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"Ziel ist Visafreiheit zwischen Russland und der EU"

3. Januar 2008

Marc Franco, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Moskau, erläutert im Gespräch mit der Deutschen Welle die Auswirkungen der Schengen-Erweiterung auf Russland, insbesondere auf das Gebiet Kaliningrad.

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Marc Franco sieht Vorteile für RussenBild: DW / Sergej Morosow

DW-Russisch: Herr Franco, weitere neun Staaten sind ab 21. Dezember dem Schengen-Abkommen beigetreten. Was ändert sich für die Russen?

Marc Franco: Der Haupteffekt der Erweiterung der Schengen-Zone wird für die russischen Touristen die Möglichkeit sein, sich freier durch die Länder Europas zu bewegen. Jetzt brauchen die Russen nur noch ein Visum, das ihnen erlauben wird, durch 24 EU-Staaten zu reisen.

Wird es schwieriger sein oder länger dauern, ein Schengen-Visum zu bekommen, im Vergleich zu den früheren nationalen Visa, beispielsweise den estnischen?

Nicht unbedingt. Jetzt braucht man anstatt der nationalen Visa ein Schengen-Visum, aber das ist kein erschwerender Faktor.

Wie ist die Visavergabe für Bürger im Gebiet Kaliningrad geregelt?

Für das Gebiet Kaliningrad gibt es drei unterschiedliche Varianten. Die erste Situation ist, wenn Bürger aus dem "großen Russland" nach Kaliningrad reisen oder umgekehrt Bürger aus Kaliningrad ihre Angehörigen oder Freunde im Hauptteil Russlands besuchen. Für diese Menschen gibt es bereits seit mehreren Jahren die so genannten vereinfachten Transitregelungen. Mit dem Beitritt der baltischen Staaten zur Schengen-Zone ändert sich hier nichts. Was bedeutet dies in der Praxis? Innerhalb von 24 Stunden bekommt eine Person, die aus dem Gebiet Kaliningrad in das Hauptgebiet Russlands reist oder umgekehrt, ein spezielles Transitdokument, das erlaubt, durch EU-Staaten, die jetzt auch Schengen-Staaten sind, zu fahren. Die zweite Situation, was Kaliningrad betrifft, ist, wenn eine Person, die in Kaliningrad lebt, ein Visum für einen Schengen-Staat beantragt. In diesem Fall werden gegenüber Einwohnern Kaliningrads dieselben Regeln angewandt wie gegenüber den Einwohnern des Hauptteils von Russland. Wenn ein Einwohner Kaliningrads ein Visum erhält, beispielsweise für Polen, kann er auch nach Madrid, Lissabon oder Oslo ohne zusätzliche Visa reisen. Die dritte Situation betrifft die nationalen Visa, die Einwohner Kaliningrads für Reisen nach Litauen oder Polen erhielten. Bis vor kurzem wurden diese Visa kostenlos ausgestellt. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Vertrags über die Vereinfachung der Visaregelungen müssen Einwohner Kaliningrads nun für ein Visum nach Litauen oder Polen 35 Euro zahlen. Es gibt aber viele Menschen, die von der Gebühr befreit sind, beispielsweise wenn sie in Litauen oder Polen Angehörige haben. Kostenlos wird ein solches Visum auch für Schüler, Journalisten, Geschäftsleute und andere ausgestellt.

Warum fällt es trotz der Vereinfachung der Visaregelungen zwischen Russland und der EU den Russen in Wirklichkeit offenbar immer schwerer, ein Visum zu erhalten? Ein großes Problem sind die langen Warteschlagen in den Konsulaten.

Die langen Schlangen entstehen, weil immer mehr Menschen ein Visum beantragen. Die Konsulate der EU-Staaten stellen fest, dass sich jedes Jahr die Anzahl der Anträge um fast die Hälfte erhöht. In der Tat gibt es Schlangen durch bürokratische Verfahren, was man noch nicht vermeiden kann. Die Schlangen, die wir vor den Konsulaten der EU-Staaten in Moskau sehen, sind ein Spiegel der Schlangen, die es vor den russischen Konsulaten in den EU-Staaten gibt. Beide Seiten sind daran interessiert, dass die Visavergabe einfacher wird, dass wir in Zukunft unser gemeinsames Ziel erreichen – die Visafreiheit.

Das Gespräch führte Sergej Morosow