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125 Jahre Grammophon

Katrin Walter16. Mai 2013

Emil Berliner stellte 1888 in Philadelphia seine revolutionäre Erfingung vor. Im Kalenderblatt dieser Woche geht es um das Grammophon - eine Geschichte voller Kuriositäten.

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Emil Berliner mit seinem ersten Grammophon und einer der ersten Zink-Schallplatten (Foto: Deutsche Grammophon/dpa)
Emil Berliner mit GrammophonBild: picture-alliance/dpa

Ein großer, blecherner Schalltrichter öffnet sich blütenförmig über einer kleinen Kiste. Aus ihm tönen scheppernde Klänge einer Nadel, die durch die Rillen einer Platte - einer "Schall-Platte" - vibriert und über eine Schalldose verstärkt werden. Der Hannoveraner Emil Berliner erfand in den USA dieses sogenannte "Grammophon" im Jahr 1887. Das Patent für sein neues Aufnahme- und Wiedergabegerät meldete er noch im selben Jahr an.

Zehn Jahre zuvor hatte Thomas Alva Edison seinen Phonographen herausgebracht und 1878 patentieren lassen: Es hielt den Schall noch auf Walzen fest, die teuer und schwer zu reproduzieren waren. Der Siegeszug des einfacheren Grammophons und der kostengünstigeren Schallplatten war nicht aufzuhalten. Das Grammophon entwickelte sich - Anfangs von Hand, später durch Federwerke und seit den 1920er Jahren dann elektrisch angetrieben - zum Gattungsbegriff für alle Apparate ähnlicher Bauart.

Ein Schellackplatte mit der Abnahmenadel (Foto: Fotolia/ marsaxlokk)
So funktioniert das Grammophon: Die Nadel "liest" die Erhöhungen und Vertiefungen der Schellackplatte, der Trichter verstärkt die entstandenen SchallwellenBild: Fotolia/marsaxlokk

Erste Aufnahmen mit Caruso

In einer erhaltenen Aufnahme von 1897 ist die Stimme von Emil Berliner zu hören, der einen Brief an seine Schwägerin Sarah Hahn vorliest. Ursprünglich benutzte der Hannoveraner als Tonträger flache, wachsbeschichtete Zinkscheiben, die einzeln hergestellt werden mussten. Doch ab 1892 wurden die Platten dann zunächst aus Hartgummi, drei Jahre später aus Schellack hergestellt. Diese harzige Substanz eignete sich besonders gut für eine einfache Vervielfältigung. Die ersten regulären Schallplatten hießen "Berliner Platten" - wegen des US-Firmennamens "Berliner's Grammophone". 1902 nahm die von Emil Berliner und seinem Bruder Joseph in Hannover gegründete Deutsche Grammophongesellschaft zehn Arien mit dem Opernstar Enrico Caruso auf. Dieses Projekt zeigte exemplarisch, wie gut das Grammophon sich als Wiedergabemedium eignete.


Von Nadeln und Antrieben

Ein alter Plattenspieler der Firma "His Master's Voice" mit einem Hund aus Porzellan, der frech in den Trichter hineinschaut (Foto: picture-alliance/dpa)
Die Stimme seines Herrchens kommt von der SchellackplatteBild: picture-alliance/dpa

Bis Strom in den 1920er Jahren in die Haushalte kam, musste der Hörer sein Gerät noch per Hand antreiben. Die Kurbeln waren oben an der Maschine angebracht und drehten sich mit, wenn die Platte lief. So bekam das Grammophon früh den Spitznamen "Kaffeemühle". Doch schon bald konnte man ein Federwerk aufziehen, das eine ganze Plattenseite in gleichmäßiger Geschwindigkeit abspielte. Ein weiterer Fortschritt sollten Apparate mit Heißluftantrieb sein, die mehr als eine Platte abspielen konnten. Doch diese fingen schnell Feuer und waren unerschwinglich.

Die Nadel des Grammophons war aus Stahl. Den Arm, an dem sie befestigt war, machte eine Schalldose sehr schwer. Deshalb musste der Musikliebhaber die Nadel nach dem Abspielen einer Plattenseite auch schon wieder austauschen. So war es durchaus üblich, dass neben einem Grammophon eine 200er-Packung mit Nadeln stand.

Gedränge vor dem Aufnahmegerät

Sänger wie Caruso mussten sich zur Aufnahme dicht über den Trichter beugen, damit ihre Stimme überhaupt auf der Platte ankam. Ganze Orchester einzuspielen, war noch schwieriger - es gab großes Gedränge, als sich die Berliner Philharmoniker 1920 unter Dirigent Arthur Nikisch vor Berliners revolutionärem Gerät versammelten. Ihre Aufnahme der Konzertouvertüre "Römischer Karneval" von Hector Berlioz ist bis heute erhalten.

Man mag es aus nostalgischer Sicht kaum glauben, doch der Grammophon-Trichter verlor zu Beginn des letzten Jahrhunderts schnell an Beliebtheit. In neueren Geräten versteckte man das Ungetüm im Inneren eines Tisch- oder Schrankgerätes. Bald wurden gängige Grammophone nur noch zum Abspielen von Tonaufnahmen benutzt.

Doch auch wenn sich heute ganz andere Techniken der Musikwiedergabe durchgesetzt haben – die elegante Form des Grammophons steht bis heute für die Liebe zur Musik und für die Möglichkeit, einmalige künstlerische Erlebnisse endlich festzuhalten.

Zeitgenössische Aufnahme von Emil Berliner, dem Mitbegründer der Schallplattenfirma Deutsche Grammophon GmbH (Foto: picture-alliance/dpa)
Emil Berliner mit seiner bahnbrechenden ErfindungBild: picture-alliance/dpa