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Asiens Energiehunger

22. März 2011

Die Welt braucht immer mehr Energie. Laut der Internationalen Energieagentur könnte sich der Bedarf von heute bis 2050 verdoppeln. Dieser Trend gilt besonders in Asien und hier vor allem in Indien und China.

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Starkstromleitungen in Shanghai (Foto: CC/Shreyans Bhansali)
Riesige Stromtrassen sichern die Versorgung ShanghaisBild: CC/Shreyans Bhansali

Öl, Gas und vor allem Kohle - in erster Linie also fossile Brennstoffe - decken den enormen Hunger nach Energie. Das Riesenreich China erzeugt mehr als 70 Prozent seiner Elektrizität aus Kohle und stößt dabei riesige Mengen des klimaschädlichen Gases CO2 aus - mehr als kein anderes Land der Welt. Nach Einschätzung von Hanns Günther Hilpert, Asien-Forscher bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), wird sich der Kohleverbrauch noch weiter erhöhen. So scheint das erklärte Ziel, den CO2-Ausstoß weltweit bis 2050 deutlich zu reduzieren, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, kaum erreichbar zu sein.

Nächtliche Sicht auf Seoul von oben, rasende Autos (Foto: CC/stuck in customs)
Pulsierende Metropolen verbrauchen viel EnergieBild: CC/stuck in customs

China ist nur ein Beispiel von vielen

Andere asiatische Länder zeigen einen ebenso enormen Energiehunger. Indien etwa, das laut einem Regierungsbericht seine Kapazitäten zur Stromerzeugung in den kommenden Jahren verfünffachen muss. Hier ist die Kohle ebenso wie in China wichtigster Energieträger, das Land hat eines der weltweit größten Vorkommen der Welt. Obwohl die Bedeutung der Kohle in allen anderen Ländern abnehme, sorgten allein Indien und China dafür, dass der Brennstoff boome, sagt Sven Teske. Er leitet die internationale Abteilung für erneuerbare Energien bei Greenpeace.

Das enorme Wachstum schafft Probleme in den Schwellenländern Asiens. "Sie treten durch den Aufbau eigener Infrastruktur in die energieaufwändigste Phase ihres Wirtschaftswachstums und müssten nun schauen, wie sie den Bedarf decken", meint Hanns Günther Hilpert von der SWP.

Wohl auch deshalb forcierten China und Indien den Bau neuer Kernkraftwerke. Im Reich der Mitte beispielsweise sind bislang gut ein Dutzend Atomanlagen mit einer Gesamtleistung von zehn Gigawatt in Betrieb, 25 im Bau und 50 weitere in Planung. Seit der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima sind die Genehmigungsverfahren allerdings vorerst gestoppt. Alle laufenden Reaktoren sollen einem Sicherheitscheck unterzogen werden.

Auch Indiens Atomenergiebehörde hatte im vergangenen Jahr die Errichtung neuer Anlagen angekündigt, als Ergänzung zu hunderten Kohlekraftwerken, die das Land bauen will, um das eigene Rohstoffvorkommen zu nutzen. In Jaitapur, einem Erdbebengebiet 300 km südlich von der Metropole Mumbai, soll das größte AKW der Welt entstehen. Seit dem Reaktorunglück in Japan regt sich allerdings auch hier Widerstand.

Chance für regenerative Energien

Hütte mit Solaranlage und Parabolspiegel (Foto: CC/sama sama)
Menschen in entlegenen Gebieten können sich mit regenerativer Energie selbst versorgenBild: CC/sama sama - massa

Asiens Energiehunger bietet aber auch Möglichkeiten für so genannte grüne Energie. "Man könnte von Anfang an den richtigen Weg einschlagen“, sagt Sven Teske. "Ein späterer Umbau der Infrastruktur kostet viel Energie, die Zwischenschritte der westlichen Länder können gleich ausgelassen werden."

Der Greenpeace-Experte plädiert für kleine Anlagen, etwa kleine Solar- und Windkraftwerke oder Mischformen. Sie seien schnell aufgebaut, beispielsweise in Indonesien, wo es 14.000 Inseln gibt. In dem Land habe knapp die Hälfte der Einwohner keinen Zugang zu Elektrizität. Oder in Indien, wo 70.000 Dörfer ohne Strom seien, so Teske. Die Energie entstehe dort, wo sie benötigt werde, außerdem gebe es eine lokale Wertschöpfung, etwa Arbeitsplätze, das helfe den Menschen vor Ort.

Jedes Land braucht eigene Lösungen

Welche Technik in Frage kommt, hängt von den Voraussetzungen vor Ort ab. Wo schlechte Bedingungen für die eine Energieform herrschen, funktionieren vielleicht andere besser. In China oder Indien sind die Voraussetzungen für große Windparks optimal. Auf den Philippinen kann neben der Windkraft auch die Geothermie effizient genutzt werden. In bergigen Regionen kann dagegen Wasserkraft zum Einsatz kommen, etwa im Süden Taiwans, wo an zwei Stauseen kleinere Anlagen Strom erzeugen. Auf der Insel plant man bereits weitere Kraftwerke dieser Art.

Allerdings muss das behutsam erfolgen, sonst kann die gute Sache zum Problem werden. Gerade die Errichtung von Wasserkraftwerken zeigt, dass der Grat zwischen Nutzen und Schaden sehr schmal ist. So mussten für die weltgrößte Anlage, den Drei-Schluchten-Staudamm in China, hunderttausende Bewohner zwangsweise umgesiedelt werden, Naturschützer fürchten langfristig enorme ökologische Auswirkungen und um das Überleben tausender Pflanzen- und Tierarten.

China ist besser als sein Ruf

Viele elektrische Leitungen an einem Haus (Foto: CC/Alex Mahan)
Energie bedeutet Wachstum - und WohlstandBild: CC/Alex Mahan

Doch insgesamt betrachtet ist ausgerechnet das Reich der Mitte mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern gar nicht der große Klimasünder, als der es oft dargestellt wird. Das sagt auch Greenpeace-Experte Sven Teske. Im internationalen Vergleich liege der durchschnittliche Energieverbrauch im Mittelfeld. Allerdings liege es vor allem daran, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht an dem Wachstum teilhaben könne, sagt Teske. Die Öko-Bemühungen seien zudem zwingende Notwendigkeit. "Chinas Energiehunger muss gestillt werden. Da nimmt das Land alles, was es bekommen kann."

Hans Günther Hilpert von der SWP ist dagegen überzeugt: "Die politische Führung hat die Notwendigkeit von Umweltschutz erkannt." Allerdings sei es schwer, das konsequent umzusetzen, denn das alte Kaderdenken mit Streben nach Wachstum und Gewinnmaximierung stehe der Erneuerung im Weg. Immerhin scheint das riesige Land den Willen zum Umdenken zu haben. Der neue Fünf-Jahres-Plan sieht neben dem Ausbau regenerativer Energien auch die Erhöhung der Energieeffizienz und eine Deckelung des Energieverbrauches vor.

Autor: Po Keung Cheung
Redaktion: Klaus Esterluß