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Interview mit Helen Kijo-Bisimba

Julia Hahn17. Januar 2013

Seit Ende der 90er Jahre operieren internationale Goldkonzerne in Tansania. Doch vielerorts fehle den Unternehmen nach wie vor die "soziale Linzenz", sagt Menschenrechtlerin Helen Kijo-Bisimba.

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Helen Kijo-Bisimba, Direktorin der Menschenrechtsorganisation Legal and Human Rights Centre (LHRC) in Daressalam (Foto: DW/Julia Hahn)
Helen Kijo-Bisimba,Bild: DW/J. Hahn

DW: Frau Kijo-Bisimba, Sie kennen die Nord Mara Region. Welche Beobachtungen haben Sie dort gemacht?

"Die Menschen dort suchen verzweifelt nach Arbeit. Und weil sie in der Mine keine Jobs bekommen, wühlen sie in den Schuttbergen nach Steinen, die vielleicht ein paar Spuren von Gold enthalten. Ihr ganzes Denken dreht sich nur noch ums Gold und darum, wie sie davon profitieren könnten. Oft gehen sie aber leer aus und das verursacht große Frustrationen. Die Menschen haben nur noch eins im Kopf: Geld, Geld, Geld. Und sie leben mit der Hoffnung, dass sie vielleicht doch irgendwann den großen Fund machen, einen besonders wertvollen Stein. Dafür schwänzen die Kinder sogar die Schule. Und am Ende bleiben doch alle arm. Wären die Leute einfach Bauern geblieben, dann würde es ihnen heute besser gehen.

DW: Wie bewerten Sie das soziale Engagement des Konzerns African Barrick Gold in der Nord Mara Region?

"Sie versuchen sich auf verschiedenste Weise zu engagieren, denn sie wollen zeigen, dass sie sich sozial verantwortlich fühlen. Aber unsere Studien belegen, dass dieses Engagement recht oberflächlich ist, denn viele Dinge sind nicht transparent. Sie versuchen es, aber wenn man betrachtet, wie viel sie erwirtschaften, dann ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stein."

DW: Die Mine wird streng bewacht, auch von Tansanias Polizei. Welche Rolle spielen die Sicherheitskräfte in dem Konflikt zwischen Dorfbewohnern und Konzern?

"Einige Polizisten nehmen Geld von den Leuten und erlauben ihnen dann im Gesteinsschutt nach Gold zu suchen. Aber manchmal bleiben die Leute zu lange in den Schuttbergen und die Besitzer bemerken das. Dann wollen die Polizisten zeigen, dass sie ihre Dienstpflicht nicht verletzen und schießen auf die Leute. Ich denke, die nationale Polizei sollte an dieser Sache überhaupt nicht beteiligt sein. Barrick ist ein privates Unternehmen und es sollte nur seine eigenen Sicherheitsleute einsetzen."

DW: Was also kommt vom Goldreichtum des Landes bei den Menschen vor Ort an?

"Die Regierung hat die Investoren eingeladen ins Land zu kommen. Das ist auch gut so. Aber während diese Firmen profitieren, muss auch Tansania profitieren. Und das geht nur, wenn wir gute Verträge mit den Unternehmen haben. Aber das ist nicht der Fall. Viele Firmen versuchen Steuern zu sparen, in dem sie sagen, sie würden keine Gewinne einfahren. Aber diese Firmen sind immer noch im Land. Im Parlament fordert die Opposition immer wieder Belege darüber, was vom Reichtum tatsächlich im Land bleibt. Man würde doch erwarten, dass die Regierung und die Bevölkerung profitieren, aber Jeder, der in die Goldregionen reist, wird sehen, dass die Menschen in Armut leben, dass es keine vernünftige Infrastruktur gibt. In einem ihrer Berichte hat die Weltbank Tansania vor Kurzem als wachsende Volkswirtschaft gelobt. Aber dieses Wachstum kommt nach wie vor nicht in den lokalen Gemeinden an. Die Peripherie dieses Landes wird absolut vernachlässigt."

Helen Kijo-Bisimba ist Direktorin der Menschenrechtsorganisation Legal and Human Rights Centre (LHRC) in Daressalam. Die NGO kämpft gegen für die Rechte von Minderheiten und gegen Diskriminierung. Regelmäßig veröffentlicht das LHRC Berichte zur Menschenrechtslage in Tansania. Ein Fokus sind dabei auch die sozialen Aspekte der Goldförderung.