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Zum Geburtstag viel Freud ...

Konstantin Klein31. August 2004

Ein Blick zurück: Vor 35 Jahren war das Internet noch übersichtlicher, als es heute ist. Es bestand aus zwei Großrechnern und einem fünf Meter langen Kabel, und aus drei Männern, die nicht wussten, was sie taten.

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Nun setzt euch brav hin, liebe Kinder, Onkel Netzblick erzählt euch vom Mittelalter. Es war nämlich einmal, vor vielen, vielen Jahren, ungefähr im letzten Jahrhundert, da gab es noch gar kein Internet. Doch, wirklich, ihr müsst gar nicht so ungläubig gucken. Es gab schließlich auch Zeiten, da waren noch alle Telefone mit sogenannten Kabeln an der Wand befestigt. Und es gab nur drei Fernsehprogramme, und die zeigten nicht nur lauter Schwarzweißfilme, die zeigten sogar die Nachrichten in schwarz-weiß!

Was wollte ich euch eigentlich erzählen? Ach ja, das Internet, das es noch nicht gab. Zu diesen Zeiten hatte noch niemand einen PC, weil es sowas noch nicht gab, und ein Computer war etwas, das nur die Männer in den weißen Kitteln anfassen durften. Diese Computer waren so groß wie Schränke, sie waren vernetzt mit fernschreiberartigen Bediengeräten und urtümlichen Monitoren, und mehrere von ihnen zusammen waren fast so schnell wie ein Billig-PC von Aldi. Das Problem dabei war: Man konnte diese Computernetze aus Rechenschrank und Bedienpulten nicht einfach eben so zusammenschalten, wenn sie nicht von ein und demselben Hersteller stammten.

Drei Männer und ein Kabel

In diesen aufregenden Zeiten, es war an einem Dienstag, da probierten Wissenschaftler an der University of California in Los Angeles etwas völlig neues aus. Professor Len Kleinrock und seine Studenten Stephen Crocker und Vinton Cerf nahmen ein etwa fünf Meter langes, graues Kabel, schlossen das eine Ende an einen Großrechner an, das andere an einen anderen, der glücklicherweise nicht weiter als fünf Meter von dem ersten entfernt stand, und fingen an, Daten von dem einen Rechner zum anderen zu schicken. Die Freude war groß, als die Daten die fünf Meter ohne Schaden zurücklegten, denn damit hatten die Leute um Professor Kleinrock bewiesen, dass es möglich ist, verschiedenartige Computersysteme miteinander "reden" zu lassen. Zur Feier des Tages nannten die Wissenschaftler ihre Erfindung "inter-networking", also das Verbinden mehrerer, unterschiedlicher Netzsysteme.

Dieses erste "Inter-Net" war sehr übersichtlich, und es blieb auch noch eine Zeitlang so: in den darauffolgenden Wochen wurden gerade mal drei weitere Rechner angeschlossen. Zwei davon jedoch - und das war das revolutionäre daran - standen nicht in Los Angeles oder auch nur irgendwo an der Westküste Amerikas, sondern mehrere tausend Meilen entfernt, an der Ostküste. Und dennoch kamen die Daten, abgeschickt von der Westküste, unbeschadet und schnell an der Ostküste an. Umgekehrt funktionierte die Sache übrigens genauso.

Dass Professor Kleinrock und seine Studenten an diesem 2. September 1969, gerade mal vor 35 Jahren, etwas Revolutionäres geschafft hatten, war ihnen bewußt. Nicht klar war ihnen, dass sie damit unter anderem die Grundlage zu etwas geschaffen hatten, das sehr viel später unter dem Namen dw-world.de bekannt werden sollten, und natürlich auch die Grundlage zum ganzen großen Rest des WWW, die Grundlage für E-Mail, Instant Messaging, Spam, Newsgroups, e-Commerce, Spam, Google, persönliche Homepages, Spam, Viren, Spam, Spam und Spam.

Drei Männer und keine Axt

Oder anders ausgedrückt: Wenn auch nur einer der Anwesenden den erforderlichen Weitblick gehabt hätte, hätte er zu der Axt gegriffen, die damals zum unverzichtbaren Inventar eines Rechenzentrums gehörte (oder zumindest hätte gehören sollen), hätte das Fünf-Meter-Kabel mit einem gewaltigen Hieb durchschlagen und hätte zu den anderen gesagt: "Ihr habt nichts gesehen. Hier ist nichts passiert. Und ein Inter-Net ist technisch unmöglich."

Zum Glück hatte keiner den erforderlichen Weitblick. Weshalb wir heute, liebe Kinder, einen nie zuvor gesehenen Zugang zu den Informationen der Menschheit haben, und zu vielen bunten Bildern, und wir lernen immer neue Menschen kennen, und dass einige von ihnen uns nichts als Spam schicken, das, liebe Kinder, können wir auch noch verknusen.