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Zweikampf in Manila

Ronald Meinardus, Manila10. Mai 2004

Um das höchste Staatsamt der Philippinen streiten offiziell fünf Kandidaten. Doch in Wirklichkeit ist die Präsidentschaftswahl (10.5.) längst zu einem Zweikampf geworden.

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Eine Wahl bewegt die MassenBild: AP

Die Akteure in dem Duell um die Macht in Manila könnten unterschiedlicher kaum sein: Gloria Macapagal-Arroyo, die in einem Land, das die Abkürzungen liebt kurz GMA genannt wird, stammt aus einer alten Politikerfamilie. Die Tochter eines früheren Präsidenten ist promovierte Ökonomin und hat zusammen mit Bill Clinton an der renommierten Georgetown University in Amerika studiert. Sie verkörpert wie kaum jemand anderes das politische Establishment.

Angetreten, um GMA aus dem Amt zu vertreiben ist FPJ - das Kürzel steht für Fernando Poe Junior, ein Kandidat, der außer einer legendären Schauspielerkarriere wenig zu bieten hat, was ihn für den Präsidentenjob qualifizieren würde. Poe hat weder einen Schulabschluss, noch die geringste Erfahrung in politischen Ämtern.

Korruption und private Bereicherung

In einem Land, in dem große Teile der Bevölkerung Berufspolitiker mit Korruption und privater Bereicherung gleichsetzen, ist das Image des politischen Außenseiters durchaus von Vorteil. Poe versäumt keine Gelegenheit darauf zu verweisen, dass er mit der traditionellen Politik und den politischen Parteien wenig am Hut hat. Doch ganz ehrlich ist diese Haltung nicht; jeder weiß, dass die Politiker der Opposition bei Poe hinter den Kulissen die Fäden ziehen.

FPJ lässt sich als Held der Massen feiern. Sein Populismus kommt vor allem bei den verarmten Schichten an - und die stellen die große Mehrheit in den Philippinen. Poe meidet lange Sätze und weicht kritischen Reporterfragen und öffentlichen Debatten konsequent aus. Seine Rhetorik beschränkt sich auf Schlagworte, sein Programm präsentiert der Ex-Schauspieler in Wortfetzen. In seinen Filmen hat FPJ über Jahrzehnte den Helden der Entrechteten gespielt. Vor allem arme Filipinos hoffen, dass ihr Schauspieler-Idol - einmal im höchsten Amt - die Robin-Hood-Rolle weiterspielen kann.

Gloria Macapagal Arroyo
Die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal ArroyoBild: AP

Präsidentin Macapagal-Arroyo weiß, dass ihr zum Machterhalt nicht die Stimmen der Mittelschicht und der winzigen Oberschicht ausreichen. Annähernd neun von zehn Wähler zählen zu den unteren sozialen Gruppen - und entsprechend zielt auch GMA's Rhetorik auf die verarmten Massen. Im Gegensatz zu ihrem Widersacher Poe wird die Präsidentin nicht müde, ihre Qualifikationen und Expertise ins Feld zu führen.

Fiestas, Wahlgeschenke und Gewalt

Die Hauptaufmerksamkeit der in- und ausländischen Medien richtet sich naturgemäß auf die Präsidentschaftswahl. Doch gleichzeitig wählen die 43 Millionen wahlberechtigten Filipinos am Montag rund 17.000 politische Amtsträger - vom Präsidenten bis hinunter zum Bezirksvertreter. Seit Monaten befindet sich das ganze Land im Wahlfieber.

Filipinos gelten als lebensfrohe Menschen. Der Wahlkampf ähnelt den landestypischen Fiestas mit viel Musik, Tanz und kleinen - und hier und da auch größeren - Wahlgeschenken. Die Schattenseiten des Spektakels sind politische Gewalt, die vor allem von Dutzenden Privatarmeen der Kandidaten ausgeht. Im Vorfeld des Urnengangs sind über 70 Menschen bei politisch motivierten Auseinandersetzungen ums Leben gekommen.

In letzten Umfragen liegt die Präsidentin deutlich vor dem Kandidaten der Opposition. Sollte Gloria Macapagal-Arroyo am Ende die Nase vorne haben, was immer mehr Beobachter hier in Manila voraussagen, so liegt das zum einen an der Zerstrittenheit im oppositionellen Lager, zum anderen an der nur als skrupellos zu bezeichnenden Instrumentalisierung des Staatsapparates seitens der kandidierenden Amtsinhaberin. In alle Richtungen hat die Präsidentin Wahlgeschenke verteilt. Wer immer am Ende gewinnen wird - die Sanierung der aus den Fugen geratenen Staatsfinanzen wird wohl eine der Prioritäten sein müssen.