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Absurdistan in Aserbeidschan

Vladimir Müller20. Juli 2006

"Absurdistan" soll der neue Film von Veit Helmer heißen. Gedreht wird die romantische Komödie in einem abgelegenen Dorf in Aserbeidschan - und es geht um einen Sex-Streik.

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Der Regisseur und seine Hauptdartsellerin Kristína MalérováBild: DW/Vladimir Müller
Dreharbeiten zu "Absurdistan"
Impression aus LahicBild: DW/Vladimir Müller

Anderthalb Jahre dauerte die Suche nach der richtigen "Location". Es sollte ein entlegenes Dorf sein, irgendwo zwischen Europa und Asien, wo die Zeit stehen geblieben ist, sagt Regisseur und Produzent Veit Helmer. "Ich habe ganz spezifische Sachen gesucht: Kopfsteinpflaster, kleine Häuser, ein Dorf gesucht, wo nicht lauter Mauern sind, sondern Häuser, also Fronten und Geschäfte. Das ist natürlich ein Widerspruch in sich: viele Geschäfte in einem kleinen Dorf."

Urbanes Dorf im Kaukasus

Das Dorf Lahic, etwa 200 Kilometer von der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, hoch in den Bergen des Kaukasus war das richtige. Ein Dorf am Ende der Welt, in das man die letzten 20 Kilometer nur über eine schlechte Schotterstraße kommt. Lahic ist in der Tat etwas ganz besonderes - ein Dorf mit einer fast urbanen Atmosphäre, obwohl es hier nur eine Straße gibt. Aber in dieser Straße ist Geschäft an Geschäft gereiht, wie es sich Veit Helmer vorgestelllt hatte.

Dreharbeiten zu "Absurdistan"
Laden in LahicBild: DW/Vladimir Müller

Helmer schaffte schon mit seinem ersten Spielfilm "Tuvalu" im Jahr 1999 den Durchbruch. Er wurde zu 62 Filmfestivals eingeladen und erhielt 30 nationale und internationale Preise. Der 1968 geborene Regisseur und Produzent hat schon als 14-Jähriger Filme gedreht.

Kein Wasser, kein Sex

Die Idee für den Film basiert auf einem kleinen Zeitungsartikel: 2001 sind im türkischen Dorf Sirt die Frauen in den Streik getreten. So lange die Männer nicht das Wasserrohr reparierten, verweigerten sie ihnen Sex. "Ich war nach Sekunden mit einer Geschichte inspiriert", erinnert sich Helmer an den Moment, in dem er von der Geschichte hörte.

Im Film wartet ein junges Paar Jahre lange auf seine erste Liebesnacht. An dem Tag, an dem diese Nacht stattfinden soll, wo die perfekte Sternenkonstellation da ist, wie sie die Großmutter versprochen hat - an diesem Tag treten die Frauen in den Streik. Das Paar hat nur drei Tage Zeit - so lange steht die Sternenkonstellation am Himmel - um das Wasser wieder ins Dorf zu bringen. So viel sei verraten: Es gelingt ihm auf abenteuerliche, märchenhafte, fantastische Weise - und bringt nicht nur den Dorffrieden wieder, sondern ermöglicht auch die erste Liebesnacht.

Aserbaidschan ist für Helmer kein unbekanntes Pflaster. Schon seit Jahren veranstaltet er in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Workshops für junge Filmemacher in Osteuropa und Zentralasien. Das Film-Team in Lahic ist international: Die Leute kommen aus Georgien, Kasachstan, aus der Türkei, aus dem Iran und natürlich auch aus Deutschland. "In Aserbaidschan habe ich leider keine Filmcrew gefunden, nur sehr wenige Leute haben praktische Erfahrungen mit dem Filmgeschäft", sagt Helmer. "Eigentlich wird hier seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion gar nichts mehr gedreht - obwohl es ein großes Filmstudio in Baku gibt, aber das zerfällt sprichwörtlich."

Wasser kalt, Strom weg

Nicht jeder europäische Filmschaffende ist in der Lage, hier zu arbeiten. Es gibt keine Fünf-Sterne-Hotels, man wohnt bei den Bauern. Und manchmal ist das Wasser kalt und der Strom ist weg, erzählt Veit Helmer. Und wie reagieren die Leute im Dorf auf die Dreharbeiten? "Wenn man nach Lahic kommt, wird man wahnsinnig freundlich empfangen: Man kann in die Häuser reingehen, man kann sich die Höfe anschauen - das sieht hier alles aus wie aus Tausendundeinernacht. Die Leute interessieren sich für das, was wir machen, und wir versuchen viele Leute einzubinden in die verschiedenen Aufgaben."

Dreharbeiten zu "Absurdistan"
Innenraum einer Wohnung in LahicBild: DW/Vladimir Müller

Die Hauptdarstellerin, die 21-jährige Tschechin Kristina Malerova ist eigentlich Theaterschauspielerin. Die Rolle habe sie aber sehr gerne angenommen. Schon zuhause, in einer Kleinstadt in Mähren, hat sie sich Informationen über das Land besorgt. Vor Ort hat sie jedoch einige Überraschungen erlebt: "Was mich auf die Palme bringt ist, dass die Frauen hier so unterdrückt werden. Ich darf zum Beispiel einen fremden Mann nicht grüßen, muss andauernd mit bedeckten Schultern und Knien herumlaufen, und das bei der Hitze," klagt die Schauspielerin. "Doch die Leute sind unglaublich freundlich. Für sie ist es ein genauso großes Abenteuer wie für uns."

Die Dreharbeiten zu "Absurdistan" sollten Ende August abgeschlossen werden. Die Premiere der romantischen Komödie ist für 2007 geplant.