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Politik

Zyperns Kampf gegen Kunstraub

Panagiotis Kouparanis
17. Mai 2018

Seit Jahrzehnten bemüht sich Zypern, Tausende illegal ausgeführte antike und religiöse Kulturgüter zurückzuholen. Die Rückführung zweier Artefakte aus Deutschland zeigt, wie mühsam das ist.

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Rückführung von zwei antiken Kulturwerke aus Deutschland nach Zypern
Bild: DW/P. Kouparanis

Es gehört zum täglichen Ritual im zyprischen Archäologischen Dienst in Nikosia: Eine Archäologin durchforstet im Internet die Seiten von Auktionshäusern, Galerien und Museen, die bekannt dafür sind, dass sie zyprische Kunstwerke versteigern, verkaufen oder sammeln. Das Interesse gilt religiösen und antiken Kunstschätzen, die nach der türkischen Invasion 1974 illegal außer Landes gebracht wurden. Aus rund 500 Kirchen und Klöstern im besetzten Nordzypern wurden Tausende von Ikonen, Fresken, Mosaiken, liturgische Gegenstände und Evangelien gestohlen. Hinzu kommen Tausende antike Kulturgüter, die aus Museen, Privatsammlungen oder Raubgrabungen stammen. Kunst-Hehler haben sie ins Ausland verkauft. 

"Wir finden illegal ausgeführte Kulturgüter in Katalogen von Auktionshäusern und Galerien nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in Japan und Australien", erläutert Marina Solomidou-Ieronymidou, Direktorin des zyprischen Archäologischen Dienstes. "Wenn wir auf ein Exponat stoßen, bei dem wir sicher sind, dass es zyprischer Provenienz ist, oder aber mutmaßen, dass es das sein könnte, suchen wir in den Fotosammlungen unserer aber auch anderer Archive nach Beweisen, um es zu dokumentieren." Wenn die Annahme ausreichend belegt werden kann, wird eine Anzeige bei der zyprischen Polizei erstattet. Das Referat Kulturerbe ist dafür zuständig. Über Interpol werden Polizei und Staatsanwaltschaft des Landes eingeschaltet, in dem das Kulturgut ausfindig gemacht wurde. Diese Prozedur ist fast ein Kinderspiel, im Vergleich zu dem, was folgt. 

Marina Solomidou-Ieronymidou
Marina Solomidou-Ieronymidou: Auf der ganzen Welt gibt es illegal ausgeführte zyprische Kulturgüter Bild: DW/P. Kouparanis

Recht haben und Recht bekommen    

Ende März fand in der Botschaft Zyperns in Berlin ein kleiner Empfang statt: In Anwesenheit von Vertretern des deutschen Kulturstaatsministeriums und Diplomaten des Auswärtigen Amts übergaben ein Kunsthändler aus Südwestdeutschland und seine Ehefrau dem zyprischen Botschafter Andreas Hadjichrysanthou eine kleine Figur und eine Schale. Es handelte sich um die Statuette eines Kriegers aus dem 7. Jahrhundert vor Christus und eine rund 4000 Jahre alte Schale aus der frühen Bronzezeit. Beide Kunstwerke gehörten nachweislich zu einer Sammlung aus Nodzypern, die nach der türkischen Invasion geplündert worden war. Mutmaßlich wurde der größte Teil des Bestands von Hehlern illegal ins Ausland verhökert.   

Vor zwei Jahren entdeckte der zyprische Archäologische Dienst die Figur und die Schale aus dieser Sammlung auf der Internetseite des deutschen Galeristen. Er ist seit Jahrzehnten dafür bekannt, zyprische antike Gegenstände anzubieten. Es kam zu einer Anklage vor Gericht. Der Kunsthändler wurde freigesprochen. Er konnte nachweisen, dass er beide Artefakte in den 80er Jahren bei einer Auktion in London legal erworben hatte. Hätte der Galerist sie erst nach 1993 erstanden, wäre er vom Gericht verurteilt worden, vermutet der Botschafter Zyperns in Berlin, Andreas Hadjichrysanthou: "In diesem Jahr übernahm Deutschland die europäische Richtlinie zur Rückführung von illegal ausgeführten Kulturgütern aus EU-Staaten. Allerdings gilt diese Richtlinie nicht rückwirkend. Da der Kunsthändler nachweisen konnte, dass er die Gegenstände vor 1993 und im guten Glauben gekauft hatte, ist er freigesprochen worden und konnte sie behalten."  

Noch weitere zyprische Kulturgüter in Deutschland

Der Botschafter ließ die Sache nicht auf sich beruhen und wandte sich an das Auswärtige Amt und das Kulturstaatsministerium. Er stieß auf offene Ohren. Vertreter beider Ministerien setzten sich mit dem Galeristen in Verbindung. Sie konnten ihn davon überzeugen, beide Kulturgüter an den zyprischen Staat zurückzugeben. "Ohne das deutsche Kulturstaatsministerium und das Auswärtige Amt hätten wir beide Kulturgüter nicht zurückbekommen", sagt Marina Solomidou-Ieronymidou. Sie äußert sich anerkennend über den Kunsthändler: Er habe die Gegenstände unentgeltlich zurückgegeben. Im Regelfall muss der zyprische Staat für solche Rückholaktionen viel Geld aufbringen.  

Orthodoxe St. Georg-Kirche
Geplündert und geschlossen: Die Sankt Georgs-Kirche in der nordzyprischen Stadt Morfou (Türkisch: Güzelyurt) Bild: DW/P. Kouparanis

Letzte Woche war die zyprische Archäologin in Berlin, um die Figur und die Schale abzuholen. In einer Reihe von Treffen bedankte sie sich bei den beteiligten deutschen Stellen für ihre Hilfe. Sie bat auch um weitere Unterstützung. Seit 1997 bemüht sich Zypern um die Rückführung von Reliquien, die sich im Besitz eines in München lebenden türkischen Kunsthändlers befinden. Es handelt sich unter anderem um jahrhundertealte Kunstwerke, die aus orthodoxen Kirchen und Gotteshäusern der maronitischen Minderheit nach der türkischen Invasion in Nordzypern entwendet wurden. Erst 2013 gelang es Zypern nach mehreren Prozessen, 173 Ikonen, Fresken und Mosaiken wiederzubekommen. Rund 60 Kunstwerke befinden sich noch in München. Marina Solomidou-Ieronymidou äußert sich zuversichtlich: "Aus den Gesprächen im Auswärtigen Amt und im Kulturstaatsministerium habe ich den Eindruck gewonnen, die deutschen Behörden werden dabei helfen, dass die Kulturgüter nach Zypern zurückgeführt werden."