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Rede und Antwort

Habib Husseinifard14. März 2012

Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes musste ein Präsident dem Parlament Rede und Antwort stehen. Abgeordnete warfen ihm Missmanagement und mangelnden Respekt gegenüber dem religiösen Führer vor.

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Präsident Ahmadinedschad bei einer Veranstaltung in Teheran (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Befragung des iranischen Präsidenten war seit Monaten vorbereitet und bereits mehrfach verschoben worden. Während einige Abgeordnete den persönlichen Auftritt des Präsidenten für erforderlich hielten, befürchten andere, dass er ihn zu provokanten Aussagen nutzen und so dem Establishment Schaden zufügen könnte. Am Mittwoch (14.03.2012) war es dann doch soweit: Zum ersten Mal in der Geschichte des Iran musste sich ein Präsident persönlich der Befragung durch das Parlament stellen.

Der Auftritt Ahmadinedschads war bis zum letzten Tag umstritten. Regierungsnahe Abgeordnete und ein großer Teil des Parlamentsleitung hatten alles versucht, um die Befragung zu verhindern oder sie zumindest in eine normale und "freundliche" Sitzung der Parlamentarier mit Ahmadinedschad zu verwandeln. Aber weil die zweite Runde der Parlamentswahl bevorsteht, wollten einige Abgeordnete mit Blick auf Wählerstimmen gegenüber der Regierung Härte zeigen. Sie wollten sich nicht erneut dem Vorwurf ausgesetzt sehen, sie hätten der Regierung gegenüber kapituliert. 

Kein Geld für die U-Bahn

Die Abgeordneten rügten vor allem die Wirtschaftspolitik Präsident Ahmadineschads. Sie warfen ihm Misswirtschaft vor. Zur Sprache kam auch die Weigerung seiner Regierung, ein neues Budget für den Ausbau der Teheraner U-Bahn zur Verfügung zu stellen. Mit seiner Entscheidung, Subventionen für Essen und Benzin zu streichen, habe Irans Präsident die hohe Inflation im Land ausgelöst. Auch verschwende er unnötig Staatsgelder mit Hilfen für die Armen.

Darüber hinaus ging es auch um ideologische Fragen. Kritiker werfen Ahmadinedschads Regierung vor, sie leiste dem obersten religiösen Führer Ayatollah Ali Khamenei nicht genug Gefolgschaft. Besonders sein tagelanger Widerstand gegen die Entscheidung  Khameneis im April 2011, die Entlassung des Geheimdienstministers Heydar Moslehi rückgängig zu machen, war und ist für viele Parlamentarier inakzeptabel. Diese Abgeordneten sind auch der Meinung, die Regierung unterstütze die religiösen Vorschriften zur Frauenbekleidung nur halbherzig. Hinzu kommt, dass enge Berater des Präsidenten im Verdacht stehen, die religiöse Dimension des Staates zu untergraben und stattdessen einen säkularen Nationalismus zu fördern.

Der Abgeordnete Ali Motahari (Foto: ISNA)
Der Abgeordnete Ali Motahari, einer der schärfsten Gegner des Präsidenten, verlas die Fragen der Abgeordneten.Bild: ISNA

Ahmadinedschad ganz locker

Bei seinem Auftritt im Parlament gab sich Ahmadinedschad selbstsicher. Er begegnete den Fragen der Parlamentarier mit herablassendem Ton und saloppen Äußerungen. Der Präsident belächelte die Abgeordneten wegen ihrer "inkompetenten Fragestellungen". Mit dieser lässigen Haltung wies er auch alle Vorwürfe gegen sich oder seinen Regierungskurs zurück.  Er bekräftigte seine volle Gefolgschaft gegenüber Ayatollah Khamenei und behauptete, der Regierung fehle das Geld, um beim Ausbau der Teheraner U-Bahn finanzielle Hilfe zu leisten.

Obwohl weniger Fragen gestellt wurden als zunächst geplant war, betrachteten viele Abgeordnete diese Anhörung als großen Erfolg in der Geschichte des Parlaments. Dennoch waren sie von dem Ton und der Sturheit des Präsidenten so aufgebracht,  dass der Parlamentsvorsitzende sich nach Ahmadinedschads Rede gezwungen sah, den Abgeordneten außerplanmäßig Zeit zu geben, ihrer Empörung Luft zu machen. Vor dem Parlament kam es zu Streit und Handgemenge zwischen Anhängern und Gegnern von Ahmadinedschad.

Die jetzige Legislaturperiode geht bald zu Ende. Im Juni wird das am 02.03.2012 neu gewählte Parlament zusammentreten. Präsident Ahmadinedschad muss nach dieser Anhörung nicht mehr fürchten, dass das jetzige Parlament ein Amtsenhebungsverfahren gegen ihn einleitet, welches ihm seit einiger Zeit gedroht hatte.