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Attentäter Breivik verhöhnt seine Opfer

17. April 2012

Am zweiten Tag des Prozesses in Norwegen gegen den Massenmörder Breivik haben wirre Rechtfertigungen die Nerven von Gericht und Zuschauern auf die Probe gestellt. Die Richterin musste ihn mehrfach ermahnen.

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Der geständige Massenmörder Breivik vor Gericht, Polizisten (Foto: "Reuters)
Bild: Reuters

Selbstgerecht und voller Verachtung für seine Opfer hat sich der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik vor Gericht in Oslo verteidigt. Dabei wurden die schlimmsten Befürchtungen der Opferfamilien wahr: Er prahlte mit seinen Attentaten, bei denen im vergangenen Sommer 77 Menschen in Oslo und einem Jugendcamp auf der Insel Utøya getötet wurden. Mehrfach unterbrach ihn die Richterin Wenche Elizabeth Arntzen und forderte ihn auf, sich zu mäßigen. Während der erste Prozesstag weltweit auf vielen Sendern live übertragen wurde, waren am Dienstag während des Prozesses keine Kameras im Gerichtssaal zugelassen.

Kein Bedauern

Wie schon am Tag zuvor lächelte Breivik beim Betreten des Gerichtssaals. Dann zeigte er sich wieder martialisch und streckte seine geballte Faust in die Höhe. Er verwahrte sich allerdings gegen den Vorwurf, unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu leiden.

In seiner Verteidigungsrede sagte der rechtsradikale Islamhasser: "Ja, ich würde das wieder machen". Seine Taten seien grausam gewesen und hätten viel Leid verursacht. Bedauern ließ er dabei - entsprechend seinem wirren Weltbild - allerdings nicht durchblicken. Stattdessen verlangte er einen Freispruch. Er habe gehandelt, um sein Land vor einem Bürgerkrieg zu bewahren. Er habe nicht erwartet, den Tag seiner Attentate zu überleben. Es sei eine "Selbstmord-Mission" gewesen.

Besonders schmerzhaft für die Angehörigen der Opfer waren Äußerungen zu seinem Massaker im Jugendcamp von Utøya - etwa: "Das waren keine unschuldigen Kinder, sondern politische Aktivisten, die für den Multikulturismus arbeiteten". Allein auf Utøya hatte Breivik gezielt 69 Teilnehmer getötet. Als der 33-Jährige die Organisatoren des Camps, die sozialdemokratische Jugendorganisation AUF mit der Hitlerjugend verglich, unterbrach ihn die Richterin.

Zu viel für die Angehörigen

Angehörige der Opfer wandten sich während seines Vortrags per SMS an ihre Anwälte im Gerichtssaal. Sie forderten, Breivik dürfe keine so große Bühne erhalten. Sein Vortrag müsse gekürzt werden. Der Attentäter indessen ließ sich Zeit. Er las mit ruhiger Stimme seine auf 13 Seiten vorbereiteten Statements und wirren Erklärungsversuche vor.

In seiner Verteidigungsrede bezog sich Breivik auch auf die Zwickauer Terrorzelle NSU in Deutschland und den als "Lasermann" bekanntgewordene Schweden John Ausonius. Er hatte von 1991 bis 1992 mit einer Schusswaffe dunkelhäutige Opfer ermordet. Wegen Mordes und neun Mordversuchen wurde er schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. In Deutschland war im vergangenen Jahr eine beispiellose Mordserie der Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) aufgeflogen.

2. Tag im Prozess gegen Breivik

Kritik an Laienrichter

Der zweite Prozesstag hatte mit einem Eklat begonnen: Einer der Laienrichter wurde wegen Befangenheit vom Prozess ausgeschlossen. Er hatte in einem Chat-Forum einen Tag nach den Anschlägen im vergangenen Juli geschrieben, dass der Attentäter die Todesstrafe verdiene. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung und die Anwälte der Opfer waren sich einig, dass der Laienrichter deshalb nicht weiter der fünfköpfigen Strafkammer angehören könne.

Das norwegische Rechtssystem sieht indessen keine Todesstrafe vor. Bei einer Verurteilung droht Breivik die Höchststrafe von 21 Jahren Haft. Die Freiheitsstrafe könnte aber verlängert werden, wenn er nach Ende seiner Haftzeit weiter als Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft wird. Sollte das Gericht dem Gutachten folgen, in dem der Angeklagte als psychisch krank eingestuft wird, dürfte Breivik in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen werden.

hp/kle (dapd, afp, dpa)