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Äthiopien-Hilfe

22. Dezember 2011

Wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Gruppe sollen zwei schwedische Journalisten in Äthiopien ins Gefängnis. Deutschland fordert die Verbesserung der Menschenrechtslage im Partnerland.

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Wasserprojekt in Äthiopien (Bild: Rainer Kwiotek)
Bisher galt Äthiopien als "Donor Darling" deutscher GeberBild: Rainer Kwiotek /Zeitenspiegel

Bereits im Juni hatte Entwicklungsminister Dirk Niebel anlässlich der deutsch-äthiopischen Regierungskonsultationen eine Verbesserung der Menschenrechtssituation und der Pressefreiheit angemahnt und dabei auch die Störung des amharischen Hörfunkprogrammes der Deutschen Welle in Äthiopien thematisiert. Die Mahnung aus Bonn scheint bei den Partnern in Addis Abeba freilich keinen großen Eindruck gemacht zu haben: Äthiopien erlebt seit Monaten einen politischen Winter, der den Spielraum für Oppositionelle, Journalisten und zivilgesellschaftliche Akteure weiter beschneidet. Als Instrument dient dazu das von Menschenrechtsgruppen scharf kritisierte Anti-Terror-Gesetz.

Campus der Universität Addis Abeba (Bild: Ludger Schadomsky)
Hort der Opposition: Studenten auf dem Campus der Universität Addis AbebaBild: DW

Nun will sich das Entwicklungsministerium (BMZ) bis zum März 2012 Zeit lassen, um abschließend zu beurteilen, ob Äthiopiens Wirtschaft marktwirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien gehorche und eine Förderung verdiene. "Wenn es eine ausreichend große Schnittmenge gibt zwischen dem, was wir für die Nachhaltigkeit unseres Beitrages für erforderlich halten, und dem, was die äthiopische Regierung für machbar hält, dann werden wir in dem Bereich zusammenarbeiten", so BMZ-Abteilungsleiter Friedrich Kitschelt. "Wenn es nicht tragfähig ist, dann werden diese 14 Millionen in diesem Bereich nicht zum Einsatz kommen".

Kritiker bemängeln deutsche Realpolitik am Horn

Kritische Beobachter glauben freilich zu wissen, dass das Ergebnis der Evaluierung positiv ausfallen wird. Zu groß sei das wirtschaftliche und geostrategische Interesse Deutschlands am Horn von Afrika. Die Bundesregierung betont deshalb vorsorglich die Regierungsferne des 14-Millionen-Programmes und weist darauf hin, dass die Mittel eben nicht den staatlichen Sektor, sondern die Privatwirtschaft fördern sollen.

Oppositionsführer Negasso Gidada war früher Präsident des Landes (Bild: Ludger Schadomsky)
Oppositionsführer Negasso Gidada war früher Präsident des LandesBild: DW

Diese Unterscheidung tauge in der Realität nicht, kritisiert der frühere Präsident des Landes und heutige Oppositionsführer Negasso Gidada die deutsche Position. "Wenn die äthiopische Regierung von 'Privatsektor' spricht, meint sie damit diejenigen Teile, die loyal zur Regierungspartei EPRDF stehen", so Gidada, der inzwischen zum Widersacher des autoritär regierenden Ministerpräsidenten Meles Zenawi geworden ist. Die deutsche Regierung müsse sich im Klaren darüber sein, dass die äthiopische Regierung den unabhängigen Privatsektor nicht nur nicht unterstützte, sondern aktiv behindere.

Anti-Terrorgesetz mit "Gummiparagraphen"

Zustimmung erhält Gidada von dem Grünen-Abgeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Bundestag, Thilo Hoppe. Er fordert, angesichts der sich verschlechternden Menschenrechtslage die deutsche Hilfe auf den Prüfstand zu stellen. "Man muss sich genau fragen, welche Hilfe unverzichtbar ist, z.B. zur Armuts- und Hungerbekämpfung", so der Grünen-Politiker.

Wasserholen im Fluss (Bild: waterdotorg)
Äthiopien gehört zu den bevölkerungsreichsten Ländern AfrikasBild: CC/waterdotorg

Die Bundesregierung gibt zu, dass es im Partnerland Demokratiedefizite gibt, die "die Entwicklung behindern", wie Friedrich Kitschelt vom BMZ betont. Vor allem das umstrittene Anti-Terrorgesetz mit seinen "schwammigen Formulierungen" und "Gummiparagraphen" ärgere die deutsche Seite. Dennoch will man an einer Partnerschaft "auf Augenhöhe" festhalten. Das Haus von Minister Dirk Niebel beruft sich dabei auf Entwicklungsfortschritte, etwa bei den Milleniumszielen, und auf die demografischen Realitäten in Afrikas zweitbevölkerungsreichstem Land. "Man muss nicht erst an den arabischen Frühling erinnern, um sich leicht vorzustellen, wo das hinführen kann", so Kitschelt. "Wir versuchen mit Förderprogrammen im Privatsektor Tore zu öffnen für eine Liberalisierung in Äthiopien".

Autor: Ludger Schadomsky
Redaktion: Katrin Ogunsade