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Frauenrechte in Afghanistan

Zack Baddorf/ads14. September 2012

Ihre Töchter nutzen iPad und Facebook. Sie selbst hat Mut und einen großen Traum: Die afghanische Abgeordnete Fawzia Koofi will 2014 zur Präsidentin gewählt werden. Die Taliban drohen ihr dafür mit dem Tod.

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Die afghanische Frauenrechtlerin und Abgeordnete Fawzia Koofi (Foto: JOHANNES EISELE/AFP/GettyImages)
Die afghanischen Frauenrechtlerin und Abgeordnete Fawzia KoofiBild: Getty Images

Als die Taliban an der Macht waren, träumte sie davon, in Kabul ohne Burka auf die Straße zu gehen. Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen: Seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 habe sich in Afghanistan vieles verändert - gerade auch für das Leben von Frauen und Mädchen, sagt die Frauenrechtlerin und Politikerin Fawzia Koofi: "Heute nehmen Frauen an verschiedenen sozialen Aktivitäten teil - und sind sogar im Parlament vertreten."

Fawzia Koofi hat es selbst ins afghanische Parlament geschafft. Ihr Hauptanliegen: Sie möchte, dass ihre beiden Töchter und alle anderen afghanischen Mädchen und Frauen die Chance auf ein besseres Leben haben. "Meine Töchter kämpfen dafür, auf die beste Schule Kabuls zu gehen, sie haben iPads und Laptops und nutzen Facebook", sagt Koofi. Für sie selbst sei es unter der Taliban-Herrschaft schon eine Seltenheit gewesen, einen Stift oder ein Buch nutzen zu dürfen.

Heute besuchen etwa 2,7 Millionen Mädchen die Schule in Afghanistan - unter den Taliban waren es nur knapp 5000. Bildung ist für Frauen nicht nur auf sozialer Ebene zentral, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht, betont die Abgeordnete im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Denn wenn du finanziell unabhängig bist, kannst du auch ein wichtiger Entscheidungsträger in der Familie sein."

"Ich bin eines der Lieblingsziele der Taliban"

Koofi ist davon überzeugt, dass Frauen auch eine zentrale Rolle spielen für den Frieden in Afghanistan. "Der einzige Weg, um das Land zu befrieden und zu stabilisieren ist neue Akteure nach vorne zu bringen und neue Generationen, die sie unterstützen." Die Politikerin musste selber gegen harte Widerstände kämpfen. Sie stammt aus einem abgelegenen Dorf in der afghanischen Provinz Badachschan, in der Nähe der Grenze zu China und Tadschikistan. "Es gab dort weder einen Arzt, noch eine Hebamme. Meine Mutter war völlig erschöpft, ich war ihr letztes Kind", sagt Koofi. "Sie hatte sich kein weiteres Mädchen gewünscht - damit nicht noch jemand als Frau so viel leidet wie sie."

Frauen aus dem Dorf hatten das Neugeborene damals in Kleider eingewickelt und einfach in der Sonne liegen gelassen, ohne sich darum zu kümmern, ob es überlebte oder nicht. Erst einen Tag später haben sie das schreiende und sonnenverbrannte Baby wieder zu seiner Mutter gebracht. Es war der Anfang einer sehr engen Mutter-Tochter-Beziehung.

Heute kämpft Fawzia Koofi für die Gleichberechtigung der Frauen - doch die Taliban drohen ihr mit dem Tod. Sie sei sich dessen bewusst, dass es ihnen eines Tages gelingen könnte, sie umzubringen: "Ich wurde schon oft von den Taliban angegriffen - ich denke, ich bin eines ihrer Lieblingsziele. Aber das bringt mich nicht davon ab weiterzukämpfen." Diese mutige Haltung teile sie mit allen anderen Frauenrechtlerinnen in Afghanistan, betont die Politikerin.

Eine Frau in einer Burka geht an einem Graffiti in Kabul vorbei: "Freiheit" steht auf einer Mauer geschrieben (Foto: AP)
"Durch ein kleines Fenster blickten wir in die weite Welt hinaus", erinnert sich Fawzia Koofi an die Zeit, als Frauen nur unter der Burka auf die Straße durftenBild: dapd

Internationale Truppen weiter notwendig

Doch sie fürchtet sich vor einer "Talibanisierung" des Landes, zu der es kommen könnte, "wenn über die demokratischen Werte, die man nach 2001 erreicht hat", wieder verhandelt werde. Sie ermahnt die internationalen Truppen, das Land nicht voreilig zu verlassen: "Sie sind mit einer Mission nach Afghanistan gekommen, und diese Mission war dafür zu sorgen, dass das Land sicher ist und nicht eine Bedrohung für den Rest der Welt darstellt. Lassen Sie uns zusammenarbeiten um sicherzugehen, dass Afghanistan ein sicheres Land ist und nicht mehr ein sicherer Hafen für den Terrorismus."

Die Frauenrechtlerin sagt, sie wolle alles dafür tun, dass die Demokratie in Afghanistan überlebt. Deshalb plant sie auch, 2014 als Präsidentschaftskandidatin im Wahlkampf anzutreten. Für die Zukunft wünsche sie sich ein Afghanistan, "in dem Mädchen unbeschwert zur Schule gehen und in ihrem eigenen Land Ärztinnen und Ingenieurinnen werden können."