1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Özdemir: "Es geht um die Loyalität zu Europa"

Maximiliane Koschyk
14. Februar 2017

Wenn ein Grünen-Politiker die NATO verteidige, zeige das, wie ernst es um die Bedrohung westlicher Werte durch Russland steht, sagte Cem Özdemir im Interview der DW. Für ein Ende der Sanktionen sehe er keinen Grund.

https://p.dw.com/p/2XW9c
Cem Özdemir
Bild: Getty Images/S. Loos

Der Rücktritt des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Michael Flynn, sei ein Zeichen für den Einfluss der russischen Regierung auf das Weiße Haus: "Ich bin mir nicht sicher, ob er der einzige in dieser Regierung ist, der loyaler zu Herrn Putin ist als zu der Verfassung der Vereinigten Staaten", sagte Cem Özdemir, Vorsitzender der Partei Die Grünen im Gespräch mit dem englischen Nachrichtenmoderator Brian Thomas.

Ein Grüner verteidigt die NATO gegenüber den USA

Es gebe eine offensichtliche Bedrohung durch Putin: "Er will keine starke Europäische Union, er will keine NATO", sagte Özdemir.  Es sei offensichtlich, dass man die NATO noch brauche. "Ich bin der Vorsitzende der Grünen-Partei und verteidige hier die NATO gegenüber dem US-Präsidenten", sagte er.

Özdemir: "Wir müssen mit den Sanktionen weiter machen"

Der Sicherheitsberater des US-Präsidenten Donald Trump war am Vorabend zurückgetreten. Grund waren unter anderem Telefonate mit dem russischen Botschafter vor seinem Amtsantritt, in denen ein Ende der Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt wurde. "Wir müssen mit den Sanktionen weiter machen", sagte Özdemir. Er sehe keinen Grund die Sanktionen aufzuheben so lange Putin seine Soldaten in der Ostukraine nicht stoppe. "Das sind keine Separatisten, das ist Russland, das sich in die Situation in der Ukraine einmischt", sagte der Grünen-Politiker. "Man muss blind sein, das nicht zu erkennen."

Özdemir: Einfluss Russlands auf Deutschland wird Wahlkampfthema

Ein Festhalten an den Sanktionen gegen Russland sei laut Özdemir unabdingbar:  "Wir können es nicht wieder erlauben, dass die Staaten zwischen Russland und Deutschland sich instabil und unsicher fühlen." Andererseits müsse man einen friedlichen Kurs mit Russland wahren: "Es ist unser Nachbar", sagte Özdemir. "Man kann mit einer Atomwaffenmacht nicht auf Konfrontationskurs gehen."

Die Einflussnahme Russlands sei laut Özdemir auch in Deutschland ein Problem. "Wir werden diese Frage auch hierzulande stellen: Wer ist gegenüber unserem Land loyal, gegenüber unserer deutschen Verfassung und wer will Putins, Trumps oder Erdogans Vision für die Zukunft Deutschlands", sagte der Grünen-Vorsitzende. "Das wird auf jeden Fall auch hierzulande ein Thema während des Wahlkampfs sein."

Aufstieg der Rechtspopulisten: "Sprecht mit den Wählern"

In Deutschland wird am 24. September ein neuer Bundestag gewählt. Eine mögliche Koalitionsbildung sowohl mit der konservativen CDU und CSU oder der SPD sieht der Bundesvorsitzende der Grünen aktuell noch nicht: "Es ist viel zu früh darüber zu reden, wer die nächste Koalition bildet", sage Özdemir. "Uns ist klar, dass es mit keinem potentiellen Koalitionspartner einfach wird, egal ob es die Sozialdemokraten oder Christdemokraten sind."

Deutschland Grüne Spitzenduo 2017
Gemeinsam mit Katrin Göring-Eckhard (links) tritt Özdemir als Spitzenkandidaten in der Bundestagswahl anBild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

In aktuellen Umfragewerten liegen die Grünen hinter der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD). Die Wähler der Rechtspopulisten würden sich laut Özdemir als Verlierer der Globalisierung sehen. "Es ist unsere Aufgabe, allen klar zu machen, dass sie Teil der Gesellschaft sind." Das heiße aber nicht, die Agenda der AfD zu übernehmen: "Wenn demokratische Parteien die Agenda der Populisten übernehmen, gewinnen nur die Populisten." Er würde ihre Wähler ansprechen, aber nicht die Parteiführung.

Ist die Krise Europas eine Krise der Loyalität?

Nicht nur in Deutschland wird dieses Jahr gewählt, 2017 stehen auch Wahlen in den Niederlanden und Frankreich an. An einen europaweiten Aufstieg der Rechtspopulisten glaubt Özdemir nicht, ist aber vorsichtig: "Ich lag mit dem Brexit falsch, ich lag mit Putin falsch, so wie viele von uns", sagte der Politiker. "Andererseits sehe ich Macrons (unabhängiger französischer Präsidentschaftskandidat) Aufstieg und das viele Menschen verstanden haben, dass unsere Demokratien verteidigt werden müssen gegen Herrn Putin und Herrn Erdogan und Trump."

"Es geht hier um die Loyalität zu Europa", sagte Özdemir. "Glauben wir an Europa, die Aufklärung und freiheitliche Demokratie, oder an die Lösungen des letzten Jahrhunderts, die uns in Desaster und Chaos gestürzt haben?", fragte er und antworte sich selbst. "Ich glaube, wenn wir Demokraten bereit sind zu kämpfen, werden wir gewinnen."