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Zwischen Vertrauen und Furcht

12. August 2003

Seit 25 Jahren besteht der Freundschaftsvertrag zwischen Japan und China. Die beiden einzigen Großmächte Ostasiens bauen ihre Beziehungen beständig aus, doch das Verhältnis schwankt zwischen Kooperation und Misstrauen.

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Unbewältigte Geschichte: Chinesen fordern eine Entschuldigung von JapanBild: AP


Mehr und mehr Japaner sehen China als wachsende wirtschaftliche Bedrohung. Umgekehrt finden viele Chinesen, dass Japan nicht genug für die Aufarbeitung seiner militaristischen Vergangenheit tut. So hat zum Beispiel Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi den Yasukuni-Schrein besucht, wo der Kriegstoten Japans - darunter auch der Kriegsverbrecher - gedacht wird. Das hat in China alte Wunden aufgerissen und neues Misstrauen gesät.

Wirtschaftliche Bedeutung für beide Staaten enorm

Trotz der wiederkehrenden Spannungen hat sich der Wirtschaftsaustausch zwischen den beiden größten Volkswirtschaften Ostasiens stark entwickelt. Seit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen 1972 stieg der Handel um das 60-fache. Japan ist für China heute der größte Handelspartner, China für Japan nach den USA der zweitgrößte. Im vergangenen Wirtschaftsjahr, gerechnet bis 31. März 2003, übertrafen die japanischen Importe aus China erstmals die aus den USA.

Japans Exporte nach China stiegen um rund 40 Prozent an, während die in die USA rückläufig waren. Doch das hält die Japaner nicht davon ab, in das von den USA initiierte Klagen über die chinesische Geldpolitik einzustimmen: In Washington und Tokio hält man den chinesischen Yuan, dessen Kurs fest an den Dollar gebunden ist, für unterbewertet, was China unfairerweise Vorteile im Außenhandel bringe.


Japan ist einer der größten Auslandsinvestoren in China, dessen Beitritt in die Welthandelsorganisation (WTO) die Rahmenbedingungen für japanische Investitionen noch verbessern wird. Diese Entwicklung löst, mit Blick auf die niedrigen Kosten und das riesige Arbeitskräfte- und Konsumpotenzial der Volksrepublik, bei den Japanern Ängste aus. Da immer mehr Unternehmen Japan den Rücken kehren, wird dort zunehmend die Gefahr einer "Aushöhlung" des eigenen Industriestandortes gesehen.

Japaner fürchten den Riesen auf dem Festland

Das gespaltene Verhältnis wird an dem Zerren um die Entwicklungshilfe Tokios deutlich. Angesichts der wachsenden Militärausgaben Pekings und der angespannten Haushaltslage in Japan mehren sich in Tokio die Stimmen derer, die eine Reduzierung der Entwicklungshilfe für China fordern. Zugleich aber verfolgt Tokio das Kalkül, dass sich der wachsende Wirtschaftsaustausch sicherheitspolitisch positiv auswirkt. Erschwert wird die Zusammenarbeit immer wieder durch Gebietsstreitigkeiten wie die um die Senkaku-Inseln und viele, vor allem wirtschaftspolitische Probleme.

China erwartet historische Entschuldigung

Den größten Schatten auf die beiderseitigen Beziehungen wirft bis heute die unbewältigte Kriegsvergangenheit. Noch immer erwartet Peking von Tokio eine schriftliche Entschuldigung für die zwischen 1937 und 1945 von der kaiserlichen japanischen Armee in China begangenen Kriegsgräuel. Dass der japanische Regierungschef trotz der Proteste Pekings auf Besuchen am Tokioter Yasukuni-Schrein beharrte, hat zur Verschiebung einer China-Reise Koizumis geführt.

Offensichtlich nur aus Rücksicht auf die Beziehungen und die wirtschaftliche Kooperation hat Peking seine Reaktion begrenzt, um nicht noch mehr Porzellan zu zerschlagen. Beide Seiten arbeiten japanischen Medienberichten zufolge daran, zum Ende des Jahres Besuche von Koizumi und seinem Amtskollegen Wen Jiabao im jeweils anderen Land zu ermöglichen. Zudem will China japanischen Touristen und Geschäftsreisenden von Herbst an visafreie Kurzaufenthalte von bis zu 15 Tagen ermöglichen. Der Plan ist nicht ganz uneigennützig, da China nach der durch die Lungenkrankheit SARS ausgelösten Krise seine Tourismusindustrie wieder ankurbeln muss. (dk)