1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Alles Made in China

28. Juli 2009

Die USA und China wollen bei einem großen politischen Dialogforum in Washington ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit verbessern. Im amerikanischen Alltag ist China bereits an jeder Ecke präsent: Alles ist "Made in China".

https://p.dw.com/p/IxzC
Barbie-Puppen (Foto: ap)
Amerikanische Puppen kommen zu 100 Prozent aus ChinaBild: AP

Geschäftiges Treiben herrscht auf dem berühmtesten Bahnhof Washingtons, der Union Station: Durch die filigranen Oberlichter fallen vereinzelte Sonnenstrahlen in das altehrwürdige Gebäude und beleuchten die bunten Auslagen der vielen Souvenirläden.

T-Shirts mit dem Aufdruck "I love D.C.", Kaffeetassen, von denen die Präsidentenfamilie lächelt, oder Schneekugeln mit dem Weißen Haus als Innenleben stehen zur Auswahl. Was viele Käufer nicht wissen: Die meisten Andenken hier sind alles andere als "echt amerikanisch". Auf fast allen Produkten findet man bei näherer Betrachtung aufgedruckt oder aufgeklebt die Inschrift "Made in China".

Der Kunde kann nicht anders

Spielzeughund im TÜV (Archiv) (Foto: ap)
Qualitäts-Check: Oft sind Produkte aus China von schlechter Haltbarkeit oder sogar gefährlichBild: AP

90 bis 99 Prozent ihrer Waren kommen aus der Volksrepublik, schätzen die Souvenirverkäufer der Union Station. Der Kunde habe oft keine Wahl, sagt Eric Lumpkin, der extra aus Texas angereist ist, um der Hauptstadt einen Besuch abzustatten: "Ich versuche Produkte zu kaufen, die in den Vereinigten Staaten hergestellt wurden", sagt er. "Aber die meisten Sachen werden eben in China gemacht. Man kann gar nicht anders, als sie zu kaufen. Sie beherrschen einfach den Markt."

Tagelange Odyssee

Wie schwierig es heutzutage wirklich ist, Produkte aus China zu vermeiden, hat die Amerikanerin Sara Bongorni am eigenen Leib erfahren. Die Wirtschaftsjournalistin aus Louisiana versuchte ein Jahr lang, ohne Produkte "Made in China" auszukommen. Ihr Boykott, über den sie auch ein Buch geschrieben hat, stellte sich als nahezu unmögliches Unterfangen heraus: Die Suche nach nicht in China produzierten PCs, iPods, Handys und Kleidung gestaltete sich meist als tagelange Odyssee. Für banale Alltagsgegenstände wie Batterien, Glühbirnen, Pinsel und Schrauben gab es oft keine Alternativen.

Dabei ist "Made in China“ bei den Käufern eigentlich unbeliebt. Billig, kurzlebig und sogar gesundheitsgefährdend lautet oft das vernichtende Urteil der Kunden.

Kosten sparen

Spielzeugfabrik in China (Foto: ap)
Die Produktionskosten in China sind extrem niedrigBild: picture-alliance/ dpa

Doch in Amerika wird immer weniger industriell gefertigt. "Designed in America" gibt es noch, "Made in America" ist selten zu finden. 70 Prozent aller Produkte, die von der Warenhauskette Walmart verkauft werden, sind in China hergestellt. 95 Prozent aller Videospiele, die in den USA verkauft werden, kommen ebenfalls aus dem Reich der Mitte und bei Puppen und Kuscheltieren sind es sogar ganze 100 Prozent.

Als Gründe für die niedrige Produktionsrate in den USA würden oft die steigenden Lohn- und Kapitalkosten genannt, erklärt Douglas Paal, Asienexperte der Carnegie Stiftung für Frieden. "Vor allem geht es aber auch um Steuervergünstigungen für Unternehmen, die etwas herstellen, ihre Produktion in andere Länder verlegen und dann das Produkt wieder in die USA importieren", erklärt er. "Dieses Schlupfloch versucht Präsident Obama gerade zu schließen."

Der Billigste siegt

Dennoch sei nicht zu erwarten, dass Produkte "Made in China“ in Zukunft aus amerikanischen Verkaufsregalen verschwinden, meint Paal. Denn der günstigste Anbieter gewinnt auf dem Markt - egal ob das China, Indien, Thailand oder Taiwan ist. Und so hat auch die Journalistin Sara Bongorni nach zwölf Monaten ihren Kaufboykott aufgegeben. Der Grund: Es war einfach zu anstrengend.

Autorin: Dörthe Keilholz

Redaktion. Anna Kuhn-Osuis