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Afrikas Stimmen ins Netz!

Anne Le Touzé17. Februar 2014

In Afrika werden 2100 Sprachen gesprochen. Das ist fast ein Drittel aller Sprachen weltweit. Im Internet sind aber nur die wenigsten afrikanischen Sprachen vertreten. Soziale Netzwerke sollen sie jetzt voran bringen.

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Internet in Entwicklungsländern
Bild: imago stock&people

Zurzeit ist Boukary Konaté der Einzige, der in seiner Muttersprache Bambara twittert. Diese Sprache – auch "Bamanankan" genannt – wird von etwa vier Millionen Menschen in Westafrika gesprochen, im Netz ist sie dagegen quasi unsichtbar. Gerade mal 412 Artikel findet man auf Bambara im Online-Lexikon Wikipedia. Zum Vergleich: Allein aus dem deutschsprachigen Raum gibt es 1,6 Millionen Einträge.

Internet mag keine Sonderzeichen

"Viele Menschen würden gerne mitmachen, aber diese Sprache hat viele Sonderzeichen, die auf normalen Tastaturen nicht vorhanden sind", erklärt Konaté, dessen zweisprachiges Blog Fasokan ("Sprache des Landes") bei den Bobs 2012, dem DW-Award für Online-Aktivismus, prämiert wurde. "Technische Hürden sind in der Tat ein Problem", bestätigt Daniel Prado, Exekutivsekretär des internationalen Netzwerks für Sprachenvielfalt "Maaya". Ursprünglich war das Internet ein westliches Medium. "Im Laufe der Jahre hat zwar die Sprachenvielfalt online zugenommen, heute sind aber nur 400 bis 500 Sprachen vertreten – von mehr als 7000 weltweit!"

Cybercafe in Lagos Nigeria
Wie viele von diesen Internet-Café-Besuchern in Lagos, Nigeria, schreiben in ihrer Muttersprache?Bild: DW/S. Olukoya

Open Source-Softwarelösungen könnten inzwischen zwar das Sonderzeichenproblem beheben. Eine weitere Hürde sei es aber, dass viele afrikanische Sprachen traditionell mündlich überliefert werden, erklärt Prado. Ihnen fehlten oftmals "vorexistierende schriftliche Inhalte", die digitalisiert werden könnten. "Jetzt, wo das Internet multimedial geworden ist, haben diese Sprachen eine bessere Chance."

Multimedial und sozial

Auch Boukary Konaté schätzt die Multimedialität im Netz: "Video ist förderlich, weil man darauf Leute sprechen hört und ihnen beim Sprechen zusehen kann", findet er. Alle Informations- und Kommunikationstechnologien seien letztendlich gut zur Förderung von Sprachen. In den sozialen Netzwerken könnten Muttersprachler aus unterschiedlichen Ländern in einer gemeinsamen Sprache kommunizieren. "Es schafft einen Austausch von Erfahrungen, Kulturen und Traditionen."

DW BOBs-Gewinner Boukary Konaté aus Mali
Boukary Konaté, Preisträger The Bobs 2012 „Spezialpreis Education & Culture“, möchte seine Muttersprache Bambara fördernBild: DW

Das größte soziale Netzwerk Facebook ist inzwischen der beliebteste Ort für einen solchen Austausch. Die meistgesprochene Sprache Afrikas, Hausa mit 30 Millionen Muttersprachlern vor allem in Nigeria und Niger, hat zwar nur wenige statische Webseiten, Facebookseiten auf Hausa ziehen aber mehrere Hunderttausend Fans an. Bei der kleineren Sprachgemeinschaft "Eton" im Kamerun, die nur 250.000 Muttersprachler zählt, nutzen junge Mitglieder die soziale Plattform als virtuellen Treffpunkt. "Es ist nie zu spät für eine Sprache, sich einen Platz im Internet zu verschaffen. Es ist vor allem eine Frage des Willens einer Gemeinschaft", meint Daniel Prado.

Dieses Gemeinschaftgefühl versucht der amerikanische Forscher Kevin Scannell von der St Louis University zu fördern. Auf der Seite "Indigenous Tweets" hat er 157 indigene Sprachen aus der ganzen Welt gelistet. Darunter sind mehr als 30 afrikanische Sprachen: Neben Bambara findet man Lingála, das in der Demokratischen Republik Kongo gesprochen wird, oder aber die namibische Sprache Oshiwambo. Mit Indigenous Tweets möchte Scannell Mitglieder einer Sprachgemeinschaft zum Mitmachen animieren. Jeder kann sich auf der Seite registrieren, wenn er in einer seltenen Sprache tweetet.

Symbolbild Soziale Medien Social Media Facebook
Soziale Netzwerke sind auch in Afrika wichtige KommunikationswegeBild: picture-alliance/dpa

Zukunftsmarkt Afrika

Natürlich ist ein guter Zugang zum Internet eine Voraussetzung für den virtuellen Austausch. Gerade in diesem Bereich holt Afrika seit einiger Zeit durch den Ausbau von Glasfaser- und vor allem mobilen Netzen auf. Hohe Verbindungskosten sollen auch bald Vergangenheit sein: Gesponsert von Schwergewichten aus der Internet-Industrie hat eine weltweite "Allianz für ein erschwingliches Internet" ein Riesenprojekt im Oktober 2013 gestartet, um die Zugangskosten auf maximal fünf Prozent des monatlichen Einkommens zu reduzieren. Afrika hat dabei Vorrang.

Symbolbild - Handys in Afrika
Bild: Getty Images

Google ist einer der großen Geldgeber für das Projekt. Der US-amerikanische Internetriese interessiert sich neuerdings immer mehr für afrikanische Länder. Auf seiner Suchmaschine sind inzwischen Anfragen in 31 afrikanischen Sprachen möglich. Und seit Dezember 2013 zählen Somali und Zulu, sowie die drei Hauptsprachen Nigerias, Hausa, Igbo und Yoruba, zu den 80 Sprachen des automatischen Übersetzungstools, zusätzlich zu Afrikaans und Kisuaheli. "Große Unternehmen erkennen das Marktpotential dieser Sprachen", freut sich Daniel Prado vom Netzwerk Maaya.

Politisches Engagement gefragt

Sprachen mit weniger wirtschaftlichem Potenzial brauchen jedoch "einen starken politischen Willen und viel Geld". Genau das aber vermisst Boukary Konaté in Mali: "Es gibt Geld. Aber in Afrika ist es leider so, dass Initiativen zu wenig unterstützt werden, auch wenn sie gut sind", bedauert er.

Der Blogger will nicht darauf warten, dass die malische Regierung den digitalen Einstieg der 13 Landessprachen irgendwann mal angeht. Für den Internationalen Tag der Muttersprachen am 21. Februar wird er auf Twitter eine Live-Berichterstattung der offiziellen Events machen, "um sich mit Menschen außerhalb des Landes über Sprache und Kultur auszutauschen". Auf Französisch und Englisch, aber vor allem auf Bambara.