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Krieg und Frieden

Daniel Pelz 15. Juni 2008

20 Jahre lang gehörte der Bürgerkrieg in Norduganda zu den schlimmsten humanitären Katastrophen weltweit. Seit zwei Jahren herrscht Friede - aber nun drohen Rebellen und Regierung mit neuen Kämpfen.

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A boy with machete wounds following an attack by the Lord's Resistance Army (LRA) in Alito Apac, Uganda, is seen in this undated image released by the International Criminal Court (ICC) in The Hague, Netherlands, Thursday Jan. 29, 2004. Ugandan President Yoweri Museveni has asked the permanent war crimes court in The Hague to investigate the LRA, the rebel group that has allegedly exploited thousands of abducted children as soldiers, porters and sex slaves. (AP Photo/HO/New Vision/ICC)
Viele Kindersoldaten wurden im Krieg getötet oder schwer verletztBild: AP

Zwölf Jahre lang hatte Lokado Ojara sein Feld und sein Dorf im Norden Ugandas nicht mehr gesehen. Der 55-jährige Familienvater teilte das Schicksal von fast zwei Millionen Menschen in der Region: Leben im Vertriebenenlager. Es war der einzige Schutz vor dem Terror der Rebellen. Nacht für Nacht griffen sie Dörfer an, verschleppten Kinder, vergewaltigten und ermordeten ihre Eltern. 200.000 Menschen starben. Seit fünf Monaten ist Lokada Ojara wieder zuhause. Und so soll es bleiben: "Joseph Kony und seine Rebellen sollen bleiben, wo sie sind. Und ich bleibe, wo ich bin", sagt der hagere, große Mann entschieden.

Die Rebellen kommen zurück

Doch Rebellenführer Kony und seine "Widerstandsarmee des Herrn" (Lord Resistance Army - LRA) bewegen sich wieder - Richtung Uganda. Noch befinden sich die Rebellen im Südsudan. Das ist Teil eines Waffenstillstandsabkommens, das sie vor zwei Jahren mit der ugandischen Regierung schlossen. Doch im April weigerte Kony sich, einen endgültigen Friedensvertrag zu unterschreiben. Über die Gründe gibt es nur Spekulationen. Denn der geheimnisvolle Rebellenführer nahm an den Verhandlungen gar nicht teil. Sie liefen über Mittelsmänner, die keinen direkten Kontakt zu ihm hatten.

So ist bis heute unklar, ob der Rebellenführer die Entscheidungen der Verhandlungsführer kannte und billigte. Ein Teilnehmer an den Gesprächen nennt einen anderen Grund: "Kony hat Angst, an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert zu werden". Daher weigere er sich, zu unterschreiben, bevor der Internationale Strafgerichtshof seinen Haftbefehl gegen ihn aufhebt.

Neue Kindersoldaten

Former internal refugees start harvesting fish in Dokolo district, northern Uganda, March 11, 2008. Some 3,000 farmers in northern and eastern Uganda, who were formerly displaced by the Lords Resistance Armys 20-year rebellion, have started to harvest 140 tons of fish worth 165,000 U.S dollars, a project aimed at helping them become self-reliant again. The UN World Food Program (WFP) has announced that it is reducing relief aid to war-ravaged northern Uganda as is now focusing on empowering the internal refugees who have returned home from camps to live a self sustaining life. Xinhua /Landov +++(c) dpa - Report+++
Schwieriger Neubeginn: Frühere BinnenvertriebeneBild: picture-alliance/ dpa

Auf weitere Verhandlungen scheint Kony keinen Wert legen zu wollen. Die südsudanesische Regierung warnt: Die Rebellen greifen Dörfer im Südsudan an und marschieren auf die ugandische Grenze zu. "Wir sind die neuen Opfer", sagt der südsudanesische Informationsminister Gabriel Changson. Knapp 500 Kinder soll die LRA entführt haben, über 20 Menschen sind in bei den Angriffen gestorben. Ugandas Präsident Yoweri Museveni erklärte daraufhin den Friedensprozess für gescheitert. Er plädiert für einen gemeinsamen Militärschlag seiner Armee mit kongolesischen und sudanesischen Truppen.

Manche Experten bezweifeln, dass allein die Rebellen für die neue Gewalt verantwortlich sind. "Es gibt auch Berichte, dass die LRA-Rebellen zunächst angegriffen wurden und dann zurückschlugen", sagt Louise Khabure, Uganda-Expertin bei der International Crisis Group. Denn in Ugandas Regierung gibt es Kräfte, die das Problem lieber militärisch lösen würden. "Einerseits plädieren sie für Friedensverhandlungen, dann wird ein Militärschlag vorgeschlagen, dann soll der Internationale Gerichtshof tätig werden. Die ugandische Regierung verfolgt eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche. Eine militärische Lösung ist aber immer im Gespräch und gerade der Präsident gilt solchen Plänen als nicht abgeneigt", sagt Khabure.

Kein neuer Bürgerkrieg

Experten rechnen aber nicht mit einem neuen Krieg in Norduganda. "Ich habe die Rebellen im Südsudan gesehen und mache mir keine Sorgen. Mit den Waffen und der Truppenstärke, die wir hier in Uganda haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass Kony wieder zurück nach Uganda kommen kann", sagt John Bosco Aludi, Leiter der katholischen Hilfsorganisation Caritas in Norduganda. Trotzdem würde ein Militärschlag Opfer kosten. "Die LRA besteht größtenteils aus entführten Frauen und Kindern. Sie kämpfen nicht freiwillig, sondern werden gezwungen. Ein Militärschlag gegen sie würde ein Blutbad anrichten", befürchtet Kharbure von der International Crisis Group.

Doch ungefährlich sind die LRA-Rebellen dennoch nicht. Bereits jetzt operieren die Rebellen in zwei Ländern: Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Sie könnten die ganze Region destabilisieren - als bezahlte Söldner. Bereits in den 80er-Jahren hatte die sudanesische Regierung die LRA unterstützt. Damit wollte sie die ugandische Regierung treffen, die ihrerseits eine sudanesische Rebellenarmee unterstützte. Spannungen existieren weiter - obwohl der Südsudan eine eigene Regierung und innere Autonomie erhalten hat. Im Norden der Zentralafrikanischen Republik kämpfen seit 2006 Regierungstruppen und Rebellen. Es sind also genug potenzielle Auftraggeber vorhanden - und die Beteiligung der LRA könnte die Konflikte deutlich verschlimmern.

Die Stadt Gulu in Norduganda war das Epizentrum des Krieges. Karte von Uganda aus dem CIA-World Fact Book.
Die Stadt Gulu in Norduganda war das Epizentrum des Krieges