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Aufmarsch der Winzlinge

Priya Esselborn 16. April 2003

Wie die biblischen Plagen kommen sie über die Menschheit: die Infektionskrankheiten. Hoch ansteckend, bisweilen tödlich und trotz aller Anstrengungen unausrottbar. Der Mensch steht den Viren oft machtlos gegenüber.

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"Zwischen dem Tourismus und der weltweiten Ausbreitung von Infektionskrankheiten gibt es ganz eindeutig einen Zusammenhang", sagt Professor Herbert Schmitz vom Tropeninstitut in Hamburg. Lokal begrenzte Krankheiten würden mit einem Mal zu weltweiten Epidemien. Exotische Reiseziele und das Vernachlässigen jedweder Vorsichtsmaßnahmen vor Ort erhöhen die Ansteckungsgefahr gerade bei Touristen. Und diese Infizierten reisten dann im Flugzeug mit den Viren in wenigen Stunden über ganze Kontinente.

Ein Lufthansa Flugzeug startet vom Frankfurter Flughafen
Das Virus reist mit?!Bild: AP

Genauso kämen auch Insekten, die im Flugzeug nicht entfernt würden, als Überträger in Frage: "Wenn die dann noch in eine Umgebung kommen, wo sie sich vermehren können und Menschen infizieren, dann geht die Krankheit an diesem Ort los." Durch einen Infizierten habe z.B. auch das West-Nil-Virus 1999 seinen Weg von Israel nach New York gefunden. "Dieser Mensch ist dann im Central Park irgendwo spazieren gegangen, dann haben sich Insekten auf ihn gesetzt und schon war die Krankheit in den Vereinigten Staaten".

Infektionskrankheiten: Was ist das?

Unter Infektionskrankheiten versteht man Krankheiten, die durch Ansteckung, also "Infektion", mit bestimmten Krankheitserregern hervorgerufen werden und fast immer mit Fieber einhergehen. Die Krankheitserreger können durch Tröpfchen oder Schmierinfektionen, aber auch durch Insekten übertragen werden. Dabei treten die charakteristischen Symtome erst nach einer bestimmten Inkubationszeit auf. Als "Geißel der Menschheit" wurden sie im vergangenen Jahrhundert gebrandmarkt. Trotzdem sind die Infektionskrankheiten das Gebiet der Medizin, auf dem in den letzten 100 Jahren die spektakulärsten Fortschritte erzielt wurden. Zahlreiche dieser Seuchen wie Pest oder Pocken sind fast vollständig ausgerottet. Und so frohlockten Forscher in den 1960er Jahren vorschnell, als sie meinten, sämtliche Infektionskrankheiten im Griff zu haben. Lange konnten sich die Wissenschaftler über ihre Erfolge nicht freuen, denn ständig entdeckten sie neue Krankheiten, die sich zudem rasend schnell über die Kontinente ausbreiteten. Selbst der Kampf gegen altbekannte Erreger ist noch lange nicht gewonnen.

Pockenvirus
PockenvirusBild: AP

Moderne Strategien

Wissenschaftler greifen im Kampf gegen Infektionskrankheiten zu verzweifelten Mitteln. So verabschiedete die Organisation Afrikanischer Staaten im Juli 2000 ein engagiertes Programm zur Ausrottung der Schlafkrankheit. Dabei sollten die Überträger der Schlafkrankheit, die Tse-Tse-Fliegen, vernichtet werden. Das einfache Prinzip sollte die "Sterile-Männchen-Technik" sein. In einem ersten Schritt wurden die im Labor gezüchteten männlichen Tse-Tse-Fliegen solange radioaktiv bestrahlt, bis sie zeugungsunfähig geworden waren. Dann ließ man die sterilisierten Männchen in den Verbreitungsgebieten der Schlafkrankheit frei und die natürliche Reproduktion der gefährlichen Insekten hätte zum Erliegen kommen sollen. Soweit der Plan, der in Zusammenarbeit mit der WHO, der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und der Food and Agriculture Organisation (FAO) entstanden war und inzwischen als gescheitert gilt. Denn die am Programm teilnehmenden Staaten hätten weder die finanziellen Mittel, um Insektenzuchtstationen mit einer Gammastrahlenquelle auszurüsten noch um Flugzeuge zu erwerben, mit denen die Fliegen über dem Zielgebiet verbreitet werden könnten.

Kampf gegen die "Großen Drei"

Malaria-Mücke
Die Anopheles-Mücke überträgt MalariaBild: AP

Engagiert im Kampf gegen die Infektionskrankheiten zeigen sich auch die internationalen Hilfsorganisationen. So hat zum Beispiel der erst vor vier Jahren von den Vereinten Nationen gegründete "Globale Fonds zu Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria" eineinhalb Milliarden Euro für 160 Projekte in mehr als 80 Ländern gesammelt. Mit diesem Geld erhielten auch Erkrankte in ärmeren Ländern Medikamente und Therapien, so der Direktor des Fonds, Richard Feachem. Gleichzeitig sei es ein Erfolg des Fonds, dass sich Pharmaunternehmen mit neuem Kampfgeist an die Erforschung von Impfstoffen oder Medikamenten machten und auch die Gentechnik mit all ihren Möglichkeiten zu Hilfe nähmen. Dennoch, so gibt Feachem zu bedenken, wird es schon aus Kostengründen kaum möglich sein, über die kommenden Jahre hinweg mit gleicher Intensität das Programm weiterzuführen. Und auch der Virologe Herbert Schmitz befürchtet: "Infektionskrankheiten sind einfach ein Riesengebiet. Die Menge an Krankheiten ist zu groß, es gibt Hunderte davon."