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"Alles nur geklaut"

Bernd Riegert9. November 2005

Die Zöllner der Europäischen Union haben zum Großangriff auf Produktpiraten geblasen.

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Erstmals hat das neue Lagezentrum der EU-Behörde für Betrugsbekämpfung (mit der lustigen Abkürzung OLAF) in Brüssel den Einsatz von 250 Zollbeamten EU-weit gesteuert, um gefälschte Waren aufzuspüren. In wenigen Tagen haben die Zöllner in europäischen Häfen und Flughäfen in der ersten Aktion im Mai 2005 mehr als zwei Millionen gefälschte Gegenstände sicher gestellt. In fast einem Viertel aller untersuchten See-Container wurden Plagiate gefunden. Die Palette reicht von Glühbirnen über Zigaretten bis zu Designerjeans, die falsche Etiketten teurer europäischer Modehäuser trugen.

Die Fälschungen stammen in der Masse aus China oder Hongkong. Gefährlich wird das falsche Spiel, wenn Medikamente, Lebensmittel oder - wie kürzlich aufgeflogen - Feuermelder nachgemacht werde.

Jedes Jahr beschlagnahmen EU-Zöllner Waren im Wert von einer Milliarde Euro. Das ist aber nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, denn weltweit sollen fünf bis neun Prozent des Warenstroms gefälscht sein. Das wären Umsatzausfälle von 200 bis 300 Milliarden Euro. In den letzten zehn Jahren, so der zuständige EU-Kommissar Sim Kallas, sei die Zahl der Beschlagnahmungen in der EU um 1000 Prozent angestiegen.

Längst, so die Zollexperten, fälschten die Chinesen nicht nur T-Shirts oder CD-Player, sondern auch große Maschinen und Fahrzeuge. Besonders schwer sei es, nachgemachte Software aufzuspüren, da Verpackung und Sicherheitskennzeichen täuschend ähnlich kopiert seien. Geklautes geistiges Eigentum führt in der EU zu Verlusten von rund acht Milliarden Euro jährlich, mutmaßt der Zoll. Es gibt sogar Schätzungen, dass ein Drittel aller Computer-Programme, die weltweit verkauft werden, illegale Kopien sind.

Während falsche Waren hauptsächlich aus Asien stammen, kommt falsches Geld noch aus Europa. Euro-Blüten, so die Erkenntnisse der Bundesbank, werden vornehmlich im Beitrittsland Bulgarien und im EU-Mitgliedsland Litauen gedruckt. 80.000 falsche Geldscheine und 50.000 nachgeahmte Münzen hat die Bundesbank 2004 allein in Deutschland aus dem Verkehr gezogen.

Wenn also chinesische Unternehmer irgendwann Gelddruckmaschinen täuschend echt fälschen, könnten sie auch gleich die Blüten in China herstellen und mit den falschen Waren nach Europa schaffen, oder? Die echten Scheine werde übrigens zum größten Teil von einer Firma in den Niederlanden hergestellt. Die möchte ihre hochsensible Produktionsanlage aus Kostengründen teilweise auslagern, und zwar nach Asien. China, wir kommen!

Dazu müssten aber die EU-Verträge geändert werden, die bislang zwingend vorschreiben, dass Euros nur auf der Scholle der Europäsichen Union gedruckt werden dürfen.