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Griechen haben den Euro sicher

Zhang Danhong 9. Mai 2015

Wenn man Medienberichten glaubt, steht Griechenland seit Monaten am Rande der Staatspleite. Für manche ist ein Grexit, ein Austritt Griechenlands aus dem Euro, so gut wie sicher. Ist das so?

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Griechenland Euro in der Krise
Bild: picture alliance/ZB

Seit Wochen und Monaten wird ein griechischer Staatsbankrott vorausgesagt. Dennoch hat es Athen bisher geschafft, Zahlungsverpflichtungen gegenüber den internationalen Gläubigern nachzukommen. Das liegt nicht an sprudelnden Steuereinnahmen. Das Überleben verdankt Griechenland vor allem der Europäischen Zentralbank. "Griechische Geschäftsbanken werden zurzeit von der EZB mit Notliquidität versorgt. Sie nutzen dieses Geld, um kurzlaufende griechische Staatsanleihen zu kaufen. Das verschafft Griechenland für ein paar Wochen Luft", sagt Nicolaus Heinen, Analyst bei der Deutschen Bank. Auch Kommunen und Staatsunternehmen würden angewiesen, ihre Liquidität dem Staat zur Verfügung zu stellen.

Griechenland lebt von der Hand in den Mund. Für das Land ist deswegen nach der Zahlung immer vor der Zahlung. An diesem Freitag (08.05.2015) wird wieder ein dicker Batzen fällig, es müssen kurzfristige Anleihen (T-Bills) in Höhe von 1,4 Milliarden Euro bedient werden. Von Juni bis Dezember hat Griechenland allein gegenüber dem IWF Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 5,4 Milliarden Euro - Milliarden, die die Griechen nicht haben. Um Zinsen zu bedienen und alte Schulden durch neue zu ersetzen, brauchen sie nicht nur die letzten 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket, auch ein drittes Paket muss geschnürt werden. Geld fließt aber nur im Austausch gegen die berühmte Reformliste, die Ministerpräsident Alexis Tsipras in der gewünschten Form nicht liefern will.

Europa braucht Griechenland

Eine scheinbar ausweglose Situation - aber nur scheinbar. Zwar wird auf dem Euro-Finanzminister-Treffen am kommenden Montag (11.05.2015) kein Durchbruch erwartet, Nicolaus Heinen geht aber davon aus, dass die restlichen 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm Ende Juni in letzter Minute ausgezahlt werden. "Dann werden sich die Euro-Partner mit Griechenland darauf einigen, dass Griechenland doch ein wenig geliefert hat und das Geld fließen lassen, um die systemische Stabilität zu gewähren", sagt der Europa-Experte gegenüber der Deutschen Welle.

Deutschland Deutsche Bank Nicolaus Heinen
Nicolaus Heinen glaubt: Geld wird weiter nach Athen fließenBild: DB Research

Auch ein drittes Hilfsprogramm für die Griechen wird seiner Einschätzung nach kommen. "Wir dürfen nicht vergessen, dass Griechenland in einer geostrategisch wichtigen Lage in Europa ist. Europa braucht Griechenland als Posten im östlichen Mittelmeer. Daher wird Europa das Land nicht fallen lassen", ist Heinen überzeugt. Das wisse auch Griechenland selber, deshalb trete die Regierung frech in den Verhandlungen auf, um ihre Positionen durchzusetzen. "Das Verhalten der griechischen Regierung, so erratisch es auch ist, ist daher sicherlich ein guter Indikator dafür, dass die Zeichen für Griechenland noch lange nicht so schlecht stehen, wie die Berichterstattung in den Medien das zurzeit suggeriert."

Staatspleite trotzdem nicht ausgeschlossen

Das bedeutet allerdings nicht, dass Athen nicht in eine Staatspleite hineinschlittern kann. "Die Verwaltung und die politische Administration in Athen sind so chaotisch, dass eine kurzfristige Zahlungsunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden kann", sagt Nicolaus Heinen von der Deutschen Bank.

Ein solcher Unfall muss aber nicht zum Euro-Austritt der Griechen führen. Eine Anleger-Panik sei nicht zu befürchten, so Heinen. Schließlich werden über 80 Prozent der griechischen Staatsanleihen von den anderen Euro-Ländern gehalten. Wenn Griechenland die Schulden nicht mehr bedienen kann, ist das quasi eine Unannehmlichkeit innerhalb der Familie. Die EZB würde alles tun, um sie schnellstmöglich aus dem Weg zu schaffen. "Es liegt nahe, dass die EZB der griechischen Notenbank erlauben würde, die Geschäftsbanken noch stärker mit Liquidität auszustatten, damit diese dem Land mit ganz kurzfristigen Refinanzierungen helfen können." Aus diesem Grund glaubt der Experte auch nicht, dass ein vollständiger Staatsbankrott argentinischer Dimension, also eine Zahlungsunfähigkeit über mehrere Monate, eintreten wird.

Drachme hätte gegenüber dem Euro keine Chance

Dass Griechenland weiterhin Mitglied der Währungsunion bleibt, hat nach Meinung von Nicolaus Heinen noch einen anderen Grund: "Länder mit einer starken Währung können sie schlecht gegen eine schwache Währung eintauschen." So würde sich die Drachme, falls sie wieder eingeführt werden sollte, nicht gegen den Euro durchsetzen können.

Durch den Verbleib im Euro sind die griechischen Probleme natürlich nicht gelöst. "Griechenland wird auf lange Zeit hinweg ein 'failing state' bleiben mit einer unsoliden Fiskalpolitik und hohen politischen Risiken, die den Euro-Partnern weiterhin die Schweißperlen auf die Stirn treiben werden."