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Aufklärung im Fall der Russlanddeutschen?

29. Januar 2016

Die mutmaßliche Entführung und Vergewaltigung einer jungen Berlinerin hatte für mächtig Aufsehen gesorgt - und für diplomatische Verstimmungen. Ist die Krise zwischen Russland und Deutschland nun überwunden?

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Proteste von Russlanddeutschen für mehr Sicherheit (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/M. Eich

"Es gibt keine Hinweise auf Sexualstraftaten", teilte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, mit Blick auf das kurrzzeitige Verschwinden der 13-Jährigen mit. Das Mädchen habe sich bei einem 19-jährigen Bekannten versteckt, erklärte er. Hintergrund seien schulische Probleme gewesen. Laut Steltner ergab die Überprüfung des Handys des Mädchens Hinweise auf den jungen Mann. In dessen Wohnung seien Sachen der 13-Jährigen gefunden worden. Eine Befragung des Bekannten und seiner Mutter hätte daraufhin ergeben, dass das Mädchen "dort Unterschlupf gesucht und gefunden" habe, sagte Steltner.

Das Mädchen war am 11. Januar in Berlin vermisst gemeldet worden und blieb für etwa 30 Stunden verschwunden. Nach seinem Auftauchen hatte es Medienberichten zufolge angegeben, drei "südländisch" aussehende Männer hätten es entführt. Sie sei in eine Wohnung verschleppt und dort vergewaltigt und misshandelt worden. Die Berliner Polizei hatte zunächst erklärt, es habe weder eine Entführung noch eine Vergewaltigung, sondern einvernehmlichen Sex gegeben. Die Angehörigen des Mädchens bestritten dies und warfen der Polizei vor, sie habe Druck auf die 13-Jährige ausgeübt, damit sie ihre ursprüngliche Aussage ändere.

Aufschrei in der russischen Gemeinde

In mehreren Städten gab es wegen der vermeintlichen Entführung Kundgebungen unter Beteiligung russischstämmiger Demonstranten und Rechtspopulisten. In den sozialen Medien sorgten die Geschehnisse für Empörung. Nachdem in einem Bericht eines russischen Fernsehkanals behauptet worden war, die Berliner Polizei vertusche den Vorfall, rief die Angelegenheit auch die russische Diplomatie auf den Plan. Nach einem Schlagabtausch auf höchster politischer Ebene telefonierten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow am Freitag miteinander. Zu dem Inhalt des Telefonats wollten beide Seiten jedoch nichts sagen.

Proteste von Russlanddeutschen für mehr Sicherheit (Foto: dpa)
Russlanddeutsche demonstrieren für mehr Sicherheit in DeutschlandBild: picture alliance/dpa/M. Eich

Vertuschung oder Propaganda?

Russlands Außenminister Lawrow hatte den deutschen Behörden zuvor vorgeworfen, den Fall lange verheimlicht zu haben. Nach "allen Regeln der zivilisierten Welt" hätte Russland rechtzeitig über den Zwischenfall informiert werden müssen, erklärte er. Erste Hinweise habe die russische Regierung aber nicht von deutschen Behörden, sondern von der russischsprachigen Gemeinde in Deutschland erhalten. Die intransparente Informationspolitik der Deutschen habe zu einer solchen Situation geführt, beklagte Lawrow. Er fügte hinzu: "Da es sich um eine Bürgerin der Russischen Föderation handelt, können wir nicht einfach das Ende der Untersuchung abwarten."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte Lawrow wiederum eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Deutschlands vorgeworfen. Es gebe keinen Grund und keine Rechtfertigung, den Fall dieses 13-jährigen Mädchens für "politische Propaganda" zu nutzen. Dies würde die Debatte über Flüchtlinge nur unnötig aufheizen, sagte der SPD-Politiker.

Der Berliner Innensenator Frank Henkel betonte mit Blick auf die Vorwürfe aus Russland: "Politischer Druck aus dem Ausland wird nicht dazu führen, dass wir irgendetwas an unseren rechtsstaatlichen Prinzipien ändern. Ich verwahre mich auch in künftigen Fällen gegen jeden Versuch der Einflussnahme und werbe für Vertrauen in die Arbeit der Ermittler." Es sei immer auch um die Persönlichkeitsrechte des Mädchens gegangen, auch wenn die Behörden dadurch kritischen Spekulationen ausgesetzt gewesen seien. "Das ist in einem Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht, nun einmal so."