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Überblick: Was lernt die Welt aus Fukushima?

16. März 2011

Trotz der Atomkatastrophe in Japan wollen die meisten Länder an der Atomenergie festhalten. Es gibt jedoch auch Außnahmen: China zum Beispiel hat entschieden die Genehmigungen neuer Atomkraftwerke auszusetzen.

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Der beschädigte Reaktor Vier des Atomkraftwerks Fukushima I (Foto: AP/Tokyo Electric Power Co. via Kyodo News)
Viele Länder ziehen aus der Atomkatastrophe in Japan keine KonsequenzenBild: AP
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Foto: AP/Petros Giannakouris)
Für den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan sind Atomkraftwerke notwendige InvestitionenBild: AP

Türkei

"Es gibt keine Investitionen ohne Riskio", sagte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei gilt als besonders erdbebengefährdet. Trotzdem sollen hier zwei Atomkraftwerke entstehen. Wer jedes Risiko ausschließen wolle, der müsse auch auf den Betrieb von Gasflaschen in der Küche oder den Bau von Ölpipelines verzichten, sagte Erdogan.

China

In China kam es am Mittwoch (16.03.2011) zur Kehrtwende: Neue Kernkraftwerke soll es zunächst nicht geben und alle Nuklearanlagen werden einer Sicherheitsprüfung unterzogen. Am Montag hatte Chinas Volkskongress noch beschlossen, bis 2015 mit dem Bau neuer Kernkraftwerke zu beginnen. "Die Sicherheit hat jetzt oberste Priorität", ließ der Staatsrat am Mittwoch verkünden.

Spanien
Einen Tag vor dem Erdbeben in Japan hatte die Madrider Regierung die Betriebsgenehmigung für das Atomkraftwerk "Confrentes" um zehn Jahre verlängert. Spanien hält an seinen Plänen fest; lediglich die Sicherheit der acht bestehen Atomkraftwerke soll überprüft werden. Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero glaubt, dass diese sicher sind.

Osteuropa

Die osteuropäischen Staaten sind sich einig: Weiterhin ein klares "Ja" für die Atomkraft. Tschechien, Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wollen bestehende Kraftwerke weiter nutzen und auch neue sind geplant. Die Länder sind sich einig, dass ihre Kraftwerke sicherer als die in Japan seien und in ihren Gebieten zudem keine Erdbebengefahr bestünde.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy (Foto: AP/Yves Logghe)
Hält seine Atomkraftwerke für sicher: Der französische Präsident Nicolas SarkozyBild: AP

Frankreich

Atomenergie als Element der Unabhängigkeit: Der französische Präsident Nicolas Sarkozy lobt die Sicherheit der Atomkraftwerke in seinem Land. Durch diese Art der Energieversorgung erhalte sein Land die nötige Unabhängigkeit. In Frankreich gibt es, gleich nach den USA, die meisten Atomkraftwerke weltweit: 58 Reaktoren erzeugen 75 Prozent des Strombedarfs.

USA

In den USA stehen weltweit die meisten Kernkraftwerke und daran wird sich auch nach den Geschehnissen in Japan nichts ändern. Alle Kernkraftwerke würden streng überwacht und zudem hätten alle Energiequellen ihre Schattenseiten, sagte Präsident Barack Obama. Durch Atomkraft soll in den USA vor allem die Abhängigkeit von Ölimporten gedrosselt werden.

Italien

Zu arm zum Verzichten? "Italien kann sich keine Atom-Angst leisten", sagte Paolo Romani, der italienische Minister für wirtschaftliche Entwicklungen. Noch ist in Italien kein Atomkraftwerk in Betrieb. Das soll sich aber bald ändern und Italien hält an den Plänen zum Wiedereinstieg fest.

Russland
Mit dem Bau des ersten Kernkraftwerks in der Ex-Sowjetrepublik Weißrussland reagierte Russland auf die Ereignisse. Die Kernkraft sei Teil der weltweiten Energiebalance, sagte Regierungschef Wladimir Putin. Die bereits erstehenden Kraftwerke sollen einer einmonatigen Sicherheitsprüfung unterzogen werden.

Großbritannien

Aus London wird Kritik an der europäischen Atompolitik laut: Der britische Energieminister Chris Huhne beschuldigt Länder, wie zum Beispiel Deutschland, vorschnell auf die Ereignisse in Japan reagiert zu haben. Die EU hat außerdem am Dienstag die Einführung von Stresstests für Kraftwerke beschloßen. Durch diese soll einheitlich die Sicherheit aller Kraftwerke der Mitgliedsstaaten überprüft werden. Großbritannien ist für die Überprüfung der 19 britischen Reaktoren, will aber weiterhin auf Atomkraft setzen.

Kernkraftwerk in Beznau in der Schweiz (Foto: picture alliance/dpa)
In der Schweiz sollen vorerst keine neuen Atomkraftwerke entstehenBild: picture alliance/dpa

Schweiz

Die Schweiz legt ihre Baupläne für neue Kernkraftwerke vorerst aufs Eis. Die Ursachen des Unfalls in Japan sollen genau analysiert werden. Aus diesen sollen "neue oder schärfere Sicherheitsstandards" abgeleitet werden, sagte Wirtschaftsministerin Doris Leuthard.

Indonesien

Sicherer dank moderner Technologien? Das Land hält an seinen Bauplänen für Atomkraftwerke fest. Die Technologien in den indonesischen Kraftwerken seien 40 Jahre moderner und damit auch sicherer als die in Japan, glaubt Ferhat Aziz, Sprecher der indonesischen Atomenergiebehörde. Für das Jahr 2022 ist ein Atomkraftwerk mit vier Reaktoren geplant.

Finnland

Atomkraftwerke als Übergangs-Technologie: Auch in Finnland hält man an den bereits bestehenden Plänen zum Ausbau der Atomkraft fest. Auf lange Sicht müsse man aber auf grüne Technologien setzten, sagte Staatspräsidentin Tarja Halonen.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez (Foto: AP/Fernando Llano)
Hofft, dass viele Länder bald auf Atomenergie verzichten: Venezuelas Präsident Hugo ChávezBild: AP

Venezuela

In Venezuela werden die Pläne zum Ausbau der Atomenergie gestoppt. Präsident Hugo Chávez glaubt, dass viele Länder nun ihre Haltung zur Atomenergie neu überdenken werden. Aus diesem Grund würde die Ölnachfrage bald steigen. Falls dies wirklich eintrifft, würde Venezuela als großer Ölexporteur davon profitieren.

Philippinen

Der philippinische Präsident Benigno Aquino lehnt den Einsatz von Kernenergie in Zukunft ab. Stattdessen sollen verstärkt nichtnukleare Energiequellen genutzt werden.

Autorin: Jill Wagner (mit ap, dpa, afpd)
Redaktion: Dirk Eckert