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Politik

AfD: Kein Rückenwind aus dem Osten

5. September 2019

Bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen konnten die Rechtspopulisten Rekordgewinne einfahren. Auf Bundesebene beflügelt das die AfD aber nicht. Das zeigt der aktuelle ARD-Deutschlandtrend.

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zerstoertes Wahlplakat der AFD
Bild: picture-alliance/blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde

Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg endeten mit deutlichen Einbußen und Rekordtiefständen für CDU, SPD und Linke, während AfD und Grüne erkennbar zulegten und neue Höchststände feiern konnten. Auf die aktuelle bundesweite Stimmung haben die beiden ostdeutschen Wahlen kurzfristig aber kaum Auswirkungen. Zu diesem Ergebnis kommt das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap in seinem aktuellen ARD-Deutschlandtrend.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden sich CDU, SPD und AfD im Vergleich zum August nur wenig verbessern. Die AfD käme demnach auf 15 Prozent der Wählerstimmen. Die CDU käme auf 27 Prozent und würde damit erstmals seit Mai wieder deutlich vor den Grünen liegen, die drei Prozentpunkte verlieren.

Infografik Sonntagsfrage De

Mit 23 Prozent der Stimmen wären die Grünen aber immer noch zweitstärkste Kraft. Zum Vergleich: Bei den Bundestagswahlen im September 2017 erreichten die Grünen nur acht Prozent und stellen aktuell die kleinste Fraktion im Bundestag.

Die Regierung verspricht viel …

Die große Koalition aus CDU, CSU und SPD hätte laut dieser Umfrage keine Mehrheit mehr im Bundestag. Ohnehin sind die Bürger mit der Regierung alles andere als zufrieden. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass die Bundesregierung in den Augen der Bürger viel verspricht, bei den Menschen aber bislang wenig ankommt. Diese Meinung teilen zumindest drei Viertel der Wahlberechtigten (74 Prozent), darunter vor allem die Anhänger der Oppositionsparteien, aber auch die Wähler von Union und SPD.

Wie im August vergeben zwei Drittel (67 Prozent) der Wahlberechtigten schlechte Noten an das Kabinett in Berlin. Lediglich ein gutes Drittel der Deutschen (33 Prozent) ist aktuell mit der Regierungsarbeit zufrieden.

Infografik Zufriedenheit mit der Regierung DE

Innerhalb der Koalition gibt es jedoch deutliche Unterschiede. Während die Regierungsarbeit der CDU von 62 Prozent der Bundesbürger als nicht zufriedenstellend beurteilt wird, sind es bei der CSU 67 Prozent und bei der SPD sogar 74 Prozent.

SPD dreht sich um sich selbst

Die Sozialdemokraten seien derzeit zu sehr mit Personalfragen beschäftigt, kritisieren die von infratest dimap befragten Bürger. Die Partei sucht derzeit einen neuen Vorsitzenden. Das Auswahlverfahren wird noch Monate dauern, weil die SPD ihre Mitglieder entscheiden lassen will. Das finden allerdings drei von vier Bundesbürgern richtig.

Parallel zur Suche nach einem neuen Chef will die SPD auch entscheiden, ob sie in der großen Koalition bleiben oder sie vorzeitig verlassen soll. Das fände die Mehrheit der Deutschen schlecht. Sechs von Zehn (61 Prozent) wünschen sich trotz aller Kritik eine Fortsetzung der Regierungsarbeit von Union und SPD über die gesamte Legislaturperiode, also bis Herbst 2021.

Angela Merkel weiterhin sehr beliebt

Offensichtlich setzen viele Bundesbürger in einem zunehmend instabilen Umfeld eher auf Kontinuität. Hierfür steht nicht zuletzt die Bundeskanzlerin. Angela Merkel (CDU) gilt bei 58 Prozent der Befragten als Garant, dass es Deutschland trotz internationaler Krisen gut geht. In der Liste der beliebtesten Politiker steht Merkel im Deutschlandtrend wieder auf Platz eins. Mit deutlichem Abstand folgen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf den Plätzen zwei und drei.

Weitaus weniger Zuspruch findet die CDU-Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Nur noch zwanzig Prozent der Befragten sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Das ist der schlechteste je erhobene Wert für AKK, wie sie auch genannt wird.

Klimawandel macht Angst

Am vergangenen Sonntag hatte infratest dimap die Wähler in Sachsen und Brandenburg auch zu ihren größten Sorgen befragt. Dabei standen die Themen Klimawandel und Zuwanderung ganz oben. Ähnlich lauten die Bedenken auf bundesweiter Ebene.

Infografik Sorgen der Deutschen

Drei Viertel der Bundesbürger (76 Prozent) äußern die Sorge, dass der Klimawandel die Lebensgrundlagen zerstört. Zuwanderungsaspekte werden bundesweit hingegen weniger häufig thematisiert als zuletzt in Brandenburg oder Sachsen.

Immerhin die Hälfte der Bundesbürger äußert allerdings sehr große beziehungsweise große Bedenken, dass der Einfluss des Islam in Deutschland zu groß wird und die deutsche Kultur und Sprache unter Druck geraten könnten. AfD-Anhänger haben zu 92 Prozent diese Befürchtung.

Die Gesellschaft driftet auseinander

Einen ähnlich hohen Stellenwert wie der Klimawandel nimmt bei den Deutschen gegenwärtig die Sorge vor einer abnehmenden Problemlösungs- und Kompromissfähigkeit der politischen Parteien ein. Drei von vier Bundesbürgern sind darüber besorgt, dass die Parteien auf drängende politische Fragen keine gemeinsamen Antworten mehr finden könnten. Nochmals übertroffen werden entsprechende Befürchtungen von der Sorge, dass die Gesellschaft weiter auseinanderdriftet.

Im Vergleich hierzu stehen persönliche wirtschaftliche Sorgen aktuell bei den Bundesbürgern vergleichsweise zurück, sie gewinnen aber an Sichtbarkeit. So ist die Zahl derer, die glauben, ihren Lebensstandard künftig nicht mehr halten zu können, innerhalb eines Quartals von 30 auf 38 Prozent gestiegen.

Mehr Geld für die meisten Bürger

Vor diesem Hintergrund dürfte es die Bürger freuen, dass die Bundesregierung den Solidaritätszuschlag abschaffen will. Allerdings soll die Steuer - die nach der Wiedervereinigung eingeführt wurde, um die ostdeutschen Bundesländer aufzubauen - für absolute Topverdiener beibehalten werden. Diese Pläne befürworten 55 Prozent der Deutschen.

Infografik Solidaritätszuschlag DE

Den größten Zuspruch findet die Ungleichbehandlung bei den Anhängern der Grünen. Interessanterweise überwiegt auch bei den Anhängern von CDU und CSU die Zustimmung, obwohl diese Parteien den Soli eigentlich komplett abschaffen wollten.