1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Apples Patentkrieg am Amazonas

Astrid Prange15. Februar 2013

Nach dem verlorenen Patentstreit um den Markennamen "iPhone" in Brasilien muss der kalifornische Konzern Apple fürchten, auf den rasant wachsenden Märkten Südamerikas ins Hintertreffen zu geraten.

https://p.dw.com/p/17eDl
The Apple logo hangs in a glass enclosure above the Fifth Avenue Apple Store in New York in this September 20, 2012 file photo. Apple Inc. is experimenting with the design of a device similar to a wristwatch that would operate on the same platform as the iPhone and would be made with curved glass, the New York Times reported on February 10, 2013. REUTERS/Lucas Jackson/Files (UNITED STATES - Tags: BUSINESS SCIENCE TECHNOLOGY LOGO TPX IMAGES OF THE DAY)
Symbolbild iWatch AppleBild: Reuters

Es ist mehr als ein Rechtsstreit. Nachdem das brasilianische Marken- und Patentamt INPI am Mittwoch den Eintrag der Marke iPhone in Brasilien abgelehnt hat, kämpft der amerikanische Unterhaltungselektronik-Riese dort um seine Marktchancen. Ausgerechnet in dem aufstrebenden Schwellenland mit 200 Millionen Einwohnern läuft Apple Gefahr, seinen Verkaufsschlager nicht mehr unter dem gewohnten Namen verkaufen zu können.

Der Biss in den bitteren brasilianischen Apfel erfolgte just in dem Moment, in dem der Markt des größten südamerikanischen Landes für Smartphones boomt. Zwischen 2011 und 2012 zog der Absatz von knapp neun Millionen auf über 15 Millionen Geräte an. Zum Vergleich: In Deutschland stieg der Verkauf von Smartphones nach Angaben des Branchenverbandes Bitkom im selben Zeitraum von 16 Millionen auf knapp 23 Millionen.

Boom bei Smartphones

"Der Markt für Smartphones in Brasilien ist noch neu, aber in den nächsten zwei Jahren werden die intelligenten Telefone die Vorherrschaft übernehmen", prophezeit Analyst Bruno Freitas von der Consultingagentur IDC Brasil. Noch dominieren in Brasilien die herkömmlichen Mobiltelefone mit einem Marktanteil von 74 Prozent. Doch der Verkauf brach im vergangenen Jahr nach Angaben von IDC Brasil um über 20 Prozent ein. Die Smartphones hingegen legten um 77 Prozent zu. Bis zum Jahr 2015 soll ihr Anteil auf dem Handymarkt kontinuierlich auf 57 Prozent steigen.

Apple gehört in diesem Segment zu den fünf wichtigsten Anbietern. Obwohl iPhones wesentlich teurer sind als vergleichbare Modelle von Samsung oder Motorola liegt der Marktanteil bei fast zehn Prozent. Folglich will sich das Unternehmen das Wachstum in diesem Segment nicht entgehen lassen. Die Anwälte von Apple kündigten an, Einspruch gegen die Entscheidung des brasilianischen Patentamtes zu erheben.

Handynutzung in Brasilien
Auf mehreren Nummern erreichbar: In Brasilien verfügt jeder Einwohner im Durchschnitt über 1,3 Mobiltelefone.Bild: Antonio Scorza/AFP/GettyImages

Die umstrittene Entscheidung des Patentamtes INPI hat eine lange Vorgeschichte. Sie geht auf einen Antrag des brasilianischen Unterhaltungselektronik-Herstellers Gradiente für die Marke "iphone" aus dem Jahr 2000 zurück - also auf einen Antrag, der gestellt wurde, lange bevor das iPhone von Apple überhaupt auf dem Markt war. Anfang 2008 bewilligte das brasilianische Patentamt Gradiente die Eintragung der Marke. Fast fünf Jahre später, am 18. Dezember 2012, brachte der brasilianische Hersteller ein Modell unter dem Namen "Gradiente iphone" auf den Markt. Apple beantragte die Eintragung seiner Marke beim brasilianischen Patentamt erst 2007.

Nach dem brasilianischen Patentrecht muss die geschützte Marke spätestens innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach der bewilligten Eintragung auf den Markt kommen. Apple wirft der brasilianischen Konkurrenz nun einen "Pseudo-Gebrauch" der Marke vor. "Es ist uns kein Fall bekannt, in dem ein wichtiges Produkt erst fünf Tage vor Weihnachten auf den Markt gebracht wird", heißt es dazu in einer Erklärung der Anwaltskanzlei Dannemann, Siemsen Bigler& Ipanema Moreira, die Apple vertritt. Der Gebrauch des Markennamens "iphone" durch die brasilianische Firma Gradiente sei "unrechtmäßig".

Brasilien Gradient iPhone
So sieht das "iphone" der brasilianischen Firma Gradiente aus, das mit Apple konkurriert.Bild: picture-alliance/AP

Nach dem Einspruch von Apple ist Gradiente nun verpflichtet, in den nächsten 60 Tagen nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der gültigen Frist genutzt wurde. Konkurrent Gradiente wiederum könnte vor Gericht ein Verkaufsverbot von Apple Handys unter dem Namen "iPhone" erwirken.

Wachstumsregion Lateinamerika

Nach Einschätzungen von Experten wird der Patentstreit vermutlich auf einen Vergleich zwischen den beiden konkurrierenden Unternehmen hinauslaufen. "Alle wissen, dass die Marke iPhone zu Apple gehört, auch Gradiente", stellt Analyst Bruno Freitas klar. Es läge daher im Interesse beider Unternehmen, sich außergerichtlich zu einigen. Schon in China, Mexiko und den USA habe Apple den Unternehmen, mit denen es sich im Patentstreit befand, eine Zahlung angeboten, um sich das Recht auf seine Marke zu sichern. Brasilien sei für Apple ein strategisch wichtiger Markt.

Wie wichtig der brasilianische Markt für die amerikanische Kultmarke ist, zeigen de Weichenstellungen aus dem vergangenen Jahr. Anfang 2012 wurde der Brasilianer Anderson Teixeira, der zuvor zehn Jahre bei dem Hersteller Sony Ericsson unter Vertrag war, zum neuen Lateinamerika-Chef bei Apple ernannt. Zugleich kündigte die taiwanesische Firma Foxconn an, bis 2014 fünf neue Fabriken zur Herstellung von Komponenten für iPhones und iPads in Brasilien zu eröffnen. Brasilien ist damit das einzige Land neben China, wo Komponenten für Apple-Produkte hergestellt werden.

Noch in diesem Jahr soll in Brasilien in Rio de Janeiro der erste offizielle Apple Store eröffnet werden. Bisher werden die Premiumprodukte der Apple-Familie lediglich über die Filialen der Mobilfunkanbieter oder über den Online-Verkauf vertrieben. Viele Brasilianer kaufen ihr iPhone oder iPad sowieso lieber außerhalb des Landes, denn dies ist wesentlich günstiger. In Miami kostet beispielsweise das Basismodell des neuen iPhone 5 umgerechnet 577 Euro, während das gleiche Gerät in Brasilien für 914 Euro angeboten wird.