1972: Interview mit Edith Hancke | Kleinkunst im Gespräch | DW | 18.12.2020
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Kleinkunst im Gespräch

1972: Interview mit Edith Hancke

"Das muss 1952 gewesen sein... da haben wir für die stolze Gage von 50 Mark unseres Kabarettprogramm absolviert" - Edith Hancke erinnert sich an ihre Anfänge beim Fernsehen

Die Schauspielerin Edith Hancke in Alter Kahn und junge Liebe

Edith Hancke und Eddi Arent in dem Film "Alter Kahn und junge Liebe" (1973)

Sie war über Jahrzehnte auf den Thetaerbühnen Berlins zu Hause, spielte in unzähligen Filmen und Fernsehproduktionen mit und war Mitglied des legendären Berliner Kabaretts "Die Stachelschweine", in dem sie oft die Rolle einer  "kessen Berliner Göre" (www.steffi-line.de) übernahm. In vielen Filmproduktionen war sie auch als Synchronsprecherin zu hören. Edith Hancke wurde dank ihrer "Berliner Schnauze" und der charakteristischen Stimme noch zu der Lebzeiten zu einer wahren Kultschauspielerin.

Bei Marlise Ludwig in der Lehre

Zur Welt kam Edith Hancke am 14.10.1928 in Berlin als Tochter eines Bankangestellten. Ihrem Wunsch eine Schauspielerin zu werden, standen die Eltern skeptisch gegenüber, doch die künftige Diva setzte ihren Kopf durch und nahm nach dem Zweiten Weltkrieg Unterricht an der privaten Schauspielschule von Marlise Ludwig in der Wilhelmsaue 10 in Berlin-Wilmersdorf. Ihr erstes Theater-Engagement folgte bereits im Jahr 1948 - am "Deutschen Theater" in Berlin. 1949 ging sie an das Renaissance-Theater, an dem sie ihren ersten großen Erfolg als Hedwig in Ibsens "Wildente" feiern konnte. Und dies war erst der Anfang ihres Aufstiegs zu Berlins "Beliebtester Theaterschauspielerin", was ihr das Publikum immer wieder aufs Neue bescheinigte. Im Laufe der Jahre eroberte sie die Theaterbühnen Berlins vor allem mit den Rollen einer waschechten Berlinerin, die mit Herz und Seele sich jedes Problems annahm. Doch die Beliebtheit von Edith Hancke sollte noch eine größere Dimension erfahren.

Im Reich des Boulevardtheaters

Im Jahr 1970 erfolgte eine Wende im Leben Edith Hanckes. In Berlin lernte sie den einige Jahre jüngeren Intendanten, Regisseur und Schauspieler Klaus Sonnenschein kennen, den zwei Jahre später heiratete. Es war bereits die dritte Ehe der Schauspielerin. Klaus Sonnenschein inszenierte mit Edith Hancke zahlreiche Boulevardstücke und stand nicht selten auch selbst auf den Bühnenbrettern. Große Erfolge feierte sie nun in solchen Stücken wie dem Singspiel "Mutter Gräbert macht Theater" oder auch als Gertrud Stranitzky in der Komödie "Keine Ehe nach Maß" von Curth Flatow. Ebenfalls einer großen Popularität erfreute sich das Stück "Arsen und Spitzenhäubchen", in dem sie gemeinsam mit Brigitte Mira die Rollen der Schwestern Martha and Abby Brewster übernahm. Die Schauspielerin war ebenfalls in dem populären Boulevard-Stück von Curth Flatow und Horst Pillau "Das Fenster zum Flur" zu sehen, mit dem sie auch auf Tournee ging. Doch Edith Hancke war nicht nur unter dem Theaterpublikum ein "Dauerbrenner". Ebenfalls der Film entdeckte recht früh die talentierte Schauspielerin für sich.

Edith Hancke

Edith Hancke in den 1980-er Jahren

  Vor der Kamera mit Rühmann, Erhardt und anderen

Schaut man sich die Liste der Filmrollen, die Edith Hancke im Verlauf ihrer Karriere übernahm, so kommt man aus dem Staunen über die Intensität ihrer Filmaktivität kaum heraus. Ihr Filmdebüt gab Edith Hancke 1949 als Adelheid Wolff in der Verfilmung "Der Biberpelz" von Gerhard Hauptmann. Es folgten nun unzählige Rollen in den deutschen Filmproduktionen und das sowohl für die Leinwand als auch für das Fernsehen. "Die Schauspielerin war vor allem immer dann gefragt, wenn es um echte Berlinerinnen mit 'Herz und Schnauze' ging" - liest man bei www.steffi-line.de und die "Berliner Zeitung" vom 14.10.2008 feierte sie noch zu ihrem 80. Geburtstag als "Die ewige Berliner Jöre". Während ihrer Karriere übernahm Edith Hancke neben den Theaterengagements manchmal bis zu sieben Filmrollen in einem Jahr. So war sie unter anderem in "Der Hauptmann von Köpenick" an der Seite von Heinz Rühmann als das kranke Mädchen Lieschen zu sehen, des weiteren wirkte sie in dem Film "Natürlich die Autofahrer" zusammen mit Heinz Erhardt mit, in dem Streifen "Die seltsame Gräfin" oder auch als Mimi - ebenfalls an der Seite von Heinz Erhardt - in der Komödie "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" von Franz Antel mit, um nur einige wenige zu nennen. Hinzu kam die Mitwirkung in unzähligen Fernsehproduktionen wie etwa in den Serien "Die Hesselbachs" vom Hessischen Rundfunk, "Café Wernicke" von der ARD oder auch "Berliner Weiße mit Schuß" vom ZDF. Die Aufzählung könnte beliebig lang fortgesetzt werden. 

Für ihr so umfangreiches Wirken wurde Edith Hancke unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Ehrenpreis der Goldene Kamera ausgezeichnet. Die populäre Schauspielerin starb am 4.6.2015 in Berlin. In seinem Nachruf schrieb "Der Spiegel" noch am selben Tag unter anderem: "Sie war die 'Königin des Boulevard-Theaters'".

Im Dezember 1972 sprach DW-Redakteur Dieter Mommert mit Edith Hancke über ihre bisherige Kariere.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Uta Hardes-Schmeißer

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