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Ai Weiwei erinnert an verschwundene Studenten

13. April 2019

Eine Million Legosteine gegen das Vergessen: Der chinesische Künstler Ai Weiwei stellt in Mexiko ein Kunstwerk vor, das 43 verschwundenen Studenten ein Denkmal setzt. Damit legt er den Finger in die Wunde der Nation.

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Mexiko Ausstellung von Ai Weiwei
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/El Universal

Mit vielen bunten Legosteinen hat der im Berliner Exil lebende Künstler Ai Weiwei die Gesichter der 43 jungen Männer aus Ayotzinapa nachgebildet, die seit einem Polizeieinsatz vor fast fünf Jahren als vermisst gelten. Das Wandbildnis befindet sich in der Ausstellung "Restablecer memorias" (Erinnerungen wiederherstellen), die an diesem Samstag im Universitätsmuseum für zeitgenössische Kunst (MUAC) in Mexiko-Stadt eröffnet wird.

Mit seinem Kunstwerk will Ai Weiwei an die Opfer der Gewalttat erinnern. "Die Selbsterkenntnis liegt in der Erinnerung begründet", sagte der 61-Jährige. "Die Leere ist eine Beleidigung gegen die Würde des menschlichen Wesens und kann der Ursprung von Wut und Gewalt sein." Begleitet wird das Wandbild von einer Videoinstallation mit Interviews von Angehörigen, Polizisten und Beamten.

Mexiko Ausstellung von Ai Weiwei
Die Porträts der Studenten bildete Ai Weiwei mit vielen farbigen LegosteinenBild: picture-alliance/dpa/NOTIMEX/A. Rocha

Hintergründe noch immer ungeklärt

Die Entführung der Studenten hatte auf der ganzen Welt einen Sturm der Empörung ausgelöst. Die 43 Studenten eines als links geltenden Lehrerseminars im südmexikanischen Ayotzinapa waren im September 2014 verschwunden, als sie zu einer Demonstration nach Mexiko-Stadt reisen wollten. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wurde die Gruppe im Süden des Bundesstaates Guerrero von korrupten Polizisten verschleppt und an die Drogenbande Guerreros Unidos ausgeliefert. Bandenmitglieder sollen sie für Angehörige eines verfeindeten Kartells gehalten, auf einer Müllkippe ermordet und ihre Leichen dann verbrannt haben.

Unabhängige Experten der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte zweifeln an den Ergebnissen der offiziellen Ermittlungen, die von Schlamperei und Vertuschungsversuchen gekennzeichnet waren. Die Regierung wurde wegen der schleppenden Aufarbeitung des Falls international kritisiert. Kritiker sehen zudem eine Verstrickung von Staat und organisierter Kriminalität.

Als Mensch betroffen

Bei der Eröffnung sagte Ai, das Thema habe ihn nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch bewegt. "Wenn du hörst, dass jemand verletzt wird, dass der Junge deines Nachbarn niemals wiederkommt, und nach vier Jahren hat die Regierung die Sache immer noch nicht abgeschlossen - was für eine Regierung ist das dann? In was für einer Gesellschaft leben wir?"

Ai hatte sich in seinem Heimatland China wiederholt kritisch zur Regierung positioniert und saß deshalb zwischenzeitlich im Gefängnis. Zu seiner Materialwahl für das jüngste Kunstwerk sagte er, er habe Lego stets als "demokratisches" Medium verstanden. "Jeder kann es verwenden, jeder erkennt es", sagte der Künstler. Außerdem gefalle ihm, dass die einzelnen Steine seiner Porträts an Computerpixel erinnerten.

kle/mak (dpa, afp, rtre)