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Zweite Chance für Amerika

Daniel Scheschkewitz, Washington23. Juli 2003

Im Tod der Saddam-Söhne könnte die Gunst der Stunde für die USA liegen, die Vereinten Nationen wieder ins Spiel zu bringen. Daniel Scheschkewitz kommentiert.

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Freudenfeuer in Bagdad und breite Zufriedenheit in Washington. Die Nachricht vom Tod der Saddam-Söhne war die dringend benötigte Erfolgsmeldung, auf die man im Weißen Haus gewartet hatte. Seit Wochen stand den Amerikanern im Irak das Wasser bis zum Hals: Gerade
als sich erste Anzeichen eines zurückkehrenden Vietnam-Traumas auch in den USA selbst bemerkbar machten, gibt es nun diesen sensationellen Erfolg.

Mit den beiden Söhnen Saddams hat das US-Militär im Irak nicht nur zwei Topleute des alten Regimes liquidiert, sondern auch einen Triumph mit hoher symbolischer Signalkraft gelandet. Vorausgesetzt die Identifizierung der Leichen war korrekt, muss vor dem Saddam-Clan im Irak nun niemand mehr Angst haben. Selbst wenn Saddam noch flüchtig ist: Jetzt könnte es sich tatsächlich bewahrheiten, was bislang vor allem amerikanisches Wunschdenken war.

Strukturelle Mängel

Im Irak beginnen auch die letzten Kräfte des alten Regimes sich mit dessen Untergang abzufinden, die Guerilla-Tätigkeit ebbt ab, die Sicherheit nimmt zu und der Wiederaufbau kann an Dynamik gewinnen. Dies ist vor allem deshalb möglich, weil sich die erfolgreiche Militäraktion in Mossul aus einem gezielten Hinweis aus der irakischen Bevölkerung ergab.

Die Gunst der Stunde winkt also. Doch mit zwei Toten allein lässt sich der Frieden noch nicht gewinnen. Dazu sind die Mängel der amerikanischen Besatzung viel zu sehr auch strukturell bedingt. Erst vor Tagen haben amerikanische Experten nicht zum ersten Mal kritisiert, dass die Zivilverwalter im Irak in einem Sicherheitsvakuum arbeiten, dass die Ressourcen fehlen, die notwendigen Kommunkationsbasen und wohl auch die Expertise.

Internationaler Wiederaufbau

Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, dieses Eingeständnis auch auf Regierungsebene nachzuvollziehen und zurück zu den Vereinten Nationen zu gehen. Viele Länder bis hin zu den ursprünglichen Kriegsgegnern Deutschland und Frankreich haben ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Wiederaufbauhilfe signalisiert. Wenn man jetzt die günstige Gelegenheit beim Schopf ergreift, um den Wiederaufbau im Irak auf eine breitere internationale Grundlage zu stellen, könnte gelingen, was für die Sicherheit der Region vital ist: Die Transformationen einer brutalen Diktatur in eine demokratisierte Zivilgesellschaft. Mit dem Tod der Söhne Saddams hat Amerika im Irak eine zweite Chance erhalten.