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Politik

AfD müht sich um Einigkeit

30. Juni 2018

Begleitet von Protesten hat in Augsburg der Parteitag der AfD begonnen. Die Spitze der rechtsgerichteten Partei will dabei nicht zuletzt Geschlossenheit demonstrieren. Für Irritationen sorgte Fraktionschefin Weidel.

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Auf allen Monitoren: AfD-Chef Alexander Gauland bei seiner Rede zur Eröffnung des Parteitags in Augsburg (Foto: DW/K. A. Scholz)
Auf allen Monitoren: AfD-Chef Alexander Gauland bei seiner Rede zur Eröffnung des Parteitags in AugsburgBild: DW/K. A. Scholz

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland sagte in seiner Eröffnungsrede, dass die beim EU-Gipfel vereinbarte Verschärfung der Asylpolitik eine "totale Luftnummer" sei. Die Beschlüsse seien nichts wert und führten nur in eine weitere "Warteschleife", so Gauland in der Schwabenhalle in Augsburg. CSU-Chef Horst Seehofer bleibe noch eine Chance, sich um Deutschland verdient zu machen, indem er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stürze. Gauland erklärte unter dem Jubel der knapp 500 Delegierten: "Merkel fällt, egal wie lange sie noch mit den Armen rudert." Doch der Slogan "Merkel muss weg" sei nicht ausreichend. Weg müsse "ein ganzer Apparat, ein ganzes System". Gauland verglich die aktuelle politische Situation mit dem Niedergang der DDR im Jahr 1989. Er warnte vor einem "Bevölkerungsaustausch" durch die Aufnahme von Asylbewerbern.

Mehrere intern strittige Themen  

Die rechtspopulistische Partei liegt in Umfragen derzeit bundesweit bei etwa 14 Prozent. Bei ihrem zweitägigen Treffen will die AfD auch einige intern strittige Themen anpacken. So sollen Mitglieder für das AfD-Bundesschiedsgericht gewählt werden. Das Gremium entscheidet darüber, wie radikal sich ein AfD-Mitglied äußern kann, ohne aus der Partei ausgeschlossen zu werden. Allerdings hatte es im Bundesvorstand zuletzt ohnehin kaum noch Widerstand gegen den rechtsnationalen Flügel um den Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke gegeben.

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland und die Co-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel (Foto: Reuters/M. Rehle)
Sichtlich guter Dinge: Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland und die Co-Fraktionschefin im Bundestag, Alice WeidelBild: Reuters/M. Rehle

Grünes Licht für Stiftung

Nach langem Streit hat nun auch die AfD eine parteinahe Stiftung: Der Augsburger Parteitag erteilte am Samstagabend der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) den Zuschlag. Die Delegierten sprachen sich zugleich dafür aus, sie in Gustav-Stresemann-Stiftung umzubenennen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Geleitet wird die neue AfD-nahe Stiftung von der früheren CDU-Politikerin Erika Steinbach.

Mit der Anerkennung einer parteinahen Stiftung winkt der AfD ein hoher zweistelliger Millionenbetrag pro Jahr. Zudem können private Geldgeber über die Stiftung die Partei unterstützen, ohne als offizielle AfD-Spender aufzutauchen.

Vor allem das wirtschaftsliberale Lager um Fraktionschefin Alice Weidel hatte sich für die Stiftung stark gemacht, die nach dem niederländischen Gelehrten Erasmus von Rotterdam benannt ist. Der Namensgeber gilt als bedeutender Vertreter des europäischen Humanismus, der im 15. und 16. Jahrhundert in vielen Städten Europas seine Lehren verbreitete. Er ist auch Namensgeber des Erasmus-Bildungsprogramms der Europäischen Union.

Rentenkonzept präsentiert

Co-Parteichef Jörg Meuthen stellte zudem ein Rentenkonzept vor, was der AfD noch fehlt. Er machte sich vor allem für eine Wende in der Altersvorsorge hin zu größtmöglicher Eigenverantwortung stark. Diese müsse einhergehen mit einem Umbruch im Steuersystem und der deutlich höheren Besteuerung von "Luxuskonsum", sagte Meuthen. Er sprach von einer "geradezu himmelschreienden Steuerwelt, in der die Klassengesellschaft zementiert wird".

Das "zwangsfinanzierte Umlagesystem" in der Rente sei nicht zukunftsfähig, sagte Meuthen in seiner Rede. Millionen Menschen gerade in Ostdeutschland erhielten Renten im Bereich der Grundsicherung, obwohl sie jahrzehntelang gearbeitet und eingezahlt hätten. Der AfD-Chef plädierte dafür, "die Menschen Schritt für Schritt in eine selbstgewählte freie Form ihrer Altersvorsorge zu entlassen". Wer das nicht schaffe, für den solle der Staat aus Steuermitteln aufkommen.

Weidel schließt Koalition mit CSU nicht aus

Breiten Raum dürfte die Flüchtlings- und Asylpolitik einnehmen. Dabei wird sich zeigen, wie die AfD den harten Kurs der bayerischen Regierungspartei CSU kontern will. Einige Delegierte zeigten sich am Rande der Veranstaltung irritiert von Äußerungen der Co-Chefin der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel. Sie hatte eine Koalition mit der CSU nach der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober nicht ausgeschlossen. "Wenn ein Koalitionsvertrag unsere Inhalte abbildet, halte ich das für möglich. Das entscheidet aber die künftige Landtagsfraktion", sagte Weidel den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. AfD-Bundesvorstandsmitglied Andreas Kalbitz sagte: "Ob das geschickt ist, darüber kann man streiten." Vielleicht habe Weidel schon "zwei Schritte vorwärts gedacht". Der Chef der Landtagsfraktion in Brandenburg erklärte: "Ich denke, dass sich diese Frage gerade vor den Landtagswahlen in Bayern nicht stellt." 

Zwei Protestzüge

Rund 5000 Demonstranten haben in Augsburg nach Polizeiangaben ihren Protest gegen den AfD-Bundesparteitag zum Ausdruck gebracht. Am Augsburger Königsplatz hatten sich am Mittag die Teilnehmer von zwei Protestzügen versammelt, danach waren sie zum Rathausplatz weitergezogen. Zuvor waren im Umfeld der Augsburger Messe, wo am Vormittag der zweitägige Parteitag begann, mehr als 2000 Menschen zusammengekommen, um mehrere Kilometer in die Innenstadt zu laufen. Dort hatte der DGB einen zweiten Zug organisiert. Die Polizei registrierte nur ein paar kleinere Zwischenfälle wie die Zündung einer Bengalo-Fackel und eine Straßenblockade. Zwei Demonstranten wurden durch den Einsatz von Pfefferspray leicht verletzt. Die befürchteten Krawalle von Linksextremisten blieben aus. Die Versammlungen liefen sehr ruhig ab, sagte Polizeisprecherin Katharina von Rönn.

Proteste gegen die Rechtspopulisten auf dem Messegelände in Augsburg (Foto: picture alliance/dpa/M. Balk)
Proteste gegen die Rechtspopulisten auf dem Messegelände in Augsburg Bild: picture alliance/dpa/M. Balk

Bei einer Kundgebung rief Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth zum Widerstand "gegen Hass und Hetze" auf. Zeitgleich zum Parteitag der Rechtspopulisten habe sich ein "buntes, vielfältiges, starkes Bündnis" zusammengetan, "das heute hier Gesicht zeigt", sagte die Grünen-Politikerin vor tausenden Menschen auf dem Rathausplatz. "Wir stehen zusammen für Demokratie, für den Rechtsstaat, für Artikel 1 des Grundgesetzes: die Menschenwürde ist unantastbar." Der AfD-Parteitag sei kein Spiel, sondern "ein Angriff auf die Grundlagen unserer Demokratie", auf Moral, Ethik und politischen Anstand und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, rief Roth. Sie warf den Rechtspopulisten "offenen Rassismus" vor. "Das lassen wir nicht zu", fügte die aus Augsburg stammende Grünen-Politikerin hinzu.

Auch der Münchner Ableger der islamkritischen Pegida-Bewegung hat eine Kundgebung in der Augsburger Innenstadt angemeldet. Um Ausschreitungen zu verhindern, ist die Polizei am Wochenende mit einem Großaufgebot von 2000 Einsatzkräften vor Ort.

sti/kle (dpa, afp, epd)