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Zoff in der Großen Koalition

4. September 2016

Eine angebliche Rücktrittsforderung von Bundesfinanzminister Schäuble an Justizminister Maas sorgt für großen Streit zwischen den Regierungsparteien. Die SPD zeigt sich empört - und reagiert mit scharfen Worten.

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Wolfgang Schäuble und Heiko Maas (Foto: dpa)
Keine Freunde: Wolfgang Schäuble (l.) und Heiko MaasBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Wolfgang Schäubles' Angriff auf Heiko Maas sei "schlicht dreist und gehört sich nicht", legte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Sonntag nach. Schon zuvor hatte sie Schäuble einen "schlechten Stil" vorgeworfen. So gehe man nicht mit Kabinettskollegen um. Es sei ein "billiger Angriff" des CDU-Finanzministers, meinte auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sieht sogar "eine schwere Belastung für die Koalition".

Laut einem Bericht des Magazins "Focus" hatte Schäuble in der jüngsten CDU-Präsidiumssitzung kritisiert, Bundesjustizminister Maas habe sich mit Äußerungen zu einer Verschärfung des Sexualstrafrechts in das Verfahren um das Model Gina-Lisa Lohfink eingemischt. "Ein anständiger Minister müsste da zurücktreten", soll Schäuble gesagt haben.

"Nein heißt nein"

Barley betonte hingegen, Maas habe sich zum Einzelfall Lohfink nie geäußert. Der Minister habe sich über Monate für eine dringend überfällige Reform des Sexualstrafrechts eingesetzt. Alles, was der Union zu diesem Thema eingefallen sei, sei eine Blockade der Reform gewesen. "Wolfgang Schäuble greift seinen Kabinettskollegen an, um von der eigenen schwachen Leistung abzulenken", mutmaßte Barley.

Lohfink war kürzlich zu 20.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden, weil sie zwei Männer nach Überzeugung des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten zu Unrecht der Vergewaltigung beschuldigt hatte. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Prozess hatte sich auch Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) geäußert: "Ein 'Nein heißt nein' muss gelten. Ein 'Hör auf' ist deutlich, erklärte die SPD-Politikerin damals. Die Worte 'Hör auf' sagt Lohfink mehrmals in einem Video, das ein wichtiges Beweisstück in dem Verfahren war. Nach Überzeugung des Gerichts bezog sich die Aufforderung aber auf die Filmaufnahmen der beiden Männer. Das Model will gegen das Urteil in Berufung gehen.

Gina-Lisa Lohfink verlässt Amtsgericht Tiergarten in Berlin (Foto: dpa)
Sieht sich als Vergewaltigungsopfer: Gina-Lisa LohfinkBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Eine Lüge?

Der deutsche Justizminister steht zurzeit noch in einem anderen Fall unter Druck. Dabei geht es um den Streit zwischen dem Justizministerium und dem später gefeuerten Generalbundesanwalt Harald Range über Geheimnisverrat-Ermittlungen gegen den Blog "netzpolitik.org" aus dem Jahr 2015. Maas hatte im Rechtsausschuss des Bundestages bestritten, Range die Weisung erteilt zu haben, ein dazu in Auftrag gegebenes Gutachten zu stoppen. Nach Presseinformationen soll es allerdings einen Aktenvermerk eines Range-Mitarbeiters geben, der nahelegt, dass die Darstellung von Maas nicht stimmt. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), sprach von einem ungeheuerlichen Vorwurf. "Der Vorgang muss dringend aufgeklärt werden."

wa/haz (dpa, afp)