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Zwölf Jahre Haft für Rechtsanwalt in China

22. September 2016

Er verteidigte Künstler, Menschenrechtler und Aktivisten. Jetzt landet Xia Lin selbst hinter Gittern - offiziell wegen "Betrugs". Doch Kritiker wittern ganz andere Motive. Xia ist ein Stachel im Fleisch der Mächtigen.

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Xia Lin (Archivbild: picture-alliance/AP Photo/A. Wong)
Weggesperrt: Xia Lin (Archivbild)Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Wong

In China ist erneut ein prominenter Menschenrechtsanwalt zu langjähriger Haft verurteilt worden. Xia Lin, zu dessen Mandanten der international bekannte Künstler Ai Weiwei zählte, wurde wegen "Betrugs" zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, wie sein Verteidiger Dong Xikui mitteilte.

Menschenrechtler kritisierten das Urteil scharf. Xia habe sich nichts zuschulden kommen lassen und sei wegen seiner Arbeit an heiklen Fällen ins Fadenkreuz der politischen Führung geraten. Die Behörden hätten grundlegende Prozessrechte des Angeklagten verletzt, beklagte die Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders (CHRD) und forderte Xias bedingungslose Freilassung.

Seminar zum Tiananmen-Massaker

Xia war 2014 nach einem privat veranstalteten Seminar zur blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz 1989 festgenommen worden. Anschließend wurde gegen ihn der Vorwurf erhoben, er habe sich auf betrügerische Weise umgerechnet 13,5 Millionen Euro beschafft, um Spielschulden zu begleichen. Die ihm zur Last gelegte Betrugssumme wurde später auf etwa die Hälfte reduziert.

Polizisten vor dem Gericht in Peking (Foto: Reuters)
Wachsames Auge der Staatsmacht: Polizisten vor dem Gericht in PekingBild: Reuters/D. Sagolj

Laut CHRD lieh sich der Anwalt lediglich von Freunden Geld, die gegen ihn zu keinem Zeitpunkt Betrugsvorwürfe erhoben. Erstmals festgenommen wurde Xia Lin vor zwei Jahren, als er damit begonnen hatte, Sympathisanten der Hongkonger Demokratiebewegung in China zu vertreten. Xia war auch an der Verteidigung des bekannten Menschenrechtsanwalts Pu Zhiqiang beteiligt, der wegen regimekritischer Äußerungen im chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo 18 Monate in Untersuchungshaft saß.

Missliebige Mandanten

Ein Mandat aber dürfte der Regierung ganz besonders missfallen haben: Xia Lin gehörte zu den Anwälten, die den prominenten Aktivisten Guo Yushan verteidigten. Der hatte vor drei Jahren dem blinden Bürgerrechtler Chen Guangcheng bei seiner spektakulären Flucht aus dem Hausarrest in Ostchina in die US-Botschaft in Peking geholfen. Der Vorfall löste eine diplomatische Krise zwischen China und den USA aus.

Die Volksrepublik geht seit einigen Jahren verstärkt gegen Bürgerrechtler, Intellektuelle und Anwälte vor. Seit dem Amtsantritt von Präsident Xi Jinping 2012 gab es bereits unzählige Festnahmen.

Allein im August wurden innerhalb einer Woche vier Aktivisten und Menschenrechtsanwälte verurteilt, einige zu langen Haftstrafen. Vor rund einem Jahr waren sie in Gewahrsam genommen worden. Damals hatten die Sicherheitsbehörden zum Schlag gegen inzwischen mehr als 300 Bürgerrechtsanwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten ausgeholt. Derzeit sind laut Menschenrechtlern noch mehr als zwanzig von ihnen in Haft.

jj/stu (dpa, afp)