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Jutta Wasserrab7. Mai 2008

Zum 131. Mal werden Deutschlands Steuereinnahmen geschätzt, diesmal in der Porzellanfabrik Meissen. Ihr Porzellan steht für beständigen Wert. So einen wollen die Schätzer ermitteln - doch ihre Prognose liegt oft daneben.

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Mehr Geld in der Kasse als vorhergesagt macht nicht nur glücklichBild: Bilderbox

Wie jedes Jahr steht im Mai die "große" Steuerschätzung an. Rund 30 Finanzexperten aus Bund, Ländern und Kommunen, der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute und der Bundesbank bilden den sogenannten Arbeitskreis Steuerschätzung. Außerdem schicken das Statistische Bundesamt und die sogenannten Wirtschaftsweisen einen Vertreter. Von A wie Automatensteuer über H wie Hundesteuer bis hin zu Z wie Zweitwohnungsteuer ermitteln sie das Steueraufkommen der mehr als 30 Einzelsteuern für das laufende und vier weitere Jahre - diesmal also bis einschließlich 2012.

Keine solide Haushaltsplanung ohne exakte Schätzung

Ausschließlich für das aktuelle und das kommende Jahr findet im November die zweite, "kleine" Schätzung statt. Die betreffenden Mai-Zahlen werden dann lediglich nachjustiert - meist in die richtige Richtung. Man trifft sich im November, weil dann in Deutschland der Bundeshaushalt für das Folgejahr verabschiedet wird. Kein zeitlicher Zufall, denn schließlich geht es bei der ganzen Schätzerei darum, der Regierung möglichst exakte Prognosen zu liefern, die dann wiederum eine sichere Finanz- und Haushaltsplanung erlauben sollen.

Dass eine solche Prognose tatsächlich exakt sein kann, wird von Ökonomen und Politikern aber gerne bezweifelt, denn die Steuerschätzer müssen sich wiederum auf andere Schätzungen verlassen, vor allem auf die Konjunkturprognose des Wirtschaftsministeriums. 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum hat die Regierung für 2008 vorausgesagt. Ist die Prognose zu ambitioniert, dann werden auch geschätzte Steuereinkommen nicht fließen.

Hohe Fehlerquote bei der Prognose

Neu wäre das nicht, denn in den letzten fünf Jahren lag die Mai-Prognose für das jeweils kommende Jahr um durchschnittlich 8,5 Milliarden Euro daneben. Das ist dann besonders hart, wenn es sich um ein überraschendes Minus handelt, denn der Finanzminister muss die entstandenen Haushaltslöcher irgendwie stopfen, zum Beispiel indem sich der Staat mehr verschuldet als geplant. Doch auch ein Plus macht dem Finanzminister Sorgen. Es weckt Begehrlichkeiten bei seinen Regierungskollegen - und die gilt es in Zaum zu halten: 2011 will Peer Steinbrück einen Bundeshalt ohne Neuverschuldung vorlegen.

Alle wollen mehr vom Kuchen

Den Rückfall in die alte Verteilungsmentalität verhindern, das dürfte dem Finanzminister für das kommende Jahr aber besonders schwer fallen. 2009 ist Wahljahr - ein Jahr der Versprechungen also. Mehr-Geld-Rufe werden sicher lauter werden. Die CSU möchte sich um die Leistungsgruppen der Gesellschaft kümmern und diese steuerlich entlasten: Die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz soll der Steuerzahler wieder steuerlich voll absetzen können, und Familienministerin Ursula von der Leyen will mehr Kindergeld. Insgesamt fordern die Ministerien für Wirtschaft, Bildung, Verkehr und Entwicklung für 2009 rund 3,5 Milliarden Euro mehr als bisher geplant.

Doch viele Experten sind skeptisch, ob es dieses Geld tatsächlich geben wird. Für 2008 hat der Arbeitskreis Steuerschätzung 555 Milliarden Euro, für 2009 gar 575 Milliarden vorhergesagt. Bislang weiß aber niemand genau, wie stark sich die Finanzkrise über den Umweg der Bank-Bilanzen in der Körperschaftssteuer niederschlagen wird. Mit viel Glück verbergen sich sämtliche Auswirkungen der Finanzkrise schon in der Konjunkturprognose der Bundesregierung. Denn die soll sich verschlechtern: von 1,7 Prozent in diesem auf 1,2 Prozent im kommenden Jahr.