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Politik

Auf der Suche nach Mays Plan B

Barbara Wesel
21. Januar 2019

Theresa May sucht erneut eine Mehrheit für ihr Brexit-Abkommen. Oder könnte die Grenzfrage in Irland durch ein Sonderabkommen gelöst werden? Im Kabinett und im Unterhaus regiert derweil das Chaos.

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UK | Theresa May
Bild: Getty Images/L. Neal

Die Erwartung, dass Theresa May am Montagnachmittag mit ihrem Plan B im Parlament irgendeinen neuen Ansatz präsentiert, wird wohl enttäuscht werden. "Ihre Tür ist offen, aber ihr Kopf ist verschlossen", resümierte etwa der Labour Abgeordnete Hilary Benn sein Treffen mit der britischen Premierministerin.

Nach der verheerenden Abstimmungsniederlage für ihren Brexit-Deal in der vorigen Woche hatte May angekündigt, über Parteigrenzen hinweg mit Vertretern der Opposition zu sprechen. Nun müsste die Premierministerin einen Kompromiss und einen Plan B präsentieren. Aber die ausgestreckte Hand ins andere politische Lager war wohl eher eine leere Geste. May lehnt weiter jede Änderung ihrer roten Linien ab. Ein weicherer Brexit steht für sie nicht zur Diskussion. 

Plan B ist Plan A

Stattdessen wird sie weiter versuchen, ihre Kritiker in den eigenen Reihen, bei der nordirischen DUP und bei den harten Tory-Brexiteers umzustimmen, um eine Spaltung ihrer eigenen Partei zu verhindern.

Sie wird vermutlich einen neuen Anlauf für Verhandlungen mit der EU nehmen, um die Rückversicherung gegen eine harte Grenze in Irland abzuändern, den sogenannten Backstop. Bisher weigert sich die EU, ihn zeitlich zu begrenzen. Und ob die Abweichler damit zufrieden wären, ist ebenfalls offen. Es gibt also voraussichtlich mehr vom Gleichen, May und ihre Regierung drehen sich endlos im Kreise.  

Ein Sonderabkommen mit Irland? 

Ein Vorschlag, aus dem Kreislauf auszubrechen, könnte nach Berichten britischer Medien die Idee sein, die Grenzfrage durch ein Sonderabkommen mit Irland zu lösen. Allerdings ist fraglich, wie weit  EU-Mitglied Irland überhaupt einen separaten Deal mit Großbritannien abschließen könnte.

Wie auf einem Pulverfass

Und wie sollte so eine Art Anglo-irische Zollunion funktionieren? Irlands Außenminister Simon Coveney winkte bereits ab: Seine Regierung würde das Austrittsabkommen mit der EU weiter voll unterstützen, "einschließlich des ausgehandelten Backstop".

Ein Downing Street Sprecher dementierte dann im Laufe des Sonntags diese Meldungen, solche Vorschläge seien nicht bekannt. Gerade ein paar Stunden zuvor allerdings hatte Handelsminister Liam Fox in der Politik-Talkshow der BBC ausgeführt: Der Weg aus der Sackgasse könne eine Vereinbarung mit Irland über einen "alternativen Mechanismus" zur Vermeidung von Grenzkontrollen sein.

Kabinett im Chaos

Das Chaos in Mays Kabinett geht weiter. Einzelne Minister wenden sich mit komplett gegensätzlichen Äußerungen an die Öffentlichkeit. Liam Fox etwa warnte Europafreunde davor, den "Brexit zu hijacken". Andere Minister wie Amber Rudd suchen eine Kompromisslösung und einen weicheren Ausstieg. Über allem hängen erneut Rücktrittsdrohungen verschiedener Kabinettsmitglieder, falls sich die Dinge nicht in ihrem Sinne entwickeln. Theresa May hat bereits ein gutes Dutzend Minister und hochrangige Mitarbeiter verloren.

Parlament probt die Rebellion

Gemäßigte Konservative, wie etwa Dominic Grieve, machen sich Sorgen, dass die Zerstrittenheit der beiden großen Parteien über den Brexit das Land in einen No-deal Brexit stürzen lässt. Er versucht unter anderem dieses Ergebnis durch eine parteiübergreifende Initiative per Abstimmung auszuschließen. Der Brexit-Sprecher der Labour Party, Keir Stamer, wiederum kämpft inzwischen für ein zweites Referendum. Hinter allem steht der Versuch einiger Abgeordneter, die Kontrolle über die Tagesordnung zu erringen, die traditionell von der Regierung ausgeübt wird.

England, Parlament - Brexit Diskussion
Parlamentssprecher John Bercow und seine "Order!"-Rufe sind international berühmt gewordenBild: picture-alliance/M. Duffy

Im Rahmen seiner Möglichkeiten war dabei bisher Speaker John Bercow behilflich. Die Regeln im britischen Unterhaus beruhen auf Tradition und sind auslegbar. Die Regierung May ist wütend über Bercows Art, die Diskussion zu leiten, und sieht sie schon jetzt als Verstoß gegen die geübte Praxis. Der Speaker kann nach seinem Ermessen Anträge von Abgeordneten zulassen und zur Abstimmung stellen.

Neben der Initiative, den No-deal zu verhindern, wurden auch Anträge formuliert, um das Brexit-Datum hinauszuschieben oder ein zweites Referendum zuzulassen. In der Diskussion ist darüber hinaus, eine Reihe von Einzelabstimmungen über verschiedene Brexit-Varianten wie Zollunion oder Norwegen-Lösung abzuhalten, um herauszufinden, wo die Mehrheiten im Parlament liegen.

Da erwartet wird, dass May mit der Vorstellung ihres Plan B die meisten Abgeordneten wieder enttäuschen wird, entscheidet sich das weitere Verfahren danach, ob und wie viele Parlamentarier ihr Abstimmungen zur Zukunft des Brexit aufzwingen und welche sich dabei durchsetzen. Wer diesen Machtkampf gewinnt, wird die Zukunft des Landes und die Gestalt des Brexit  bestimmen.

May könnte eine zweite Chance haben, ihren Deal in den eigenen Reihen noch durchzusetzen - oder eine Parlamentsmehrheit ergreift das Ruder, um ihren Plan zu unterlaufen. Von Neuwahlen bis zu einem zweiten Referendum, einer Verlängerung des Austrittsdatums, einem weicheren oder gar keinem Brexit sind weiter alle Möglichkeiten im Spiel.