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Zwickels bitterste Niederlage

22. Juli 2003

Nach wochenlangen Grabenkämpfen an der Spitze der IG Metall hat Klaus Zwickel das Handtuch geworfen. Nach erfolglosen Versuchen zur Lösung der Führungskrise trat er wenige Wochen vor dem Ende seiner Amtszeit zurück.

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"Streikende" für Klaus ZwickelBild: AP

Es ist Klaus Zwickels letzte Niederlage, und es ist die bitterste in seinen zehn Jahren an der Spitze der IG Metall: Am Montag (21.7.2003) hat der 64-Jährige Gewerkschaftsvorsitzende seinen vorzeitigen Rücktritt erklärt. Zu seinem Nachfolger soll sein Widersacher und jetziger Stellvertreter Jürgen Peters gewählt werden - den Zwickel mehrmals zum Rücktritt aufgefordert hatte. Und es war nicht das erste Mal, dass der nun zurückgetretene Gewerkschaftschef seinem Vize in aller Öffentlichkeit unterlag.

Er hatte einen Traum

Zwickel wollte die IG Metall - einst die kampfstärkste deutsche Gewerkschaft - reformieren. Sie sollte die alten Kategorien des Klassenkampfs endlich zu den Akten legen. Der gebürtige Baden-Württemberger verordnete seiner IG Metall eine groß angelegte Zukunftsdebatte, damit er nach dem Ende seiner Amtszeit eine moderne, offene Gewerkschaft übergeben könne - an einen würdigen Nachfolger, der sie in seinem Sinne weiterführen sollte.

Dazu auserkoren hatte der gelernte Werkzeugmacher aus dem Schwäbischen den baden-württembergischen Bezirksleiter Berthold Huber, der wie Zwickel dem Reformflügel in der gespaltenen Gewerkschaft zugerechnet wird. Die traurige Bilanz: Die Zukunftsdebatte verlief im Sande, die IG Metall fuhr im Osten die größte Streikniederlage ihrer Geschichte ein und Zwickels Intimfeind Jürgen Peters, die Galionsfigur der Traditionalisten, wird voraussichtlich Ende August 2003 zu seinem Nachfolger gewählt.

Peters hatte aber nicht nur den von Anfang an unbeliebten Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche in Ostdeutschland gegen Zwickels erklärten Willen im Vorstand durchgeboxt. Peters hat sich selbst gegen den Willen seines Vorsitzenden als Kandidat für den Vorsitz durchgesetzt. Im April 2003, als der Vorstand sich über die Kandidaten für den Gewerkschaftstag im Oktober einigen wollte, schlug Zwickel Huber als neuen Vorsitzenden vor. Doch Peters setzte sich durch und verwies den Baden-Württemberger auf den zweiten Platz.

Nach dem gescheiterten Streik sah Zwickel eine zweite Chance, Huber doch noch durchzusetzen, und zog dabei alle Register: Er forderte Peters öffentlich zum Rückzug auf, bot auch seinen eigenen an. Doch der machtbewusste Vizechef gab nicht auf und saß die bislang größte Krise seiner Gewerkschaft ganz einfach aus.

Traurige Bilanz

Zwickel wurde 1993 an die Spitze der IG Metall gewählt, als sein Vorgänger Franz Steinkühler, Mitglied im Daimler-Aufsichtsrat, wegen umstrittener Aktiengeschäfte zurücktreten musste. 1995 gab der Chef der damals noch größten deutschen Gewerkschaft die Initialzündung zum ersten Treffen von Regierung und Tarifparteien im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit im Bündnis für Arbeit - auch das scheiterte.

Zugleich ist Zwickel nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Düsseldorf in die Affäre um umstrittene Millionenprämien für Mannesmann-Manager verwickelt. Zusammen mit dem früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und drei weiteren Angeklagten wird Zwickel Untreue in einem besonders schweren Fall beziehungsweise Beihilfe dazu vorgeworfen.

Die Bilanz seines unermüdlichen Kampfes für die Rechte der Arbeitnehmer hat sich der 64-Jährige, der im Alter von 15 Jahren in die IG Metall eintrat, sicher anders vorgestellt. (kas)