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Achtungserfolg

14. Mai 2008

Die ehemalige First Lady Hillary Clinton hat die Präsidentschaftsvorwahl in West Virginia erwartungsgemäß klar gewonnen. Doch auch wenn sie sich nach der Wahl kämpferisch gab, gilt sie längst als geschlagen.

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Der Kampf geht weiter - aber wie lange noch? Quelle: AP
Der Kampf geht weiter - aber wie lange noch?Bild: AP

Hillary Clinton hat im Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei die Vorwahlen in West Virginia mit deutlichem Abstand vor Barack Obama gewonnen. Nach Auszählung von 76 Prozent der Stimmbezirke kam sie auf 66 Prozent der Stimmen, ihr innerparteilicher Rivale auf 27 Prozent. Es wäre Clintons zweitbestes Abschneiden bei einer Vorwahl nach ihrem Triumph in Arkansas, wo sie 70 Prozent gewann. "Ich bin entschlossener denn je, diese Kampagne fortzuführen", rief sie in der Wahlnacht in West Virginias Hauptstadt Charleston.

"Ich bin der stärkste Kandidat"

Clinton betonte weiter, dass sie die besseren Chancen als Obama habe, bei der Präsidentschaftswahl im November gegen den Republikaner John McCain zu gewinnen. "Ich bin in diesem Rennen, weil ich glaube, dass ich der stärkste Kandidat bin", sagte sie vor jubelnden Anhängern. "Ich kann diese Nominierung gewinnen und unsere Partei zu einem Sieg (bei der Präsidentschaftswahl) im November führen." Clinton erklärte aber auch, dass sie mit aller Kraft für einen Sieg Obamas arbeiten wolle, wenn er der Spitzenkandidat werde.

Der Sieg Clintons am Dienstag war allgemein erwartet worden, hat aber größtenteils nur eine symbolische Bedeutung, denn die New Yorker Senatorin kann nicht mehr damit rechnen, dass sie ihren führenden Rivalen bei den verbleibenden sechs Vorwahlen bis zum 3. Juni noch überholt. In West Virginia holte Clinton mindestens 16 der 28 Delegierten, Obama kam auf sieben. Fünf weitere Delegiertenstimmen wurden noch ausgezählt.

Aussichtslose Kandidatur

Barack Obama ist in einer komfortablen Position, Quelle: AP
Barack Obama ist in einer komfortablen PositionBild: AP

Die große Frage ist nur noch: Wann gibt Clinton auf, und welche Rolle strebt sie dann an? Politiker und Journalisten debattieren in Washington inzwischen mehrere Ausstiegsszenarien. Erstes Szenario: Hillary Clinton erkennt die Aussichtslosigkeit ihrer Kandidatur an und scheidet noch vor den letzten Vorwahlen in drei Wochen aus. Die Senatorin könnte allein deshalb zum Verzicht gezwungen sein, weil ihre Kampagne inzwischen 20 Millionen Dollar Schulden angehäuft hat, während bei Obama die Spenden fließen.

Ein selbst gewählter Ausstieg könnte Clinton in eine gute Verhandlungsposition gegenüber Obama bringen: US-Kommentatoren spekulieren darüber, dass sie als Gegenleistung für einen Verzicht von Obama den Posten des Vizepräsidenten sowie Hilfe beim Begleichen ihrer Schulden verlangen könnte. Clinton lässt dies bislang aber dementieren. Die meisten US-Politikanalysten haben ihr Urteil indes schon gefällt: "Es gibt für Clinton keinen plausiblen Weg mehr zum Sieg", bringt ein Leitartikel der "Washington Post" die Stimmung auf den Punkt.

Abhängig von dem Parteiestablishment

Das zweite Szenario weist in die entgegengesetzte Richtung: Clinton könnte versuchen, ihre Kandidatur bis zum Parteitag der Demokraten im August durchzuboxen, auf dem die 4049 Delegierten offiziell den Spitzenkandidaten wählen. Clinton hat bislang nicht ausgeschlossen, in einer riskanten Strategie die Delegierten zu ihren Gunsten umzustimmen zu versuchen. Voraussetzung für den Erfolg wäre, dass Clinton die meisten der etwa 800 ungewählten Super-Delegierten aus dem Parteiestablishment auf ihre Seite zieht, die auf dem Parteitag das Zünglein an der Waage sind. Sie könnten Obamas Sieg in den Vorwahlen überstimmen, tendieren inzwischen aber mehrheitlich zu Obama. Clinton müsste hoffen, dass irgendein handfester Skandal Obama ins Stolpern bringt.

Das dritte und wohl auch wahrscheinlichste Szenario ist, dass Clinton noch an den letzten Vorwahlen am 3. Juni teilnimmt, dann aber aufgibt. "Bis Ende Juni werden wir einen Kandidaten haben", prophezeite Demokraten-Parteichef Howard Dean. Befördert werden könnte ein Verzicht Clintons von der Erkenntnis, dass ein stures Festhalten an der Kandidatur ihre weiteren Karriere-Aussichten trüben dürften. Denn durch ihren tapferen Kampf um die Spitzenkandidatur hat Clinton in der Partei an Respekt gewonnen und Zweifel zerstreut, sie stehe ewig im Schatten ihres Mannes Bill. Kommentatoren prophezeien Hillary Clinton auch nach einer Niederlage gegen Obama eine wichtige Rolle in der US-Politik - allerdings nur, wenn sie bald den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg findet.

Obama konzentriert sich unterdessen bereits auf das Duell mit dem republikanischen Bewerber John McCain. Der Senator aus Illinois hielt sich auch nicht in West Virginia auf, sondern in Missouri - einem der Schlüsselstaaten bei der Präsidentenwahl im November. (stu)