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Verlängerung des Ausnahmezustands in Frankreich

14. November 2005

Angesichts der anhaltenden Krawalle von Jugendlichen will die französische Regierung den Ausnahmezustand um drei Monate verlängern. Die EU gewährt Frankreich Finanzhilfe.

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Erneut brannten in Frankreich viele AutosBild: AP
Unruhen in Frankreich Dominique de Villepin
Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin (Archiv-Foto)Bild: AP

Die Verlängerung der Notstandsmaßnahmen ist in einem Gesetzesvorschlag enthalten, über den das Kabinett von Premierminister Dominique de Villepin am Montag (14.11.2005) beraten hat. Die Unruhen, bei denen bereits mehrere tausend Fahrzeuge angezündet wurden, dauern seit 18 Nächten; sie gelten als die schwersten seit den Studentenprotesten von 1968.

Laut Polizei-Bilanz wurden vergangene Nacht landesweit 284 Fahrzeuge angezündet, 62 davon im Großraum Paris und 209 in anderen Landesteilen, unter anderem in Lyon und Toulouse. Die Beamten nahmen 115 Verdächtige fest. Fünf Polizisten wurden verletzt. In der Nacht zum Sonntag waren noch 374 Wagen in Flammen aufgegangen und es hatte 212 Festnahmen gegeben.

Feuer in Kindergarten

Auch wenn die Zahl der in Brand gesteckten Wagen über das Wochenende kontinuierlich sank, waren insgesamt immer noch dutzende Städte und Gemeinden von den Krawallen betroffen. In 40 Städten galt eine nächtliche Ausgangssperre. In der Gegend von Lyon, der drittgrößten Stadt des Landes, wurden nach Polizeiangaben 15 Autos in Brand gesteckt; zudem wurde in einem Kindergarten Feuer gelegt. Drei Menschen wurden festgenommen, die Benzin transportierten. In Lyon hatten die Behörden für Sonntagnachmittag ein Versammlungsverbot verhängt, nachdem es am Vortag in der Altstadt zu Unruhen gekommen war.

Auch in Elsass und Lothringen nahm die Zahl der angesteckten Autos weiter ab: dort wurden am Sonntagabend insgesamt neun brennende Wagen gezählt. Im Norden Frankreichs musste die Feuerwehr über Nacht etwa 40 Mal ausrücken, um Brände von Autos, Müllcontainern und anderen Objekten zu löschen. Acht Menschen wurden festgenommen. In Grenoble wurden zwei Polizisten verletzt, als eine Gasflasche in einem brennenden Mülleimer explodierte.

Eine Milliarde Euro Hilfe denkbar

Die Europäische Union (EU) bot Frankreich eine Finanzhilfe in Höhe von 50 Millionen Euro an, die zur Lösung der Probleme in den von den Ausschreitungen betroffenen Vorstädten beitragen soll. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte am Sonntagabend dem französischen Fernsehsender TV5, das Geld könne "im Rahmen stadtplanerischer Programme" der Union freigegeben werden. Dies habe er der Pariser Regierung bereits am Freitag mitgeteilt. Längerfristig halte er es für möglich, "gewisse ungenutzte Budgetmittel umzuschichten" und etwa eine Milliarde Euro für Hilfs- und Sanierungsmaßnahmen in benachteiligten Stadtgebieten einzusetzen.

Die größte Herausforderung, die derzeit auf Frankreich zukomme, ist nach Barrosos Worten die Schaffung von Arbeitsplätzen für die frustrierten Jugendlichen in den Trabantenstädten. "Wenn in den Vorstädten 60 Prozent der Jugendlichen keine Arbeit haben, ist das ein Problem", sagte er.

Der Ausnahmezustand war am Mittwoch auf Basis des Notstandsgesetzes von 1955 per Verordnung für zwölf Tage verhängt worden. Um ihn darüber hinaus auszuweiten, muss ein eigenes Gesetz auf den Weg gebracht werden, dem das Parlament zustimmen muss. Ungeachtet dieses Gesetzes kann der Ausnahmezustand per Dekret jederzeit beendet werden, auch vor Ablauf der geplanten drei Monate. Wichtigste Maßnahme im Rahmen des Ausnahmezustands ist die Ausgangssperre. Zudem können Versammlungsverbote verhängt werden.

Le Pen über das "wahre Problem"

Der Chef der fremdenfeindlichen Partei Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, kritisierte die Maßnahmen der französischen Regierung, die nicht das "wahre Problem" der "unkontrollierten Einwanderung aus der Dritten Welt" beantworteten. "Wir wussten, dass sie eine weltweite Atombombe sein würde", sagte Le Pen am Sonntag dem privaten Rundfunksender RTL. (mas)