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Zweiter Anlauf zur Lissabon-Begleitung

26. August 2009

Der Bundestag kommt zu einer Sondersitzung in der Sommerpause zusammen, um über das neue deutsche Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag der EU zu beraten. Es eilt: Noch vor der Bundestagswahl soll es stehen.

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EU-Fahne vor Brandenburger Tor (Foto: ap)
Der Bundestag kommt in Berlin zu einer Sondersitzung zusammenBild: AP
Aufgeschlagenes Exemplar des Lissabon-Vertrags (Foto: ap)
Erst nach dem Begleitgesetz kann Deutschland den Lissabon-Vertrag endgültig ratifizierenBild: AP

Die Europapolitiker der deutschen Parteien mussten in der Sommerpause nachsitzen: Sie haben im Eiltempo das Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag der EU überarbeitet. Eingefügt haben sie stärkere Mitwirkungsrechte von Bundesrat und Bundestag in der europäischen Gesetzgebung, so wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 30. Juni verlangt hatte. Künftig muss die Bundesregierung das Parlament frühzeitig und umfassend informieren, wenn sie Rechte an die EU abtreten will.

Mehr Mitsprache für die Parlamente

Der Verhandlungsführer der Bundesländer, Wolfgang Reinhart (CDU), sagt über das Ergebnis: "Es wird nicht mehr so einfach sein, dass man in Hinterzimmern berät und diese Ergebnisse dann nach Deutschland transferiert, sondern in Zukunft werden sich Bundestag und Bundesrat gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärker stellen." Wenn Brüssel in die nationale Souveränität eingreift oder neue Kompetenzen beansprucht, dann hat das deutsche Volk, repräsentiert durch seine Volksvertreter, künftig ein Wörtchen mitzureden. Bundestag und Bundesrat sollen der Regierung auf die Finger schauen, wenn sie die Rechte jedes einzelnen Bürgers an die supranationale Institution EU abtritt.

Linke und CSU heißen Urteil gut

Peter Gauweiler (Foto: ap)
Klagte gegen den Lissabon-Vertrag: CSU-Politiker Peter GauweilerBild: AP

Vor allem die CSU und die Linkspartei feierten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Erfolg. Denn aus ihren Reihen kamen die Kläger: der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler und die Linksfraktion im Bundestag. Sie wollten den Vertrag von Lissabon auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen lassen.

Den Vertrag selbst beanstandeten die Verfassungsrichter nicht, wohl aber das Begleitgesetz, das die Mitbestimmungsrechte des Parlaments regelt. "Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden? Es hat Europa in den Bundestag geholt, das ist wichtig", kommentierte Links-Fraktionschef Gregor Gysi das Urteil. "Wir müssen hier über neue Bedingungen nachdenken, und das wird übrigens auch höchste Zeit, wenn wir die Akzeptanz für die Europäische Union in der Bevölkerung erhöhen wollen."

Linke schließt erneute Klage nicht aus

Das neue Begleitgesetz gibt dem Bundestag das Recht, Stellungnahmen zu geplanten EU-Gesetzen abzugeben, die die Regierung ihren Verhandlungen zugrunde legen muss. Wie flexibel sie dann im komplizierten Gefüge der EU noch agieren kann, muss sich erst zeigen. Die Parlamentarier müssen sich ihrerseits viel intensiver als bisher mit komplexen Sachfragen der Europapolitik beschäftigen.

Der Linksfraktion reicht die neue Fassung nicht aus. Sie vermisst die Möglichkeit, das Volk direkt über EU-Gesetze abstimmen zu lassen. Außerdem seien die Mitspracherechte des Parlaments in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik nicht stark genug. Die Linke will dem neuen Begleitgesetz nicht zustimmen. Sie hat einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt und schließt eine erneute Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht aus.

Sonderwünsche und offene Fragen

Alle anderen Fraktionen haben sich grundsätzlich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der am Mittwoch (26.08) zum ersten Mal im Plenum beraten wird. Noch gibt es aber unerfüllte Sonderwünsche und offene Fragen. So sagt die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Renate Künast: "Das Recht des Bundestags, Stopp zu sagen, ist zwar geregelt, aber es ist offen gelassen, unter welchen Bedingungen eine Bundesregierung diese Notbremse wieder lösen darf."

Das neue Begleitgesetz soll noch im September von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Dann erst kann Deutschland den Vertrag von Lissabon endgültig ratifizieren. Das soll unbedingt noch vor dem erneuten irischen Referendum am 2. Oktober geschehen.

Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Naima El Moussaoui / Martin Schrader