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Affentheater am Affenfelsen

Steffen Leidel8. November 2002

Gibraltar will britisch bleiben. In einem Referendum sprach sich die große Mehrheit dafür aus. Eine geteilte Souveränität, wie sie Großbritannien und Spanien angeblich anstreben, kommt am „Affenfelsen“ nicht in Frage.

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Britische Kronkolonie: GibraltarBild: AP

Es sind die Berberaffen von der Art "Macaca Sylvanus", die Gibraltar den Namen Affenfelsen eingebracht haben. Sie sind die einzigen freilebenden Affen Europas und eine der Hauptattraktionen der britschen Enklave. Nicht nur deshalb werden sie liebevoll gepflegt. Es hält sich der Aberglaube, dass die Briten Gibraltar verlieren, sobald keine Affen mehr dort leben.

Eigentlich sind die Affen zutrauliche Tiere, doch sie fangen an, plötzlich zu kratzen und zu beißen, wenn man in ihr Territorium eindringt. Das ist ein bisschen so wie bei den menschlichen Bewohnern. Sie werden giftig, sobald jemand den Status von Gibraltar in Frage stellt.

Jahrzehntelanger Streit

"Gibraltar ist und bleibt britisch!" - so die Meinung der großen Mehrheit der Bewohner. Das hat auch das Referendum bestätigt, zu dem die Regierung aufgerufen hat. Die Frage, die zu beantworten war, lautete: "Wollen Sie, dass sich Großbritannien und Spanien die Souveränität über Gibraltar künftig teilen?" Die unmissverständliche Antwort der Kolonie-Bewohner an der Südspitze der iberischen Halbinsel: 98,97 Prozent der Wähler stimmten mit "Nein".

Schon im Vorfeld des Referendums war sich Peter Carauna, der Regierungschef der Enklave, sicher, dass die Entscheidung so ausfallen würde. Er und viele Bewohner fühlen sich von der britischen Regierung hintergangen. "Großbritannien ist bereit, ohne unsere Zustimmung politische Abkommen über Souveränität zu schließen", schimpft Carauna. Das verstoße aber gegen die Verfassung von 1969, wonach London die Souveränität der Enklave nicht ohne die Mitbestimmung der Bevölkerung an eine fremde Regierung übergeben darf.

Gibraltar als Nato-Seebasis

Affe Gibraltar
Berberaffe oder MagotBild: dpa

Der Ärger begann mit Äußerungen des britischen Europaministers, Peter Hain, der im Juli der spanischen Zeitung "El País" verkündete, mit Spanien eine "geteilte Souveränität" über Gibraltar anzustreben. Zusätzlich angeheizt wurde die Diskussion vom britischen Regierungschef Tony Blair persönlich. Der kündigte an, das strategisch wichtige Gibraltar als Nato-Seebasis nutzen zu wollen. Das würde bedeuten, dass auch das Nato-Mitglied Spanien Zugang zum Tiefseehafen und Luftwaffenstützpunkt bekäme. Spanien strebt nach wie vor an, Gibraltar - vor 300 Jahren im Erbfolgekrieg verloren – zurückzugewinnen. Seit Anfang des Jahres hatten die spanische und britische Regierung versucht, sich nach jahrezehntelangem Streit auf einen Kompromiss zu einigen.

Zornige Töne aus London und Madrid

Die "geteilte Souveränität" schien eine Lösung zu sein. Doch ein offizielles Abkommen dazu existiert bislang nicht. Aus dieser Perspektive betrachtet erscheint das Referendum etwas eigenartig. Die Rüge aus London ließ denn auch nicht lange auf sich warten: Außenminister Jack Straw teilte zornig mit, dass London das Referendum nicht anerkennen werde. Seine spanische Kollegin, Ana Palacio, nannte die Abstimmung "höchst theoretisch und virtuell".

Das Referendum kann vermutlich die Pläne einer geteilten Souveränität kaum verhindern. Ob die überhaupt kommt, ist aber aus anderen Gründen unklar. Die letzten Verhandlungen zwischen Spanien und Großbritannien fanden Ende September statt, ein neuer Termin wurde überraschend nicht festgesetzt. Es wird vermutet, dass wichtige Fragen immer noch strittig sind.