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888.888 Unterschriften für die Freiheit

Nicola Glass (eb)18. März 2009

Freiheit für Birmas politische Gefangene – das ist das Ziel einer Kampagne, die Birmas Dissidenten im Exil initiiert haben. Sie streben knapp eine Million Unterschriften an.

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Erster Jahrestag der Proteste in Birma vom Herbst 2007Bild: picture-alliance/dpa

Die Liste wollen die Teilnehmer anschließend an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon übergeben. Unter den Initiatoren sind auch ehemalige politische Häftlinge. Ob die Kampagne erfolgreich sein wird, können sie noch nicht abschätzen. Aber sie wollten nichts unversucht lassen, sagen Birmas Dissidenten im Exil. Ohne die Freilassung politischer Gefangener gebe es keine Aussicht auf Frieden und Demokratie in Birma. Bis Ende Mai wollen sie mindestens 888.888 Unterschriften sammeln. Die Zahl erinnert an die Massenproteste gegen die Militärjunta im Jahr 1988. Der von Studenten angeführte Aufstand hatte am 8. August jenes Jahres seinen Höhepunkt erreicht. Doch Birmas Generäle ließen die Proteste blutig niederschlagen. Allein in der damaligen Hauptstadt Rangun wurden 3.000 Menschen ermordet.

Zudem wurden viele damalige Studentenführer verhaftet. Sie mussten für etliche Jahre ins berüchtigte Insein-Gefängnis für politische Häftlinge. Einer von ihnen ist Moe Zaw Oo. Er verließ Birma im Jahr 2007, arbeitet heute für die Exil-Abteilung der oppositionellen Partei "Nationale Liga für Demokratie". Neun Jahre hat er hinter Gittern gesessen. Immer noch hat er die nächtlichen Verhöre, die Schläge und Einschüchterungen vor Augen: "Als wir das Gefängnis betraten, wurden wir von den Aufsehern brutal geschlagen" berichtet Moe Zaw Oo. "Die Wächter stellten sich zu beiden Seiten auf und wir mussten den Gang entlang gehen, und sie schlugen von zwei Seiten auf uns ein".


Unmenschliche Haftbedingungen


Mit Grauen denkt auch Su Mon Aye an ihre Zeit im Gefängnis zurück. Die junge Studentin war damals ein führendes Mitglied des Jugendflügels der "Nationalen Liga für Demokratie“, der Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Im April 2000 wurde sie verhaftet. "Ich wurde im Trakt für weibliche Gefangene in Einzelhaft gehalten, vor diesem Bereich hat jeder Angst", so Su Mon Aye, die bei ihrer Inhaftierung neunzehn Jahre alt und damit die jüngste weibliche politische Gefangene war. "Psychisch und körperlich war ich wirklich ermüdet. Der militärische Geheimdienst hat mich Tag und Nacht verhört." Bei bloßen Verhören sei es nicht geblieben, sie sei auch geschlagen worden. "Ich war damals wirklich verängstigt, um ehrlich zu sein, aber ich habe nicht aufgegeben."

Nach knapp einem Jahr kam Su Mon Aye wieder frei. Unter großen Schwierigkeiten gelang ihr ein Studienabschluss in Chemie, gleichzeitig begann sie, als Journalistin zu arbeiten. Das Schicksal der anderen politischen Gefangenen aber hat sie nicht vergessen. Deswegen macht auch sie sich für die jüngst initiierte internationale Unterschriften-Kampagne stark. Diese Aktion wird von mehr als 150 Exil-Organisationen weltweit unterstützt. Anschließend wollen die Dissidenten die Liste mit den Signaturen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übergeben. Dieser solle sich persönlich dafür einsetzen, dass alle politischen Häftlinge in die Freiheit entlassen werden könnten, heißt es.


Verschlechterung der Menschenrechtslage in Birma


Unterdessen nehmen die Repressalien gegen Regimegegner in Birma immer weiter zu. Seit den von Mönchen angeführten Massenprotesten im September 2007, der sogenannten Safran-Revolution, habe sich die Menschenrechtslage verschlimmert, kritisieren Dissidenten: "Trotz internationalen Drucks geht das Regime weiter daran, Menschen zu verhaften und zu terrorisieren", fasst Soe Aung, ein Sprecher der Unterschriften-Initiative zusammen. Die Anzahl der politischen Gefangenen in Birma habe sich seit der Safran-Revolution von etwa 1.150 auf mehr als 2.100 nahezu verdoppelt.

Diese Zahl nennt auch der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Birma, Tomás Ojea Quintana, in seinem jüngsten Bericht. Quintana, der ebenfalls die Freilassung aller politischen Gefangenen fordert, kritisierte, dass viele der Häftlinge in geheimen Verhandlungen im Gefängnis ohne Rechtsbeistand und ohne Beweise verurteilt worden seien.

Allein im Herbst vergangenen Jahres hatten Richter drakonische Haftstrafen gegen mehrere hundert politische Aktivisten erlassen. Einige von ihnen müssen für ihr demokratisches Engagement bis zu 65 Jahre Haft absitzen. Damit wolle die Militärjunta die gesamte Opposition vor den Wahlen im kommenden Jahr mundtot machen, monieren Kritiker. Der Dissident Soe Aung sagt: "Deren Freilassung gilt mittlerweile international als Maßstab für Fortschritte eines demokratischen Wandels in Birma.“

Ob es tatsächlich dazu kommen wird, ist ungewisser denn je. Denn UN-Generalsekretär Ban Ki-Moons Einfluss ist begrenzt. Der Weltsicherheitsrat ist gespalten, weil Länder wie China und Russland Birmas Machthabern weiterhin treu zur Seite stehen.

Die Unterschriften-Aktion für die Freilassung der politischen Gefangenen soll bis zum 24. Mai abgeschlossen sein. An diesem Tag müsste nämlich nach birmanischem Recht die seit Jahren unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi in die Freiheit entlassen werden.

BdT UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Birma
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in BirmaBild: AP
Militär greift hart gegen Mönche durch
Bild: AP
Die ehemalige politische Gefangene Su Mon Aye
Su Mon AyeBild: DW / Holger Grafen
Der ehemalige politische Gefangene Moe Zaw Oo
Moe Zaw OoBild: DW / Holger Grafen