die chinesischen Behörden den regierungskritischen Schriftsteller Liao Yiwu kurz vor einem Flug nach Deutschland aus der Maschine geholt. Liao wollte eigentlich am Literaturfestival Lit.Cologne in Köln teilnehmen.

Kurz vor der Eröffnung der Aufklärungsschau in Peking hatte die chinesische Regierung einem Mitglied der deutschen Delegation, dem Sinologen Tilmann Spengler die Einreise verweigert. Spengler hatte zuvor eine Laudatio auf den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo gehalten. Tienchi Martin-Liao versteht nicht, warum die deutsche Delegation um Außenminister Westerwelle trotzdem nach Peking gereist ist. "Als man Tilmann Spengler die Einreise verweigert hat, hätte Außenminister Westerwelle eigentlich sofort sagen müssen: Dankeschön, dann komme ich eben nicht oder ich komme mindestens nicht zu dieser Ausstellung." Dass Westerwelle dennoch die Ausstellung eröffnet hat, hält Martin-Liao für einen großen Fehler.

"Bei Menschenrechtsfragen nicht in die Knie gehen"

Ein Mann geht ins neue Nationalmuseum in Peking. (Foto: dpa)
Das Nationalmuseum in Peking, wo die umstrittene Ausstellung "Kunst der Aufklärung" stattfindet.Bild: picture alliance/dpa

Kaum hatte Westerwelle das Flugzeug zurück nach Deutschland bestiegen, hatten die chinesischen Behörden den Künstler und Regierungskritiker Ai Weiwei festgenommen – ein Affront. Inzwischen werden immer mehr Stimmen in Deutschland laut, die einen Abbruch der Ausstellung in Peking fordern.

In dieser Woche hatte sogar Bundestagspräsident Lammert indirekt ein Ende der Bilderschau gefordert. Soweit wolle man allerdings nicht gehen, sagt Johano Strasser, Präsident des P.E.N.-Zentrums Deutschland. "Diese Forderung stellen wir nicht, wir stellen nur die Forderung, dass man nicht in die Knie geht, dass man in den Menschenrechtsfragen sehr deutlich sagt, wo die Differenzen liegen." In aller Regel werde dies von chinesischer Seite respektiert, so Strasser. Man dürfe nicht vergessen, dass auch die Chinesen ein sehr großes Interesse an Kooperation haben.

Chinesisches Kulturjahr droht zum Alptraum zu werden

Aus Anlass des 40. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und China wird im kommenden Jahr das Chinesische Kulturjahr in Deutschland stattfinden. Tienchi Martin-Liao hält die einjährige Veranstaltungsreihe angesichts des derzeitigen Verhaltens der chinesischen Regierung für falsch. "Es wird kein richtiger Kulturaustausch sein. Man will ja hier in Deutschland nicht sehen, dass die offiziellen Chinesen ihre Propaganda oder irgendwelche komischen Tänzchen oder Akrobatik hier machen und Konfuzius verkaufen."

Johano Strasser vom deutschen P.E.N.-Zentrum fordert, dass Deutschland Ein- und Ausreiseverbote, Zensurmaßnahmen und Einschränkungen der freien Meinungsäußerung seitens der chinesischen Regierung nicht hinnehmen dürfe. "Kritik gehört bei uns ganz wesentlich dazu und entsprechend wollen wir auch das Programm gestalten." Es dürfe nicht dazu kommen, dass Kritik erhoben werde und die chinesische Delegation entrüstet abmarschiere. "Das müssen sie aushalten können, das müssen sie lernen."

Die Bedingungen für das Chinesische Kulturjahr müssen zwischen beiden Ländern bis ins kleinste Detail neu ausgehandelt werden, fordern die Autoren. Ansonsten drohe das Chinesische Kulturjahr zu einem Alptraum zu werden.

Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Adrienne Woltersdorf