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Alle Berlinale-Schnipsel

15. Februar 2010
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Mehr Zuschauer, mehr Festivalkinos, Rekordbesuche, Weltstars und die Weltpremiere der restaurierten Fassung von 'Metropolis' – einem der berühmtesten Filme der Filmgeschichte. Hört sich gut an? "Es gab auch einige gute Filme", schreibt Verena Lueken in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Es hätten ruhig ein paar mehr sein können."

Das sieht Filmkritiker Ekkehard Knörer ein bisschen anders: "Der Berlinale-Wettbewerb bewegt sich schnurstracks in den Abgrund. Die letzten Jahre waren schlimm genug, in diesem ist die Katastrophe monumental."

Aber der Wettbewerb ist ja nicht alles bei der Berlinale. "Die Tendenz meiner diesjährigen Berlinale-Auswahl geht eindeutig in Richtung alter Filme", steht da zum Beispiel im Blog 'Eskalierende Träume': "Im Zweifelsfall lieber einen eher selten (zumal im Kino) zu sehenden alten Film statt einen abschreckend klingenden neuen Film."



Wenige Stunden vor der Verleihung der Berlinale-Bären haben die unabhängigen Jurys ihre Preisträger verkündet. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeichnete in diesem Jahr erstmals zwei Produktionen aus. Ein Preis ging an "Son of Babylon" des irakischen Regisseurs Mohamed Al-Daradji. Die zweite Auszeichnung bekam "Waste Land" der englischen Filmemacherin Lucy Walker.

Bevor der Goldene und die Silbernen Bären vergeben werden, wurde übrigens bereits ein Gläserner Bär verliehen - gestern Abend an "Neukölln Unlimited".

Und für alle die sich fragen worum es da in Berlin bei der Berlinale eigentlich ging - Festivaldirektor Dieter Kosslick sorgte jetzt für Aufklärung: "Familie war das Thema der 60. Berlinale."

"Die Fremde" von Feo Aladag hat in der Berlinale Sektion Panorama den Preis als bester europäischer Film gewonnen. In dem Drama spielt Sibel Kekilli - bekannt aus Fatih Akins "Gegen die Wand" - eine junge Deutsch-Türkin, die aus ihrer unglücklichen Ehe flieht.

Morgen (20.02.) Abend werden die Gewinner der Bären gekürt. Als Favoriten gelten das türkische Drama "Bal", der rumänische Film "If I want to whistle, I whistle" und der deutsche Beitrag "Der Räuber".

"Oh my god, I killed the Berlinale". Das dachte sich Burhan Qurbani bei seiner Dankesrede nach der Weltpremiere seines Erstlingsfilms "Shahada" nachdem Kritiker geschrieben hatten, die Berlinale sei tot, wenn nun schon Studentenfilme im Wettbewerb gezeigt würden. Qurbani holte also das halbe Filmteam auf die Bühne und bedankte sich um so deutlicher bei Festivaldirektor Dieter Kosslick für seine "Eier" - verstärkt durch eine entsprechende Geste - den Studentenfilm zuzulassen.

Berlinalegänger sind genervt von den ständigen Taschenkontrollen und der Hysterie gegenüber der Videopiraterie in diesem Jahr. Dabei kommt jetzt raus, dass offenbar einer der Festivalfilme tatsächlich abgefilmt wurde und nun irgendwo im Netz kursiert.

Am Schönsten eigentlich: Die Seitenberichterstattung. Die Ich-war-gar-nicht-im-Kino-Berichterstattung. Stellvertretend sei hier zitiert: Peter Praschl im Magazin der Süddeutschen:

"Heute bin ich nicht ins Kino gegangen. Es ging einfach nicht. Nicht schon wieder in vollen Kinosälen sitzen. Nicht schon wieder stillsitzen. Nicht schon wieder den Hinweis sehen müssen, dass Filmpiraterie illegal ist, nicht schon wieder Starbucks-Espresso trinken, nicht schon wieder vom Berlinale-Palast ins Hyatt zur Pressekonferenz und vom Hyatt ins Cinemaxx stapfen, nicht schon wieder den Wintermantel wegstauen müssen, nicht schon wieder Schauspieler über ihre tolle Zusammenarbeit mit anderen Schauspielern, die Ehre, in Berlin sein zu dürfen, und ihre Dankbarkeit für den Regisseur reden hören, nicht schon wieder das Gefühl haben, über den Film, den man gerade gesehen hat, nicht nachdenken zu können, weil der nächste schon anfängt, nicht schon wieder durch Schnee & Matsch stapfen, nicht schon wieder Winterdepression und Sommersehnsucht haben müssen."

"Das passiert eigentlich eher selten auf der Berlinale", steht da im Berlinaleblog. Es gab nämlich keinen Applaus nach der Pressevorführung des Films "Greenberg" mit Ben Stiller. Gar keinen. Das sei schon ungewöhnlich. Ungewöhnlich auch der letze Satz im Blogposting: "Eine unspektakuläre kleine Produktion, die untergehen wird, welche aber nicht nur langweilig war."

Unglaublich, aber wahr: Filmkritiker Ekkehard Knörer haben am Sonntag zwei Filme gefallen. "Ich gebe, bevor ich hier als der Berliner Schlechte-Laune-Bär abgestempelt werde, zu Protokoll, dass mir die beiden Wettbewerbsfilme 'My Name is Khan' (warum der außer Konkurrenz läuft, weiß der Kosslick) und 'If I Want to Whistle, I Whistle' von Florin Serban auf ihre sehr unterschiedliche Weise jeweils sehr imponiert haben."

"Wozu die Berlinale auch prima dient: Flucht vor Fasching. Man kriegt hier vom Karneval gar nichts mit. Gut so", twittert Markus Trapp alias textundblog.

Die "Cinema for Peace"-Gala gilt als gesellschaftlicher Höhepunkt am Rande der Internationalen Filmfestspiele. Hier ein paar mehr oder weniger wichtige Informationen.

Leonardo di Caprio sitzt in der Saalmitte neben Catherine Deneuve und Christopher Lee.

Bob Geldof fällt dem wesentlich kleineren, 78-jährigen russischen Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow stürmisch um den Hals.

Später sagt Geldof diesen munteren Satz: "So eine Veranstaltung gibt es nicht in Hollywood, nicht in New York, London, Cannes oder in irgendeiner anderen Stadt auf der Welt."

Nachdem Leonardo di Caprio angekommen ist, steigt Leslie Mandoki aus dem Auto. Er verursacht kein Aufsehen. Dabei war er doch mal Sänger von Dschinghis Khan. 4. Platz beim Eurovision Song Contest 1979.

Es gibt große und es gibt kleine Bären. Die Kinderbären sind schneller als die dicken Grizzlies. Und so hat die Kurzfilmsektion "Berlinale Shorts" ihre Sieger bereits gekürt: Der Goldene Bär geht an den schwedischen 12-Minüter "Zwischenfall vor einer Bank". Den missglückten Banküberfall, den der Film zeigt, gab es wirklich - er dauerte exakt 12 Minuten. Den Silbernen Bären erhielt der israelische Kurzfilm "Hayerida" (Der Abstieg).

Der Iran und die Berlinale: Zuerst der Wettbewerbsfilm des mutigen Regisseurs Rafi Pitts, der versucht sich gegen die Unterdrückung durch das Regime zu wehren. Dann sollte mit mehreren Filmemachern eine Diskussionsrunde über die Zukunft des iranischen Kinos folgen. Und schließlich sollte der renommierte iranische Regisseur Jafar Panahi als Ehrengast der Berlinale empfangen werden. Nun wurde ihm die Ausreise verweigert. Das iranische Regime beweist täglich und auch auf der Berlinale: Die Repressionen sind Realität, nicht allein Filmkulisse.