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Alle müssen ran

Thomas Kohlmann18. November 2002

Warum zahlen Beamte und Politiker keinen Pfennig in die Rentenkassen ein, aber erhalten großzügige Pensionen und fürstliche Ruhestandsbezüge? Zur Rettung der Rente müssten eigentlich auch sie ihr Scherflein beitragen.

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Sparen! Sparen! Sparen!Bild: AP

"Neid-Debatte!" schmettern Politiker jedem entgegen, der sie wegen der geplanten Erhöhung ihrer Abgeordneten-Bezüge kritisiert. Schließlich, so das Argument vieler Volksvertreter, verdienten deutsche Abgeordnete, verglichen mit leitenden Beamten oder Top-Managern, eher unterdurchschnittlich. Und damit haben sie sogar recht. Mit aktuell 6.878 Euro im Monat bewegen sich die Gehälter im deutschen Bundestag auf einem vergleichsweise moderaten Niveau.

Die Altersbezüge der Politiker sind es, die einen Normalbürger grün vor Neid werden lassen – und rot vor Zorn. Denn nach der politischen Karrierre rollt der Rubel. Wenn sich der Obersparer der Nation, Hans Eichel, zur Ruhe setzt, ließ das Magazin "Stern" unlängst wissen, dann könne er sich über eine üppige Pension von monatlich 11.635 Euro freuen. Für diese Altersversorgung hätte ein deutscher Normalverdiener bereits im Jahr 1552, mitten in der Renaissance, seinen Job antreten müssen, so der Bericht. Und selbst der Verband deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) räumt ein, dass ein Durchschnittsverdiener nach 45 Beitragsjahren lediglich mit 1.163 Euro rechnen kann.

Unmut wächst

Karl-Heinz Däke, der streitbare Chef des Bundes der Steuerzahler, fordert schon lange einschneidende Änderungen bei den Pensionsansprüchen von Politikern: "Wir sind eben der Meinung, dass Politiker für ihre Altersversorgung selber sorgen sollten - genau wie jeder andere auch." Gegen die Erhöhung der Politiker-Diäten oder ihrer Pensionen hat Däke prinzipiell nichts. Er schränkt aber ein, dass Diäten oder Ministerbezüge sollten nur dann ansteigen sollten, wenn ein Teil in die Rentenkasse eingezahlt wird. "Jeder einzelne Politiker sollte spüren, was es bedeutet, wenn der Rentenversicherungsbeitrag oder die Bemessungsgrundlage weiter angehoben wird", so Däke.

Bislang konzentrieren sich die Renten-Rebellen vor allem in der grünen Bundestags-Fraktion: Und nicht nur Youngster wie die 19jährige Grüne Anna Lührmann fordern mehr Renten-Gerechtigkeit – auch Christine Scheel, immerhin Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag und finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, plädiert für eine breitere Rentenbasis. Neu ist, dass auch aus den beiden großen Parteien CDU/CSU und SPD kritische Töne kommen. Selbst prominente Christdemokraten wie CDU-Vize Christian Wulff fordert nicht nur, das Renteneintrittsalter von derzeit 58,9 Jahren stärker dem gesetzlichen Eintrittsalter von 65 Jahren anzunähern. Er ist auch dafür, dass Politiker in die Rentenkasse einzahlen.

Systemwechsel nötig

Der Renten-Experte Meinhard Miegel hält die Eilgesetze, die von der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden, um die Risse in der Rentenkasse zu kitten, für pure Notoperationen. Damit könne das nächste und vielleicht das übernächste Jahr überbrückt werden, stellt der Leiter des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft klar: "Nur ein Systemwechsel kann die gesetzliche Rentenversicherung retten und zwar eine steuerfinanzierte Grundsicherung in Verbindung mit privater Vorsorge."

Für Miegel muss eine grundsätzliche Reform noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden. Ihr Ziel: Die staatliche Grundsicherung für alle, auch für Parlamentarier, Beamte, Hochschullehrer oder Hausfrauen.