1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Bouteflikas Rückkehr in rebellische Heimat

10. März 2019

Ein Flugzeug hat den altersschwachen Staatschef von "Routineuntersuchungen" in der Schweiz zurück nach Algerien gebracht. Doch immer mehr Menschen dort wollen von dem 82 Jahre alten Bouteflika nichts mehr wissen.

https://p.dw.com/p/3EkTC
Algerien l Ankunft des Algerischen Präsidenten Bouteflika in Algiers
In einem Auto dieses Konvois soll der Präsident von einem Militärflughafen nach Algier gebracht worden seinBild: Reuters/R. Boudina

Eine Regierungsmaschine landete am Abend auf einem Militärflughafen südwestlich der Hauptstadt Algier, wie der algerische TV-Sender Ennahar meldete. Nach Regierungsangaben war Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika für rund zwei Wochen zu "Routineuntersuchungen" in Genf in der Schweiz gewesen. Es gibt aber Spekulationen, dass sein Gesundheitszustand sehr viel ernster ist als bekannt.

Algerischer Präsident Abdelaziz Bouteflika
Seit 1999 Präsident von Algerien: Abdelaziz Bouteflika (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/R. Kramdi

Am Samstag hatte eine nicht namentlich genannte algerische Bürgerin bei einem Schweizer Gericht beantragt, Bouteflika zu seinem eigenen Schutz zu entmündigen. In dem Antrag heißt es, durch seinen fragilen Gesundheitszustand sei das Risiko groß, dass der Präsident durch sein Umfeld manipuliert werde.

Bouteflika ist bereits seit 20 Jahren an der Macht und strebt eine fünfte Amtszeit an. Seit einem Herzinfarkt sitzt der 82-Jährige im Rollstuhl und hat große Probleme beim Sprechen. Seit mehr als drei Wochen kommt es in Algerien immer wieder zu Massenprotesten gegen eine weitere Kandidatur des altersschwachen Staatschefs bei der Präsidentenwahl im April.

Mit dieser Maschine wird Präsident Abdelaziz Bouteflika von Genf nach Algiers geflogen  (Foto: Reuters/D. Balibouse)
Mit dieser Maschine wurde Präsident Bouteflika von Genf nach Algier geflogen Bild: Reuters/D. Balibouse

Aus Protest gegen Bouteflika begann am Morgen in der Hauptstadt Algier ein Generalstreik. Der gesamte öffentliche Nahverkehr und die Bahnverbindungen ruhten, die meisten Gymnasien blieben geschlossen ebenso wie die meisten Läden im Hauptgeschäftsviertel und zwei einfachen Wohnvierteln. Ganze Straßenzüge waren menschenleer. Auch große staatliche sowie private Unternehmen des Landes waren von dem Ausstand betroffen, wie algerische Medien und Aktivisten in den sozialen Medien meldeten. So schlossen sich mit dem Mischkonzern Cevital und dem staatlichen Ölunternehmen Sonatrach zwei wichtige Firmen dem Ausstand an. Dagegen wurde in den Ämtern normal gearbeitet.

Mit algerischen Flaggen in der Hand protestieren diese Studenten in der Hauptstadt Algiers gegen den greisen Präsidenten (Foto: Reuters/Z. Bensemra)
Mit algerischen Flaggen versehen protestieren diese Studenten in Algier gegen den greisen PräsidentenBild: Reuters/Z. Bensemra

In Oran, der zweitgrößten Stadt des Landes, herrschte anders als in Algier im Geschäftsviertel und dem stark besuchten Bastille-Markt normaler Betrieb, in der drittgrößten Stadt Constantine war nur etwa die Hälfte der Geschäfte offen, während in der viertgrößten Stadt Annaba alle Behörden und Geschäfte dem Streikaufruf gefolgt waren. In der gleichnamigen Provinz befanden sich die Rathaus-Mitarbeiter von zwölf Gemeinden im Ausstand. In Béjaia, einem der urbanen Zentren der Kabylei, sei das öffentliche Leben "völlig zum Erliegen gekommen", berichtete ein Gewerkschaftsvertreter.

Die Studentendemo in der algerischen Hauptstadt noch einmal aus einer anderen Perspektive  (Foto: Reuters/R. Boudina)
Die Studentendemo in der algerischen Hauptstadt noch einmal aus einer anderen Perspektive Bild: Reuters/R. Boudina

Eine zentrale Rolle im Ringen um Bouteflikas Rolle spielt das Militär, eine der wichtigsten Machtsäulen im Land. Stabschef Ahmed Gaid Salah würdigte in einer Rede die "Einheit von Armee und Volk", machte aber keine Anzeichen, dass das Militär von Bouteflika abrückt. Um den Protesten Einhalt zu gebieten, ordnete die Regierung überraschend an, die Frühlingsferien auf Sonntag vorzuziehen und auf fast vier Wochen zu verlängern. 

sti/hk (afp, dpa, rtr)