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Politik

Afrika: weiße Flecken beim Datenschutz

Daniel Pelz
18. Dezember 2019

Viele Afrikaner überweisen Geld per Handy, buchen Fahrten bei Uber, chatten auf Social Media-Plattformen. Mit den Daten können die Anbieter oft machen was sie wollen, weil es kaum Datenschutzgesetze gibt.

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Social Media-Nutzung in Afrika
Bild: AFP/Getty Images/P. Utomi Ekpei

Wer es in Kenia mit dem Datenschutz nicht so genau nimmt, kann dafür künftig hinter Gittern landen. Zwei Jahre Haft oder bis zu 26.000 Euro Geldstrafe sieht das neue Datenschutzgesetz für diese Fälle vor. Seit Anfang November ist es in Kraft, Vorbild ist die Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) der Europäischen Union. "Beim Datenschutz ist Kenia nun Teil der internationalen Gemeinschaft geworden", lobte Informationsminister Joe Muchuru.

Andere Länder wollen nachziehen. "In den nächsten 20, 30 Jahren wird es mehr Internetnutzer in Afrika geben als in Europa und Amerika zusammen", sagte Gambias Informationsminister Ebrima Sillah auf dem UN-Internetforum im November. Immer mehr Afrikaner nutzen mobile Geldtransfers wie Mpesa, buchen Flugtickets online, verschicken WhatsApp-Nachrichten. Dabei entstehen riesige Datenmengen - mit denen Internetfirmen machen können, was sie wollen. "Wir machen uns große Sorgen, wer unsere Daten nutzt und wofür", so Sillah. 

Nur "Inseln der Regulierung"

Denn in den meisten Ländern gibt es keine Kontrollen. "Es gibt in Afrika nur einige Inseln der Regulierung", sagt Leishen Pillay, Datenschutz-Experte der Consultingfirma Deloitte in Südafrika. Es sind kleine Inseln: Weniger als die Hälfte der afrikanischen Länder haben Datenschutzgesetze. Einheitliche Standards - wie die DGSVO in der Europäischen Union - gibt es auf dem Kontinent nicht. "Das wäre die Wunderwaffe für den Datenschutz", so Pillay zur DW. 2014 beschloss die Afrikanische Union eine Datenschutz-Konvention. Die ist aber noch längst nicht in Kraft, weil sie gerade mal fünf Mitgliedsländer ratifiziert haben.

Social Media-Nutzung in Afrika
Viele User wissen nicht, wie ihre Daten genutzt werdenBild: AFP/Getty Images/I. Sanogo

Regeln sind ohnehin nur ein Teil der Lösung. "Wir sehen seit einigen Jahren eine wachsende Bereitschaft, Gesetze zu verabschieden. Doch die Umsetzung ist eine andere Geschichte", sagt Cécile Barayre, Datenschutzexpertin bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Nur neun afrikanische Länder haben laut UNCTAD überhaupt Behörden, die über den Datenschutz wachen.

2017 stellte Deloitte in einem Bericht fest, dass Länder wie Südafrika, Kap Verden, Madagaskar, Mali oder Südafrika die entsprechenden Gesetze nur "minimal" anwenden. Ghana und Mauritius schnitten besser ab. In vielen Ländern sind die zuständigen Behörden noch im Aufbau, oft fehlt es an qualifiziertem Personal, das Wissen über den Datenschutz ist gering. "Für viele Entscheidungsträger und Regierungen ist es immer noch schwierig zu verstehen, welche Revolution die Digitalisierung bedeutet", so UNCTAD-Expertin Barayre zur DW.

Mehr Überwachung durch mehr Datenschutz

Doch mehr Datenschutz kann auch Gefahren bedeuten. "Viele Regierungen erkennen, dass es einen Hunger nach mehr Datenschutz gibt und wollen diesen Hunger für ihre Zwecke nutzen", sagt Allie Funk von der US-Menschenrechtsorganisation Freedom House. Gerade autoritäre Regime verfolgen nur zu gern, was kritische Journalisten, Oppositionspolitiker oder Menschenrechtsaktivisten im Netz so treiben.

Simbabwe Harare | Demonstration & Ausschreitungen | Movement for Democratic Change
Demonstranten in Simbabwes Hauptstadt Harare. Durch Datenschutzgesetze könnten User besser überwacht werdenBild: Reuters/P. Bulawayo

Ironischerweise wird das durch Datenschutzgesetze manchmal noch einfacher. Zum Beispiel wenn die Regeln beinhalten, dass Daten nur im Land selbst gespeichert werden dürfen und für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt werden müssen. "Solche Gesetze erleichtern es Regierungen, auf Daten zuzugreifen, statt die Daten zu schützen", kritisiert Funk im DW-Interview.

Alle Macht den Usern?

Gerade das kenianische Datenschutzgesetz beobachten die Experten von Freedom House mit großem Interesse. Viele Vorschriften darin seien sinnvoll, sagt Funk. Aber es komme auf die Umsetzung an. "Wir sehen in Kenia gerade auch einen besorgniserregenden Trend, den Cyberspace stärker zu überwachen", sagt sie.

Letztlich gibt es für sie aber nur einen wirksamen Schutz: Die User selbst müssen die Kontrolle darüber haben, was wo über sie gespeichert wird - und im Zweifelsfall verlangen dürfen, dass diese Daten gelöscht werden.