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Schwerer Berufseinstieg

2. Dezember 2010

Berufseinsteiger in Mazedonien bekommen Anstellungen im öffentlichen Dienst nur über Parteibuch. Parteilose aber qualifizierte Kandidaten haben keine Chance und reagieren mit Resignation - oder sie wandern aus.

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Eine Hand berührt überdimensionales Foto einer Computertastatur mit der Aufschrift "Job" (Foto: dpa)
Wenig Chancen auf Anstellung in MazedonienBild: dpa Zentralbild

Wie sehr der öffentliche Sektor Mazedoniens mit der Politik verbunden ist, zeigt sich an dem enormen Staatsapparat auf kommunaler und zentralstaatlicher Ebene, meint der Soziologe Ljupco Vrangalovski. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession seien die einzig sicheren und guten Einkommen in Mazedonien die in der öffentlichen Verwaltung.

Vrangalovski gibt zu bedenken, dass keine politische Partei im Land realistische und umsetzbare Strategien erarbeitet habe, damit der öffentliche Sektor überparteilich und professionell werde. So seien die mazedonischen Behörden eher bekannt für ihre linientreue als für ihre Professionalität.

Weil die Parteien ihre Gefolgsleute unterbrächten, "herrscht in diesem Bereich bereits seit längerem Überbeschäftigung, aber an gut ausgebildeten Fachkräften mangelt es dennoch", so Vrangalovski. Die Leidtragenden dessen sind ihm zufolge die Berufseinsteiger ohne Parteibuch, weil sie bereits bei der Bewerbung benachteiligt werden.

Eine junge Frau und drei junge Männer stehen in einem Raum zusammen (Foto: DW)
Vorwurf der AntriebslosigkeitBild: DW

Fehlendes Engagement?

"Als ich jung war, lehrten sie mich, dass ich ein guter Mensch werde, wenn ich lerne. Was für ein Mensch bin ich nun ohne Arbeit?" Unter diesem Motto hat das Jugendbildungsforum aus der Stadt Struga am Ohrider See eine öffentliche Debatte angeregt. Sie wollten auf die Missstände bei der Einstellung junger Leute in Mazedonien hinweisen.

Diese seien auch der Hauptgrund, weswegen viele quaifizierte Mazedonier ins Ausland abwanderten, erklärt Brankica Zatarakoska, Koordinatiorin des Forums. Allerdings gesteht sie ein, dass auch die Berufseinsteiger einen Teil der Schuld für die schlechte Einstellungsquote tragen. Erwartungen an den Arbeitgeber seien oft zu hoch und unrealistisch.

"Alle wollen Oben anfangen. Sie haben aber keine praktische Erfahrung, wollen jedoch gleich aufsteigen," so Zatarakoska. Das sei aber nicht möglich, wenn man nicht die Anfangsphasen kennen gelernt und durchlaufen hat, führt sie hinzu. "Ich behaupte, dass ein Grund für die schlechte Einstellungsquote auch das Desinteresse der jungen Leute ist, sich selbst zu engagieren", sagt sie.

Zerrissene Karte vom ehemaligen Jugoslawien (Grafik: DW)
Neue Generation - Opfer der ParteipolitikBild: DW

Verlierer der Transformation

Danijela sucht Arbeit und sieht sich als Teil einer Armee von Arbeitslosen mit Hochschulabschluß. Sie spricht die Gründe für ihre Apathie und Frustration direkt an: "Ich finde es traurig, dass wir in Zeiten leben, in denen das Parteibuch regiert und das ist weitaus wichtiger als der Bildungsstand. Aber was sollen wir machen, wenn wir keiner Partei angehören. Deswegen sehen die meisten Leute einen Ausweg aus ihrer Situation nur in der Migration."

Laut Angaben des staatlichen Amtes für Statistik sind in Mazedonien 309.000 Menschen arbeitslos und ihre Zahl wächst stetig. "Im Augenblick sehe ich keine Perspektive. Ich glaube, dass wir sogar damit rechnen können, dass die jungen Leute ihrer Unzufriedenheit mit lautstarken Protesten Luft machen werden. Schließlich sind sie gewissermaßen die Opfer der Transition in Mazedonien", sagt der Soziologe Vrangaloski.

Autoren: Milco Jovanovski / Boris Georgievski / Mirjana Dikic

Redaktion: Fabian Schmidt