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Zum Wohl der Tiere?

20. März 2010

Auf der Artenschutzkonferenz in Doha geht es weniger um eine sichere Zukuft für bedrohte Tiere als vielmehr um wirtschaftliches und politisches Strippenziehen, meint Wissenschaftsredakteurin Judith Hartl.

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Judith Hartl, Wissenschaftsredakteurin (Foto: DW)
Judith Hartl, Wissenschaftsredakteurin (rechts im Bild :-))Bild: Judith Hartl / DW

Nun ja, die Nachrichten aus Doha geben einem nicht das Gefühl – wow – da sitzen Vertreter aus 175 Ländern, denen das Wohl der Tiere dieser Welt am Herzen liegt. Was tun diese vielen Leute dort? 13 Tage diskutieren sie, 13 Tage stimmen sie ab über das Schicksal von Eisbären, Haien oder Thunfischen. Und was kommt dabei heraus? Nachrichten wie diese hier: "Artenschutzkonferenz lehnt verstärkten Schutz für Haie ab", "Artenschutzkonferenz lehnt Eisbären-Schutz ab" und "Vorschlag für Handelsverbot für Roten Thunfisch gescheitert".

Kurzum: Es bleibt alles so wie es ist. Trophäenjäger und Pelzhändler können Eisbären wie gehabt abschießen, der Klimawandel tut sein übriges und der Rote Thunfisch wird schon bald so gut wie ausgerottet sein. Von Japanern, die sich - wie es scheint - hauptsächlich von rohem Fisch ernähren, und weil die halbe Welt Sushi als leckere, gesunde und angesagte Delikatesse entdeckt hat. Dummerweise ist der Rote Thunfisch, beziehungsweise der Blauflossen-Thunfisch, der beste und teuerste.

Ein japanischer Fischhändler zerteilt einen großen Roten Thunfisch (Foto: AP/Koji Sasahara)
Auf dem größten Fischmarkt der Welt, in Tokio, werden für den Roten Thun (Blauflossen-Thunfisch) enorm hohe Preise erzielt. Zuletzt wurde für ein 232 Kilogramm schweres Tier umgerechnet rund 128.000 Euro bezahlt. Die Zahl der Blauflossen-Thunfische ist in den vergangenen 50 Jahren um mehr als 85 Prozent zurückgegangenBild: AP

Wirtschaftsinteressen und politisches Säbelrasseln

Dass Haie, Thunfisch und Eisbär nicht unter stärkeren Schutz gestellt werden, ist ein Skandal. Denn Artenschutz spielte bei diesen Entscheidungen der Artenschutzkonferenz offensichtlich keine Rolle. Viel eher Wirtschaftsinteressen und politische Taktiererei. Japan übte in seinem Sushi-Wahn massiven Druck aus, mit Haifischflossen blüht der Handel in großen Teilen Asiens und beim Eisbär soll es so gewesen sein, dass ein von den USA beantragter stärkerer Schutz am Widerstand der Europäer scheiterte. Warum? Tja. Es heißt, auf diese Art wolle man die Amerikaner abstrafen, in der Klimadebatte keine Zugeständnisse zu machen. Das Symboltier des Klimawandels wird also zum Bauernopfer für die Klimadiskussion?!? Wie auch immer. Meine Enttäuschung über soviel Ignoranz ist maßlos und bestärkt mich in der Meinung, dass solche exorbitanten Gipfel außer inhaltsleeren Absichtserklärungen und Kompromisslösungen zu Gunsten der Stärkeren so gut wie nichts bringen.

Artenschutz - Fehlanzeige? Nicht ganz, denn glücklicherweise gibt es bei diesen Mega-Gipfeln auch jede Menge konstruktiver Treffen im kleinen Kreis, etwas abseits der einschläfernden Konferenzräume. Wo effiziente Schutzmaßnahmen entwickelt, Strategien ausgearbeitet, Kooperationen beschlossen und Verträge über bilaterale Projekte unterzeichnet werden. Wo Gelder fließen für Reservate, Nationalparks, für Universitäten und Forschungsprojekte. Wo Strippenziehen und Säbelrasseln unerwünscht ist. Wo es um das Wohl der Tiere geht! Und wo es sicher auch keine Blauflossen-Thunfisch-Sushi-Häppchen gibt.

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Autorin: Judith Hartl
Redaktion: Silke Wünsch