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Dr. Tod

18. Juli 2008

Mehr als 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hofft das Simon-Wiesenthal-Zentrum, den meistgesuchten Nazi-Verbrecher Aribert Heim jetzt noch fassen zu können. Dabei wurde Kritik an deutschen Behörden laut.

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Undatiertes Archivbild des KZ-Arztes Aribert Heim, Foto: DPA
Undatiertes Archivbild des KZ-Arztes Aribert HeimBild: dpa - Bildfunk

"Er sei gebrechlich, aber könne noch laufen", gab der Leiter des nach dem verstorbenen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal benannten Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, am Donnerstag (18.07.2008) bei einer Pressekonferenz in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires bekannt. Ob es sich um Hinweise aus der Region um die südchilenische Stadt Puerto Montt oder der benachbarten argentinischen Stadt Bariloche handelt, wollte Zuroff unter Hinweis auf die Fahndung nach dem heute 94-Jährigen nicht sagen.

"Wir sind heute optimistischer, dass wir Heim noch finden können, als vor der Reise in den Süden", so Zuroff. Zusammen mit dem Leiter der argentinischen Abteilung des Wiesenthal-Zentrums, Sergio Widder, war Zuroff in beide Städte gereist, um Hinweisen nach den Aufenthalt Heims nachzugehen.

Der Chef-Nazijäger des Simon Wiesenthal Zentrums Efraim Zuroff hält ein Foto des gesuchten NS-Verbrechers Aribert Heim in seiner Hand (Archiv 2005), Foto: dpa
Sucht seit Jahren nach Heim: Efraim ZuroffBild: dpa - Bildfunk

Das Wiesenthal-Zentrum hatte im November 2007 die "Operation: Letzte Möglichkeit" zum Aufspüren von Nazi-Verbrechern in Südamerika begonnen. Heim steht auf der Liste der möglicherweise noch lebenden, weltweit gesuchten Nazi-Verbrecher an erster Stelle. Sollte Heim noch leben, wäre er 94 Jahre alt. Er war im KZ Mauthausen als "Dr. Tod" und "Schlächter von Mauthausen" berüchtigt und soll während des Zweiten Weltkrieges als SS-Arzt zahlreiche Häftlinge gefoltert haben: Heim galt als extrem grausam. Augenzeugen berichteten, er habe aus der gegerbten Haut eines Opfers einen Lampenschirm für den Lagerkommandanten herstellen lassen und Insassen durch Spritzen ins Herz oder bei "Operationen" ohne Betäubung getötet. Der 1914 geborene Österreicher praktizierte nach dem Krieg in Baden-Baden als Frauenarzt. Als 1962 Anklage gegen ihn erhoben wurde, tauchte er unter.

Hinweise aus Deutschland

Gegen Heim besteht ein internationaler Haftbefehl. Nach Angaben von Nazi-Jäger Zuroff gibt es jetzt mehrere Hinweise, dass Heim noch am Leben ist. So hätten etwa seine Kinder das Vermögen Heims in Höhe von etwa zwei Millionen Euro in Deutschland noch nicht beansprucht. "Außerdem haben die Rechtsanwälte Heims in Deutschland Dokumente beantragt, die absolut keinen Sinn machen würden, wenn er gestorben wäre", sagte der Nazi-Jäger ohne auf Einzelheiten einzugehen.

Gleichzeitig beklagte Zuroff die aus seiner Sicht mangelnde Kooperationsbereitschaft deutscher Behörden: "Richter Hans-Richard Neerforth vom Gericht in Baden-Baden blockiert systematisch alle Ermittlungen, die zu Heims Verhaftung führen könnten. Bislang hat er zahlreiche unserer Anfragen abgelehnt, etwa Abhörmaßnahmen bei Heims Ex-Frau", so Zuroff. Das Gericht weist die Kritik unter Berufung auf die Legalität der Methoden zurück.

Warten auf einen Fehler

Nach mehrjähriger Arbeit in enger Kooperation mit der deutschen Polizei sei das Wiesenthal-Zentrum nun überzeugt, dass sich Heim irgendwo zwischen Puerto Montt und Bariloche versteckt halte. Mit Fahndungsanzeigen in lokalen Zeitungen wolle das Wiesenthal- Zentrum die Bevölkerung unter Hinweis auf die Belohnungen für die Ergreifung Heims in Höhe von insgesamt 315.000 Euro zur Mithilfe aufrufen. Außerdem solle Heim verunsichert werden: "Menschen unter Druck begehen Fehler", betonte Zuroff. (ina)