1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neue Partei in Südafrika

Frank Räther16. Dezember 2008

Die Parteienlandschaft in Südafrika ist im Umbruch begriffen. Der regierende afrikanische Nationalkongress ANC hat nicht ohne Grund an Zustimmung verloren. Nun soll die junge demokratische Tradition wiederbelebt werden.

https://p.dw.com/p/GHBM
Mosiuoa Lekota (Quelle: AP)
Mosiuoa Lekota ist Präsident der COPE-ParteiBild: AP

Südafrika soll wieder so werden, wie wir es während des Kampfes gegen die Apartheid und nach deren Überwindung wünschten, gab der zum Parteipräsidenten gewählte Mosiuoa Lekota als Credo seiner neuen Partei in Südafrika vor. Die Partei heißt Congress of the People, kurz COPE, und wurde am Dienstag (16.12.2008) in Bloemfontein nach dreitägigem Kongress gegründet. Wesentlich seien die Respektierung der Verfassung, die Demokratie von unten sowie die Zusammenarbeit aller Rassen zum Wohle des ganzen Landes, sagte der neue Parteichef Lekota. "Wir wollen eine wahrhaft nichtrassische Partei sein, die Heimat und Stimme aller Südafrikaner ist, ohne Berücksichtigung von Rasse, Klasse oder Geschlecht."

Wichtiger historischer Bezug

Nicht ohne Grund nennt sich die neue Partei COPE. Damit soll ganz bewusst auf den gleichnamigen Kongress aus dem Jahr 1955 Bezug genommen werden, auf dem damals Apartheidgegner aller Rassen und politischer Richtungen die Freiheitscharta verabschiedeten. An diesem Punkt will die Partei, die sich zu einem Großteil aus unzufriedenen Mitgliedern des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses ANC gebildet hat, wieder ansetzen.

Denn der ANC sei, vor allem seitdem seit letztem Jahr eine neue Führung unter Jacob Zuma an der Spitze stehe, intolerant, anmaßend und undemokratisch geworden. "Demokratische Praxis wird von den Regierenden in unserem Land mit einer alarmierenden Geschwindigkeit über Bord geworfen - Nelson Mandelas Grundsätze der Demokratie sind vergessen", sagt Lekota, der bis voriges Jahr noch Vorsitzender des ANC war.

Abschied von der Regenbogennation

Doch eigentlich begannen die Veränderungen schon früher. Schon unter der Präsidentschaft von Thabo Mbeki hatte der ANC den Kurs Nelson Mandelas verlassen. Die Warnsignale waren: Entfernung der Führung vom Volk, immer mehr Zentralismus statt Basisdemokratie, Loyalität statt Fachkompetenz, Uneinsichtigkeit, Kritikempfindlichkeit und Misstrauen. Auch war keine Rede mehr von der Regenbogennation. Weiße wurden verdrängt, Mischlinge beklagten, sie seien früher nicht weiß genug gewesen und nun nicht schwarz genug. Es wurde um Posten geschachert, die dann oft zur persönlichen Bereicherung missbraucht wurden.

Dies alles führte zu Rivalitäten und Machtkämpfen innerhalb der Partei, die sogar mit Gewalt ausgetragen wurden. Der ANC zerfiel in sich bekämpfende Mbeki- und Zuma-Lager.

Es herrscht wieder Angst in Südafrika

Präsident Jacob Zuma (Quelle: AP)
Unter Präsident Jacob Zuma wurde die Situation nochmals verschärftBild: AP

Als sich dann auf dem Parteitag vor einem Jahr die Kräftebalance zugunsten von Jacob Zuma verschob, der zum Parteipräsidenten gewählt wurde, begann nicht nur ein Rachefeldzug der nunmehr Siegreichen gegen das Lager Mbekis bis hin zu dessen Entmachtung als Staatspräsident im September, sondern es gab auch einen drastischen politischen Klimawandel: Andersdenkende wurden beschimpft und bedroht.

Im ANC und auch im Staatsapparat herrscht eine Atmosphäre der Angst, die Lekota so beschreibt: "Eine paralysierende Angst hat Teile unserer Gesellschaft ergriffen. Eine Angst, wie wir sie zu Apartheidzeiten unter Vorster und Botha hatten. Staatsangestellte müssen flüstern, wenn sie über COPE sprechen, weil sie Angst um ihren Job haben müssen, sobald man davon ausgeht, dass sie uns freundlich gesinnt sind."

Dem will sich die neue Partei wiedersetzen und Südafrika Wandel und neue Hoffnung bringen, wie der Politikwissenschaftler Maseti meint. Dabei werde bewusst an den Wahlkampf von Barack Obama in den USA angeknüpft. "Südafrikaner werden mit dem Obama-Weg, Politik zu machen, bekannt gemacht. Man kann die Energie von COPE sehen. Die jungen Leute hier sind sehr, sehr energiegeladen."

Eine Partei neuen Typs

COPE unterscheidet sich in ihrer inhaltlichen Programmatik nicht so sehr von der des ANC, sondern in Stil und Atmosphäre. Alle Südafrikaner, ungeachtet der Hautfarbe sollen einbezogen werden. Somit entsteht erstmals eine Alternative, denn die südafrikanische Parteienlandschaft war bisher in starkem Masse ethnisch geprägt.

In den vergangenen sechs Wochen haben sich bei COPE nach eigenen Angaben mehr als 400.000 Mitglieder eingetragen, darunter nicht nur bisherige ANC-Funktionäre, sondern auch viele Weiße und Angehörige der Mittelschicht. Bei den nationalen Wahlen im Frühjahr 2009 dürfte COPE dem ANC viele Wähler abspenstig machen.

Drohungen statt Wahlkampf

Der ANC reagierte bislang auf die Herausforderung jedoch nicht mit einer grundsätzlichen Debatte, sondern ausschließlich mit Wut und Diffamierungen. Zeitgleich veranstaltete der ANC extra eine Kundgebung beim COPE-Gründungskongress in Bloemfontein. Am deutlichsten wurde dieser Tage Zwelinzima Vavi, Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes Cosatu und der wohl engste Freund von ANC-Führer Jacob Zuma: "Wir werden sie politisch vom Gesicht der Erde hinwegfegen."

Drohung also statt demokratischer Auseinandersetzung. Während die einen Hoffnung verbreiten, drängen die anderen auf eine Verschärfung des politischen Klimas.