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"Ich hasse ihn nicht"

22. November 2014

Wegen der Lüge eines Zwölfjährigen wurde ein Schwarzer in den USA erst zum Tode, dann zu lebenslanger Haft verurteilt. Erst nach 39 Jahren kommt er frei - und äußert Verständnis für die Falschaussage.

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Ricky Jackson (Foto: ap)
Bild: picture alliance/AP Photo/Long

"Ich bin froh, draußen zu sein", sagte Ricky Jackson, über seine neu gewonnene Freiheit. "Ich habe eine Achterbahnfahrt der Emotionen hinter mir." Es fehlten ihm die Worte, um zu beschreiben, wie er sich gerade fühle. Trotz der schlimmen Ungerechtigkeit, die ihm widerfuhr, zeigte der 57-Jährige Verständnis für die Falschaussage des jungen Zeugen. "Er war ein zwölfjähriges Kind, er wurde von der Polizei unter Druck gesetzt und manipuliert, sie benutzten ihn, um mich ins Gefängnis zu bringen", sagte Jackson. Er hege keinen Groll gegen den Zeugen. Reinen Tisch zu machen, habe eine Menge Mut erfordert. Er wünsche ihm alles Gute und hasse ihn nicht.

Auch unschuldiger "Komplize" frei

1975 war Jackson im Alter von 18 Jahren zum Tode verurteilt worden, weil er mit zwei Komplizen in einem Lebensmittelgeschäft einen Weißen erschossen und eine Frau schwer verletzt haben soll. Später wurde das Strafmaß in lebenslange Haft umgewandelt.

Wiley Bridgeman (Foto: ap)
Ebenfalls 39 Jahre unschuldig hinter Gittern: der 60-jährige Wiley BridgemanBild: picture alliance/AP Photo/Long

Gemeinsam mit ihm war sein vermeintlicher Komplize Wiley Bridgeman verurteilt worden. Der mittlerweile 60-jährige Bridgeman wurde ebenfalls aus dem Gefängnis in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio entlassen. Der dritte Verurteilte kam bereits 2003 wegen eines Verfahrensfehlers frei.

Von Ermittlern unter Druck gesetzt

Die Anklage hatte sich allein auf Aussagen eines damals 12-jährigen Jungen gestützt, der die vermeintlichen Täter identifizierte. Er habe der Polizei helfen wollen und deshalb seine Angaben erfunden, zitierte die Zeitung "The Plain Dealer" den heute 52-jährigen Zeugen. Später hätten ihn Ermittlungsbeamte unter Druck gesetzt und mit belastenden Informationen gefüttert. Erst als Erwachsener vertraute er zunächst einem Priester an, dass er gar kein Zeuge des Verbrechens war, später widerrief er seine Aussage auch vor Gericht. Tatsächlich saß der Jugendliche zur Tatzeit in einem Schulbus mehrere Blocks vom Tatort entfernt.

148 unschuldige Todeskandidaten

Ricky Jackson, der fast 15.000 Nächte in der Zelle verbrachte, besaß bei seiner Freilassung keinen einzigen Cent. Die Organisation "Ohio Innocent Project" seines Anwaltes Mark Godsey, will ihn unterstützen. Ob der Staat den unschuldig Verurteilten entschädigt, steht noch nicht fest.

Nach Angaben des Informationszentrums für die Todesstrafe wurden in den USA seit 1973 bereits 148 Todeskandidaten wieder für unschuldig erklärt.

cw/se (afp, dpa)