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Österreichs Kanzler Faymann tritt zurück

9. Mai 2016

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei SPÖ legt seine Ämter mit sofortiger Wirkung nieder. Hintergrund ist offenbar der Triumph der Rechtspopulisten bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Monat.

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ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und der bisherige österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (Foto: Reuters/H.-P. Bader)
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner (l.) soll Werner Faymann - vorübergehend - nachfolgenBild: Reuters/H.-P. Bader

Der starke Rückhalt innerhalb seiner Partei sei verloren gegangen, begründete Werner Faymann, Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei SPÖ, im Bundeskanzleramt in Wien den Schritt. "Dieses Land braucht einen Kanzler, hinter dem die Partei voll steht. Die Regierung braucht einen Neustart mit Kraft. Wer diesen Rückhalt nicht hat, kann diese Aufgabe nicht leisten", sagte Faymann.

Die rot-schwarze Regierung hatte zuletzt ihren Asylkurs im Einklang mit den Staaten auf dem Balkan deutlich verschärft. Faymann verteidigte erneut das Ende der "Willkommens-Kultur" und die zunehmend restriktivere Flüchtlingspolitik des Landes. "Es wäre verantwortungslos gewesen, nicht auch eigene Maßnahmen zu setzen", so der 56-Jährige. Doch die restriktivere Flüchtlingspolitik war innerhalb der Partei höchst umstritten.

Wirtschaftlicher Niedergang als Stolperstein

Neben den Folgen der Flüchtlingskrise fürchten viele Österreicher auch einen wirtschaftlichen Niedergang. Die Koalition aus Sozialdemokraten und der konservativen ÖVP hat Abhilfe versprochen. "Das ist ein Warnsignal an die Regierung. Krempelt endlich die Ärmel auf. Und tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl von Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können", hatte Faymann nach der ersten Runde der Präsidentenwahl dem "Kurier" gesagt. Sich selbst sah der seit 2008 regierende Bundeskanzler offenkundig nicht mehr als den Mann, der diese Ziele umsetzen kann. Dennoch wagte er einen optimistischen Blick in die Zukunft: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Land stark genug ist, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu bewältigen."

Der rechtspopulistische FPÖ-Kandidat Norbert Hofer hatte die erste Runde der Bundespräsidentenwahl am 24. April klar gewonnen. Die Kandidaten der beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP hatten es bei der Abstimmung erstmals seit 1945 nicht in die Stichwahl geschafft. Faymann war nach der Niederlage seiner Partei in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl mit Rücktrittsforderungen konfrontiert worden. FPÖ-Kandidat Hofer geht am 22. Mai als Favorit in die Stichwahl um das Präsidentenamt gegen den von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen.

Österreich Wien Bürgermeister Michael Häupl
Vorübergehende SPÖ-Spitze: Wiens Bürgermeister Michael HäuplBild: picture-alliance/APA/H. K. Techt

ÖVP-Chef Mitterlehner als Zwischenlösung

Inzwischen wurde bekannt, dass der Chef der konservativen Volkspartei ÖVP, Reinhold Mitterlehner, interimistisch als Kanzler ernannt werden soll. Faymann wolle bei Bundespräsident Heinz Fischer offiziell seinen Rücktritt einreichen, sagte seine Pressesprecherin der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Fischer werde dieser Bitte nachkommen und Mitterlehner mit der Fortführung aller Geschäfte beauftragen, hieß es aus dem Büro des Präsidenten.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl soll interimistisch die Führung der österreichischen Sozialdemokraten übernehmen soll. Ein entsprechender Beschluss soll am Nachmittag im Parteivorstand fallen, berichtete die Nachrichtenagentur APA. Häupl sprach von einer "Phase des Nachdenkens" - dies könne man am besten schweigend machen. Mögliche Spekulationen, wer das Erbe Faymann antreten solle, wollte er deshalb nicht kommentieren.

pab/kle/sti (AFP, dpa, rtr)