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Auf den Claim kommt es an

Michael Knigge15. August 2002

In den letzten Wochen vor dem Wahltag absolvieren die Spitzenkandidaten ein Mammutprogramm. Damit die Parteiprominenz beim Wähler gut ankommt, wird aber auch hinter den Kulissen manche Nacht durchgearbeitet.

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Welcher Werber gewinnt die Wahlschlacht?

Werbeprofis sind eine besondere Spezie. Das Ohr ganz nah am Puls der Zeit wissen sie schon heute, was übermorgen der heißeste Trend ist. Dem Zeitgeist auf der Spur sind sie immer auf der Suche nach der besten Idee und dem eingängisten Slogan – dem so genannten Claim - für ihre Produkte.

In gewöhnlichen Zeiten sind das Zigaretten oder Shampoo. Doch alle vier Jahre schalten die Werbeagenturen in Düsseldorf, Hamburg und Berlin um: Statt den Absatz von Konsumgütern anzukurbeln, sollen sie jetzt den Stimmenanteil der Parteien steigern. Statt "porentief rein" und "quadratisch, praktisch gut", heißt es nun "Das ist die Partei der Mitte" und "Zeit für Taten".

Parteien sind Produkte

Für die Werber kein Problem, betont Detmar Karpinsky, Geschäftsführer der Agentur KNSK, im Gespräch mit DW-WORLD. "Die Parteien können sich viele Dinge aus der Produktwerbung abkucken, besonders was die Kreativität angeht und da haben wir mit unserer Werbung für die SPD vor vier Jahren einen Quantensprung hingelegt."

Karpanskys Berufskollegin Monica Fischer, Projektleiterin der Agentur McCann-Erickson für die Wahlkampagne der CDU, sieht das im Interview mit DW-WORLD ähnlich: "Für mich persönlich ist es kein Unterschied, ob ich für eine Partei oder ein kommerzielles Produkt werbe." Dennoch gibt es einen entscheidenden Faktor, den die Wahlwerbung beachten muss, sagt SPD-Werbestratege Karpinsky. "Der Unterschied zwischen Parteien- und Produktwerbung ist der Mensch. Daher muss man bei der Werbung für einen Kandidaten schneller und flexibler reagieren, als für die Kampagne für einen Joghurt."

Zwei Kandidaten – eine Werbeagentur

Flexibel sind die Werber auch bei der Auswahl ihrer politischen Kunden. So war bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich die selbe Agentur für die Kandidatenwerbung für Präsident Chirac und Herausforderer Jospin verantwortlich. Ganz so weit wollen ihre deutschen Kollegen dann doch nicht gehen. "Vom professionellen Anspruch her könnte ich auch für andere Parteien werben, aber praktisch muss schon eine gewisse Affinität für die Politik der Partei vorhanden sein", sagt Reiner Strutz, Geschäftsführer der Berliner Werbeagentur Trialon, die die PDS-Kampagne betreut. Nach Auffassung von CDU-Werbestrategin Fischer muss es "eine Verbindung und Identifikation mit den Werten der Partei geben und McCann-Erickson könnte jetzt nicht einfach Werbung für die SPD machen."

Denn wie bei anderen Produkten färbt der Erfolg oder Mißerfolg des Produkts auch auf die Agentur ab. "Wenn die SPD gewinnt, gewinnen wir, wenn sie verliert, verlieren wir," lautet die nüchterne Einschätzung von KNSK-Chef Karpansky. Obwohl der Wahlkampf schon seit einigen Monaten läuft und die SPD in den Umfragen hinter der CDU zurück liegt, steht für ihn die spannendste Phase der Auseinandersetzung noch bevor. "Unsere Wahlkampagne für die SPD beginnt ja jetzt erst gerade, von daher kann man nicht sagen, dass bisher etwas falsch gelaufen ist."

Heißer Herbst

Auch die Wahlkampfmaschine der CDU läuft inzwischen auf Hochtouren. "Da wird es noch einiges geben, im Kino, im Fernsehen, auf Plakaten. Sie können gespannt sein", kündigt Projektleiterin Fischer an und fügt hinzu "der Arbeitseinsatz ist zur Zeit natürlich hoch, da kann es schon mal sein, dass man einmal eine Nacht im Büro verbringt."